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Zwischen Eberswalde und Berlin

                        Am Donnerstag (24.7.) beginnen die zwei tollen Tage in und um Berlin.  14.30 Uhr Abfahrt mit Ulrike , 16 Uhr Ankunft Berlin-Kastanienallee, Parkplatz direkt an der Zionskirche gefunden. Von dort  die Kastanienallee Richtung U-Bahnhof Dimitroffstraße (heute Eberswalder Straße) spaziert, an alte Zeiten um 1960 gedacht, als ich hier ganz in der Nähe in der Lychener Straße bei Frau Rosniewski mein möbliertes Zimmer hatte. Damals machte ich oft Halt beim Currywurst-Stand von Konopke. Den gibt es auch heute noch , deshalb gönnen wir uns dort jeder eine Wurst mit Kartoffelsalat. Gestärkt  geht es  zum Treffpunkt für Ulrike , der Sprachschule. Eine Stunde hospiziert sie im Unterricht von Deutschlehrerin Petra, bewertet später den Unterricht. Gemeinsam gehen wird noch kurz zur Zionskirche. Dort bin ich  erstmals in meinem Leben gewesen, sprach mit dem Kirchenangestellten, der mir von 1989 erzählte, als sich in der Zionskirche oft Oppositionelle trafen.

Zurück fahren wir vorbei an der Rheinsberger Straße, wo mein Studienkollege Hans-Dieter Möhling in der Rheinsberger Straße  direkt in der Sperrzone, dicht an der Bernauer Straße wohnte.  Heute hat die Bernauer Straße ein völlig anderes Gesicht. An früher soll der Mauerpark direkt am Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark erinnern.  Das große Sportstadion, in welchem ich selbst 10.000-m-Wettkämpfe bestritt und meine Tochter Petra am BZA-Lauf  teilnahm, wird leider abgerissen und soll neu gebaut werden.

Weiter führt die Rückfahrt  unter der U-Bahnlinie hindurch  bis zur Kreuzung Prenzlauer Straße und dann Richtung Autobahn. Getankt wird auch, für 1,63 Euro pro Liter.  Und wir gönnen uns beide eine Bockwurst mit Brötchen und Senf. Gestärkt geht es auf die Autobahn. 18 Uhr sind wir in Neuruppin und bereiten uns auf den nächsten Reisetag vor.

Auf der Eberswalder Straße waren wir ja heute schon. Morgen fahren wir nach Eberswalde. Das bietet sich an, weil Ulrike dort einen Arbeitstermin hat.

Abfahrt am Freitag (25.7.) 8.30 Uhr,  ca. 80 km nach Eberswalde, über Alt Ruppin, Grieben, Löwenberg, Liebenberg bis ins Zentrum von Eberswalde, dicht an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung, so der moderne Name.  Beim Bäcker Wiese sitzt schon Luis, der Mexikaner, der an der Hochschule arbeitet. Wir trinken einen Kaffee , essen ein Stück Kuchen, die beiden Experten reden über die kommende Sitzung. 11 Uhr beginnt sie, ich habe 2 Stunden Zeit zum Stadtbummel. Dicht an der Kirche ruft eine Bank „Setz Dich doch“, und diese Bitte nehme ich dankbar an.  Rückweg zur Bäckerei   über den Markt, durch ein altes Viertel, alles ähnlich wie in Neuruppin.  Ulrike und Luis kommen bald, mit dem Auto geht es Richtung Berlin-Karlshorst. Auf einer für mich völlig neuen Route, u.a. über Werneuchen.  Das Schild Blumberg zeigt mir an, dass ich schon  mal hier war. Es war der Wendepunkt der 25-km-Strecke „Quer durch Weißensee“. Damals lief ich meine  Bestzeit von 1:45 h. Die Strecke führte vom Stadion Buschallee Weißensee, durch Ahrensfelde, kurz über die Autobahnbrücke  und dann zurück.  Davon existiert ein sehr schönes Foto einer Vierergruppe, mit mir und mit Dieter Gummelt, und  unser „Höllentempo“ ist sichtbar.

Wir fahren also mit dem Auto den Streckenabschnitt durch Ahrensfelde ab, biegen dann in die Märkische Allee, wir sind in  Marzahn im Norden Berlins. Links stehen die Häuser, rechts fährt die S-Bahn.  Zwischenziel ist der Bahnhof Lichtenberg, wo wir Luis verabschieden.  Dann fahre ich mit Ulrike durch unser „altes“ Wohnviertel, vorbei am Zachertsportplatz, durch die Lincolnstraße, die Sophienstraße, dann zurück durch die Volkradstraße, vorbei an der Mellenseestraße  bis zum Friedhof in Karlshorst.  Auf dem Urnengrab, wo meine beiden Ehefrauen Elke und Ruth ihre letzte Ruhe gefunden haben, blüht es in allen Farben.

