Dieser erste Sonntag im Juni 2017 war heiß, die Straßen Neuruppins gegen 16 Uhr leer. Leichte Zweifel kamen mir, ob viele den Weg in die Pfarrkirche finden würden. Warum aber sollten sie? Weil Markus Lüpertz dort seine Ausstellung eröffnen würde.
Markus Lüpertz gehört zu den bekanntesten deutschen Künstlern der Gegenwart. Der Maler, Grafiker, Bildhauer, Dichter und Musiker hat gerade in New York zwei Ausstellungen mit seinen Werken eröffnet, und nun Neuruppin. Später wird der Bürgermeister der Stadt, Jens-Peter Golde, voller Stolz darauf hinweisen und auch den lockeren Hinweis geben, daß schon Fontane Neuruppin für größenwahnsinnig gehalten habe. Doch lieber „größenwahnsinnig“ und solch einen Künstler im besten Sinne des Wortes hofieren, als „graue Maus“ sein und die Künstler nur im Fernsehen bestaunen.
Aber, haben das auch die Neuruppiner erkannt? Sie haben es. Bereits 20 Minuten vor Beginn der Veranstaltung sind alle Plätze besetzt, 500 oder 600 Kulturliebhaber harren der Dinge, die da kommen werden.
Die zu eröffnende Ausstellung steht unter dem Motto: Hommage à Schinkel. Extra für Neuruppin hat Markus Lüpertz 20 Bilder geschaffen, die von einigen Skizzen des in Neuruppin geborenen Karl-Friedrich Schinkel inspiriert worden waren. Vor allem aber hat er eine Konzertgrafik geschaffen, die auf 40 Exemplare limitiert dann für jeweils 250 Euro schnell dankbare Abnehmer findet:
Im Schnellgang schaue ich mir die vielen Bilder an, fotografiere sie. Später aber kommen mir Bedenken, ob ich sie so einfach auf meiner Homepage ablichten kann, vor allem darf. Ich mache mich bei Google sachkundig und lese u.a., daß zwar bei solchen Ausstellungen fotografiert werden darf, vor der Veröffentlichung allerdings der Künstler bzw. der Veranstalter gefragt werden muß. Sicher sind die Grenzen dann fließend. Den Künstler kann ich mit dieser banalen Frage hinterher nicht „belästigen“. Veranstaltungschef Andreas Vockrodt werde ich eine mail schicken und um Aufklärung bitten. Fotografiert habe ich also fast alles, was dort an den Wänden zu sehen war und bis September 2017 noch ist. Aber es bleibt noch geheim, geborgen in meinem Computer. ( einige Tage danach bekomme ich dann von Andreas Vockrodt die Erlaubnis, die Bilder von Markus Lüpertz auf dieser Homepage zu veröffentlichen. Siehe am Schluß dieses Beitrages).
Nicht geheim aber bleibt der Künstler. Zunächst wird er von Bürgermeister Jens-Peter Golde herzlich begrüßt:
Danach wird das Publikum von einem Kunstsachverständigen in das Werk des Künstlers eingeführt. Dann aber: Bühne frei für Markus Lüpertz!
Der 77-Jährige kommt mit seiner Band TTT auf die Bühne, setzt sich ans Piano, und dann gibt es kein Halten mehr für ihn. Zwar ist die Musik – Free Jazz – für die Ohren der meisten Besucher noch ungewohnt, jenseits von klassischer Musik oder Dixieland-Jazz, aber einem genialen Künstler nimmt man es trotzdem dankbar ab. Zumal jeder in der Kirche sofort erkennen kann, welch meisterliche Performance er auch am Piano hinlegt.
Nach gefühlten 30 Minuten ist das erste Stück vorbei, der Beifall schwillt an, und der Meister begibt sich ans Rednerpult. Was folgt, ist keine der üblichen Reden, sondern der Vortrag eines eigenen Gedichtes. Vortrag, das ist stark untertrieben. Markus Lüpertz schießt die Worte in einem wahren Stakkato in den Kirchensaal, hoffend, daß man dort den Sinn erfassen möge.
Mir gelang das zwar nur bruchstückhaft, von Drachen war die Rede und viel Blut floß, bildlich gesprochen. Aber trotzdem war es faszinierend, wie der Meister mit einer sonoren, wohlklingenden Stimme die Worte fand.
Nachfolgend gab es eine musikalische Zugabe für die Zuhörer, die nun allerdings teilweise das Weite suchten, sprich, die Bilder des Künstlers betrachteten. Aber allesamt zollten der Band nochmals Beifall. Markus Lüpertz aber – man sah ihm die Freude über die gelungene Ausstellungseröffnung an – trug sich ins Ehrenbuch der Stadt Neuruppin ein.
Lobende Worte fand er für die Pfarrkirche, die ja nicht mehr Kirche im eigentlichen Sinne ist, sondern unter dem Namen „Kulturkirche“ die Künstler „dieser Welt“ anzieht, gleich welchen Genres, gleich ob Musiker, Maler, Dichter…
Peter Grau
Nun also der Nachgang, die willkürliche Auswahl einiger Werke von Markus Lüpertz, die noch bis September 2017 in der Neuruppiner Pfarrkirche hängen:
(bei manchen Aufnahmen scheint leider das Tageslicht durch die Kirchenfenster hinein und auf die Bilder).