Mark Frank: Früher Speerwerfer – heute Trainer

Mark Frank Porträtfoto

Äußerlich verändert hat sich Mark Frank, der Ex-Speerwerfer aus Rostock, nur wenig. Deshalb erkannte ich ihn sofort,  als ich mich am 21. Mai 2016 bei den Halleschen Werfertagen durch die Zuschauermassen zwischen Werferhaus und Kugelstoßanlage kämpfte.

Halli Menschen Kugel 796

Bei solchen eher zufälligen Begegnungen ist es für mich immer angenehm, wenn sich beide Seiten erkennen. Das zeigt einesteils, daß man sich selbst nicht völlig verändert hat. Andererseits beweist es, daß man früher Vertrauen aufgebaut hat. Da ich nicht zu den „investigativen“ Journalisten ( von lateinisch investigare aufspüren, genauestens untersuchen)  gehöre und auch nicht gehören wollte, und die Sportler immer als Partner betrachtet habe, war mir solch eine menschliche Beziehung immer wichtig.

Mark Frank in Halle

Ein beiderseitiges Lächeln signalisierte nicht nur das Erkennen, sondern auch die Bereitschaft, miteinander zu sprechen. Und das ließ sich am besten in der kühlen Wurfhalle bewerkstelligen, abseits des aktuellen Treibens auf den Wettkampfanlagen.

Dreimal WM- dreimal Achter

Ein wenig schauten wir zunächst  auf die aktive Zeit des gebürtigen Neustrelitzers zurück, der für den 1. LAV Rostock startete und seit 1997 von Ralf Skopnik trainiert wurde. Im Jahr 2005 landete er  mit einem Europacupsieg seinen ersten internationalen Erfolg. Mark Frank qualifizierte sich damit für die Weltmeisterschaften in Helsinki, wo er Achter wurde. Danach er stellte er am 4. September beim ISTAF in Berlin mit 84,88 m seine persönliche Bestleistung auf.

Doch seine Hoffnung, daß es nun so weitergehen könnte, erfüllte sich nicht. 2006 zog er sich beim Fußballspiel eine Fußverletzung zu. „ Leider habe ich mich grundsätzlich beim Fußballspielen verletzt.  Das hat aber nicht mit meinen Fähigkeiten am Ball zu tun. Und die Lösung kann nicht sein, nicht zu spielen. Dafür mache ich es zu gerne und es lockert das Training etwas auf, ist  eine gute Möglichkeit der Erwärmung. Ich habe wie viele andere Jungen mit dem Fußball angefangen. Mit 9 Jahren bin ich zur Leichtathletik gekommen, habe dann beides sechs Jahre parallel betrieben. Ich wollte mich dann von der Leichtathletik lösen, aber mein damaliger Trainer in Neustrelitz, Bruno Beutler, hat mich überzeugt, doch Leichtathlet zu bleiben und das war auch sicher richtig.“  Soweit der Rückblick.

Nichts kaputt, aber trotzdem Schmerz

Jedenfalls behinderte ihn diese Verletzung 2006 länger als erwartet.  „Es wäre nicht eine solch langwierige Geschichte geworden, wenn man es richtig behandelt hätte,“ erinnert er sich. „Wenn ich den Fuß gebrochen hätte, wäre es sicher einfacher gewesen. So aber war nichts kaputt und der Schmerz trotzdem da. Deshalb habe ich mich im April 2006 in Wahrendorf einer Intensivtherapie unterzogen, aber dort hat man mir bereits gesagt, daß es eigentlich schon zu spät sei, um noch einen vernünftige Saison abzuliefern. Und so war es dann auch. Danach habe ich nochmals eine Therapie gemacht, und intensiv mit meiner Physiotherapeutin gearbeitet. Letztendlich haben wir es hinbekommen. Ich konnte wieder im Sprint-Sprungbereich trainieren, hatte aber nun technische Defizite.“

Mühevoll war es, aus dem Tief herauszukommen, zumal, wenn man beobachtete, wie andere den Speer fliegen ließen. „ Ich habe beispielsweise nach dem Meeting in Dessau lange mit dem Letten Vadims Vasilevskis zusammengesessen und Erfahrungen ausgetauscht. Der Lette war bei einem leicht übergetretenen Wurf auf 94 m gekommen.  „In den  Zubringerleistungen waren wir auf einer Ebene. Aber ins Staunen kam ich, als er uns erzählte, daß er im Training beispielsweise mit Anlauf durch die Lichtschranke rennt und dann 20 m mit Einbeinsprüngen überwindet. Und das in 2,7 Sekunden“.

In Deutschland, so sagte mir Mark Frank damals, wird noch zuviel Wert auf Maximalkrafttraining gelegt, obwohl das von der internationalen Konkurrenz  widerlegt wird. Die Weltspitze, ob nun Thorkildsen, Pitkämäki, Vasilevskis oder Makarow, ist athletisch geprägt und besitzt ein sehr gutes Technikbild. „Wenn ich mir aber das Technikbild in Deutschland ansehe,“ so Mark Frank, „ dann haben wir alle das gleiche Problem. Wir überlaufen mehr oder weniger das Stemmbein und verlassen uns auf unseren schnellen Arm. Wir sind nicht langsamer oder schwächer auf dem Arm, aber wir kommen nie in eine solche Abwurfposition, daß wir wirklich diese Katapultwirkung erzielen, daß unsere Hüfte richtig gegen das linke Bein arbeitet,  daß dann die Schulter sich richtig aufdreht und dann explodieren kann.“  Das klingt alles sehr speziell und es stammt auch aus dem Jahr 2006, aber es zeigte vor allem, daß sich Mark Frank schon damals mehr als üblich mit den Geheimnissen des Speerwurfes befaßte. Irgendwie blitzte da schon durch, daß er einmal Trainer werden könnte.