Weiter fahren wir Richtung S-Bahnhof Karlshorst, rechts in die Ehrlichstraße hinein. Ulrike steigt aus, geht zur Apotheke und wen trifft sie dort?  Lucas Böttcher, Sohn des Malers Strawalde,  der für seinen Vater gerade Tabletten holt. Welch Zufall, denn das Haus von Lucas ist ja Ulrikes Ziel.  Kurze Besichtigung des Gartens mit einer kleinen Bühne für Konzerte, einem Wohnwagen und vorn dem Haus, wo nachher das Klassentreffen stattfindet.  Ich aber verabschiede mich, spaziere noch kurz zum Traberweg und denke zurück, als ich mit der Laufgruppe von Borussia Friedrichsfelde dort während unserer Trainingsrunden vorbeikam.

Nun aber bevorzuge ich das Auto. Um dem Verkehr in der Treskowallee zu entgehen, wähle ich eine andere Strecke und das werde ich büßen. Blockdammweg, rechts Richtung Ostkreuz, Versuch, in die Schlichtallee hineinzufahren. Zwar steht auf einem Schild „nur bis zur Polizeidirektion“ , aber ich riskiere es. Muß aber umkehren, fahre zurück Richtung Treskowallee. Hier ist kürzlich eine Straßenbrücke abgerissen worden, die Kreuzung ist jetzt gut passierbar.  Ich fahre die Treskowallee Richtung S-Bahnhof Karlshorst , vorbei an meiner früheren Wohnung geradeüber der Trabrennbahn. Doch dann lese ich im Navi „8 min Verzögerung“. Die  Autos bewegen sich nur ganz langsam,   ich verliere die Nerven und biege wieder in die Ehrlichstraße , also zurück zum Ausgangspunkt, der Villa von Lucas. Nochmals Blockdammweg, wieder rechts herum auf die Hauptstraße, vorbei am Kraftwerk Klingenberg, am Knast, an neuen Wohnbauten. Diesmal biege ich an der Schlichtallee nicht ab. Stehe etwas im Stau und lese:  „18 min Verzögerung“.  Das  will ich nicht erdulden, fahre unter der S-Bahnstrecke hindurch und biege gleich rechts ab in die Nöldnerstraße. Vorbei am Blumenladen, am Haus meiner früheren Hausärztin, vorbei an der Kirche und dann bis zur Weitlingstraße. Zwischendurch stehen überall neue Häuser, in 30 Jahren hat sich viel getan. Wenig Neues sehe ich in der Weitlingstraße. Nun bin ich wieder am Bahnhof Lichtenberg, wo wir vor einigen Stunden Luis abgeliefert haben.  Mein Vorhaben, Richtung Rhinstraße zu fahren, führe ich nicht aus,  sondern fahre Richtung Alexanderplatz, werde vom Navi am Ringcenter nach rechts in die Möllendorfstraße geführt. Dann nehme ich erstmals das Angebot wahr, in die Storkower Straße zu fahren. Und wieder staune ich über die vielen Neubauten, verpasse dadurch beinahe meine alte Arbeitsstätte beim DTSB (Deutscher Turn-und Sportbund). Aber ich erkenne das Gebäude noch. Und auch die Kniprode Straße ist mir noch bekannt, weil dort früher mal eine Freundin wohnte. Wichtig ist aber jetzt, dass kein Stau mehr kommt. Bald bin ich auf der Prenzlauer Promenade, dort, wo ich erst gestern mit Ulrike an der Tankstelle eine Bockwurst gegessen habe. Endlich bin ich auf der Autobahn.  Nun scheint die lange Rücktour gut beendet. Aber zu früh gefreut. Kurz vor der Raststätte Linumer Bruch erwischt mich und die anderen Autofahrer ein Wolkenbruch, die Sicht geht gegen Null. Glücklicherweise erwische ich die Ausfahrt zur Raststätte, kann abwarten, bis es nicht mehr regnet. Es dauert 10 min, dann will ich weiterfahren. Zündschlüssel gedreht, dann ertönt ein Dauerton und auf dem  Display steht: „Feststellbremse lösen“. Was tun? Es ist ein Automatikauto, und ich muß erst in der Gebrauchsanweisung nachsehen, was diese Warnung bedeutet. Doch ich finde nichts, versuche nochmals das Auto in Gang zu setzen, aber vergebens. Steige aus dem Auto, noch regnet es etwas. Ich entdecke nichts am Auto, will einen in der Nähe parkenden Autofahrer um Rat bitten. Vorher aber setze ich mich nochmals ins Auto, und Überraschung: Der Dauerton ist weg, die Warnschrift auf dem Display auch. Ich fahre und bin sehr glücklich. Nun passiert nichts mehr, 18.30 Uhr, nach 2 ½ Stunden, bin ich wieder in Neuruppin. Die zwei tollen Tage sind geschafft.

Und ein Zusatz. Sonnabend ist für mich Ruhetag, am Sonntag (27.7.) fahre ich wieder Richtung Berlin, bringe Ulrike zum Bahnhof Spandau, wo sie 11.46 Uhr in den  Flixtrain einsteigt, der sie nach Köln bringen wird.  18 Uhr fährt ihr Zug in Köln- Hauptbahnhof ein. Ihre Nichte Paulie holt sie ab und gemeinsam fahren sie zum Schokoladenmuseum, parken dort den Koffer, wollen noch eine halbe Stunde am Rhein sitzen. Doch etwas kommt dazwischen: ein Wolkenbruch.

Regen, das ist das Thema des Sonntags. In Paris fängt es auf der Schlußetappe der Tour des France  20 km vor dem Schlußspurt an zu regnen. Die Fahrer aber fahren zumindest in der Spitzengruppe „volle Lotte“, teilweise auf Kopfsteinpflaster.  Und zum Glück stürzt keiner. Begeisternd das Publikum, trotz Regen. Eine große Tour de France!

Laufen und Schwimmen in Rheinsberg

An diesem Sonntag (22.6.25) bekomme ich Kontakt zu einer neuen Sportart.  In Rheinsberg ist „Swim Run“, auf gut deutsch Schwimmen und Laufen, angesagt . Was verbirgt sich dahinter? Die Teilnehmer haben einen Neopren-Schwimmanzug an, Laufschuhe an den Füßen und tragen teilweise Paddles an den Händen, die das Schwimmer erleichtert. Sie  laufen und schwimmen im Wechsel.

Meine Neugier ist geweckt. Von Neuruppin fahre ich  die 27 km nach Rheinsberg. Aber  diesmal nicht zum Zahnarzt. Ich will mir den Wettkampf ansehen. Das Auto stelle ich in einer Seitenstraße, der Paulshorster Straße,  ab und spaziere 20 Minuten durch die Stadt hinunter zum Seehotel. Dort ganz in der Nähe haben die Veranstalter vom SCC Berlin (sie organisieren auch den Berlin-Marathon) Start und Ziel aufgebaut.  11 Uhr werden die Spitzenathleten und Athletinnen auf die Halbmarathonreise geschickt, später die Teilnehmer auf den kürzeren Strecken.

 Zuerst 200 m Lauf am Ufer entlang, dann schön angestellt und nach und nach auf einer Leiter in den See hinabgeklettert. Hineinspringen ist nicht gestattet. Geschwommen wird rund 300 m bis ans gegenüberliegende Ufer, dann geht es laufenderweise zunächst einen kleinen Hügel hinauf zum Rheinsberger Obelisken.  Dann entschwinden sie unseren Blicken.  Einer der rührigen Helfer erzählt uns, daß drüben noch einige kleinere Seen zu durchschwimmen seien, also immer laufen und schwimmen abwechselnd. Dabei behält man natürlich den Schwimmanzug an. Es ist sehr heiß, so um die 30 Grad, und deshalb ist das Schwimmen sicher immer eine willkommene Erfrischung. Aber was sich drüben abspielt, können  wir nicht sehen, nicht fühlen. Doch irgendwann tauchen die Ersten drüben aus dem Wald auf, müssen nochmals durch den Grienericksee schwimmen und die  wenigen Meter zurück bis ins Ziel laufen.  Als Erste rennt eine Frau ins Ziel, sehr zur Überraschung des Sprechers. Meistens ist es ja so, daß die Männer schneller als die Frauen sind. Doch bald kommt  auch der erste Mann ins Ziel, dann auch die Zweierteams. 

Ich nutze die Zeit zu einem Spaziergang am Ufer, vorbei am großen Seehotel. Dort hat man für die Pasta-Party kräftig aufgetafelt und harrt der Kundschaft, sprich,  wartet auf die Sportler. Ich aber habe genug von der Hitze, spaziere vorbei an zahlreichen Restaurants bis zum Rheinsberger Schloß. Aber nur, um das obligatorische Foto zu „schießen“.  