Doch bis dahin gingen noch einige Jahre ins Land, die leider auch durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Verletzungen geprägt waren. Das allein würde den Rahmen dieser Geschichte sprengen.

Mark Frank mit Speer

Jedenfalls kam er erst 2009 wieder so richtig in Schwung und holte sich seinen ersten Deutschen Meistertitel. Mit großen Erwartungen fuhr er zur Heim-WM ins Berliner Olympiastadion. Doch erneut wurde es nur ein achter Platz. „ Beim Einwerfen war noch alles okay“, ist im WM-Buch des DLV nachzulesen. „ Aber dann habe ich die Beinarbeit eingestellt. Sicher habe ich auch übersteuert, nur aus den Armen werfen geht eben nicht.

Aber er ließ sich nicht unterkriegen, versuchte auch 2011 bei der WM in Daegu nochmals, eine internationale Medaille zu erhaschen. Doch wieder wurde es nur der achte Platz. Und der Gedanke wurde immer stärker, daß es irgendwann mit dem aktiven Werfen Schluß sein werde.

Abschluß und Neuanfang

Und somit bekomme ich wieder die Brücke zu unserem aktuellen Gespräch in der Werferhalle. „ 2012 war ich nochmals bei Deutschen Meisterschaften dabei, dann aber war Feierabend.“ Warum nun doch? „ Wegen Alterserscheinungen“, bemerkt er leicht sarkastisch. „ Vor allem war es nun bei mir die Schulter. Ich habe sie im Spätsommer 2012 nochmals operieren lassen, in der Hoffnung, 2013 nochmals starten zu können. Aber diese Hoffnung hat sich dann leider zerschlagen. Es hat mit der Schulter nicht mehr so funktioniert, wie es früher war. Und das mußte ich einsehen.“

Aber in ein mentales Loch fiel er nicht. „  Für mich war seit längerem klar, daß ich den Trainerberuf ergreifen wollte. In meinem Verein hatte ich bereits Jugendliche betreut. Ich habe  2010  mit der Trainerausbildung begonnen.“ Über die B-Ausbildung ging die „Reise“ zur A-Lizenz und dann darauf aufbauend zur Diplomtrainer-Ausbildung in Köln (Trainerakademie). „ Die habe ich abgeschlossen und kann mich also Diplomtrainer nennen.“

Gegenwärtig hat er eine kleine Trainingsgruppe, betreut zwei 16-Jährige. Aber das ist natürlich nicht alles. „ Ich bin in der glücklichen Lage, über die Traineroffensive bei der Bundeswehr gefördert zu werden, – ich war ja Sportsoldat bei der Bundeswehr in der Sportfördergruppe-. Im offiziellen Deutsch bin ich also Bundeswehrtrainer.“

Gekoppelt ist diese Stelle in der Außenstelle Rostock an das Bundesleistungszentrum Neubrandenburg. In Neubrandenburg werden Kugel und Diskus betreut, in Rostock die Speerwerfer. „ Natürlich umfaßt mein Aufgabengebiet die Sichtung junger Athleten im norddeutschen Raum. Fakt ist, daß  in Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen zu wenig Trainer für den Speerwurf tätig sind. Entsprechend liegt dort auch die Talentsichtung ein wenig brach. Das soll also meine Hauptaufgabe sein. Hinzu kommt die Unterstützung der Bundestrainer für die Männer und die U20.“ Klar, daß eine solche Tätigkeit mit vielen Reisen verbunden ist. Um so mehr genießt der zweifache Familienvater Mark Frank ab und zu auch die Ruhe zuhause.  „ Wir, meine Frau und ich“, haben uns 2004 ein Haus in Groß Grenz gebaut, zwanzig Kilometer von Rostock entfernt. Und wir leben dort mit unseren Söhnen Eric und Jannik.“

Mark Frank mit Familie von Dirk Behm

Die glücklichen Vier  ( Foto:  Dirk Behm)

Viel reist der 38-Jährige herum, und so bleibt nur noch wenig Zeit für sein Hobby Angeln. „ Von Jugend  an habe ich gern geangelt, und ich habe auf diesem Gebiet auch noch einen Traum. Einmal möchte ich gemeinsam mit meinem ältesten Sohn in Nord-Norwegen angeln“.

Der Angelsport hat also Pause, aber ganz ohne Sport kommt Mark Frank nicht aus. „ Zweimal pro Woche gehe ich in den Kraftraum. Und wenn ich das nicht regelmäßig tue, wundere ich mich, daß Körperteile schmerzen, von denen ich vorher nichts wußte. Ab und an ist es der Rücken, und die Schultern sind sowieso vorbelastet.“   Und äußerlich sieht er fit wie immer aus. Das Lächeln hat er ebenfalls noch nicht verloren.  Auch nicht an diesem Samstag bei den Halleschen Werfertagen 2016.

Peter Grau

 

 

 

 

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