13 Uhr bin  ich wieder am Auto, schicke die ersten Fotos in die Welt und fahre zurück ins heiße Neuruppin. Unterhaltsam waren diese zwei Stunden für mich und ein wenig dachte ich daran, wie schön es sein würde, wenn ich im Herbst an einem kurzen Lauf teilnehmen würde, in Neuruppin beim Hubertuslauf ( 8 km) oder in Berlin beim Müggelseelauf (5 km). Doch dafür muß ich endlich mal wieder etwas trainieren!  Aber nicht bei dieser Hitze.

Premiere bei einer Briefmarkenauktion

Am 3. April 2025  habe ich erstmals aktiv an einer Briefmarkenauktion teilgenommen. An sich verwunderlich, dass es solange dauerte,  denn schon in meiner Jugend habe ich Marken aus aller Herren Länder gesammelt.

Ein Blick zurück: In Erfurt melde ich mich im Jahr 1954 beim Kulturbund in der AG Philatelie an, bekomme von dort einen speziellen Ausweis, mit dem ich immer dann, wenn neue Sondermarken herauskommen, zum Postamt am Erfurter Anger gehe und die drei Sätze abhole. Wichtig ist, dass in den kompletten Sätzen der sogenannte Sperrwert dabei ist, eine Marke mit geringerer Auflage. Und ebenfalls über den Kulturbund bekomme ich die offizielle Erlaubnis, mit Partnern im westlichen Ausland in Briefkontakt zu treten. Die fertige Sendung mit einer Inhaltsangabe wird ohne Probleme auf den Weg gen Westen geschickt.

Außerdem besuche ich die wöchentlichen Tauschveranstaltungen in der Erfurter Thälmannstraße, später in Berlin im Berolinahochhaus am Alexanderplatz und im Club in der Puschkinallee nahe der S-Bahnstation Treptower Park. So komme ich mit den Jahren zu einer umfangreichen Sammlung. Einige Ausgaben, vor allem aus Westdeutschland und Westberlin, sind so wertvoll, dass es sich lohnt, sie im Westen zu verkaufen, gegen das begehrte Westgeld. Und das ist  in den Jahren 1960 und 1961noch einfach. Ich nehme die entsprechenden Marken, stecke sie in ein kleines Album, verstaue dieses in der Innentasche meines Sakkos  und fahre los. In der Regel vom S-Bahnhof-Prenzlauer Allee. Nächste Station Schönhauser Allee und dann kommt schon die erste Station in Westberlin, Gesundbrunnen. Wenige Meter vom Bahnhof entfernt gibt es einen Briefmarkenladen, dessen Besitzer mir bereitwillig die Marken abnimmt und mir das Westgeld über den Ladentisch reicht. Für uns beide ein gutes Geschäft. Manchmal habe ich dann das Geld gleich in der nahen großen Straße in Ware umgesetzt. Von dieser Straße ist mir vor allem auch ein Bekleidungsgeschäft in Erinnerung, bei dem als Werbung eine ganze Zeit lang ein Petticoat an einer Stange vor der Ladentür hing.

Zurück den Briefmarken. Einmal war ich bei  der Berliner Briefmarkenauktion als passiver Zuschauer dabei, damals noch in den Geschäftsräumen am Ostbahnhof. Doch langsam erlosch die Leidenschaft, Briefmarken zu sammeln. Familie, Beruf und Sport hatten nun Vorrang.

Um so schöner, dass nun, Anfang 2025  das Feuer wieder entfacht wurde.  Warum? Weil mein Physiotherapeut  Mario mir einige Briefmarkenalben vorbeibrachte, die er zuhause gelagert  und für die er keine Verwendung hatte.

Ich kramte mir meine alten Alben heraus, auch die, die ich von meinem Onkel Ernst geerbt hatte. Er hatte sein halbes Leben gesammelt, doch vor allem blieb es bei DDR-Marken. Und die ältesten Jahrgänge zwischen 1949 und 1958  fehlten durchweg, bzw. waren früher von ihm auf Auktionen verkauft worden.  

So kam mir der Gedanke, dass ich  mir doch einen Wunsch erfüllen  und eine komplette DDR-Sammlung ersteigern könnte. Und vielleicht wäre auch eine Westberlin-Sammlung erschwinglich.

Im Internet entdeckte ich, dass die ehemalige  Berliner Auktion nun unter dem Namen „ Hadersbeck  Auktionen“ firmiert.  Wolfgang Hadersbeck, der seit 1975 Chef der Berliner Auktion war, hatte das Zepter bis 2012 in der Hand, ehe sein Mitarbeiter Thomas Wickboldt  Geschäftsführer wurde.

Und mit dem führte ich im März 2025 bei meinem erstmaligen Besuch in den neuen Geschäftsräumen in der Wolfener Straße am Rande des Neubauviertels  Marzahn ein freundliches Gespräch. Ich durfte mir einige Lose (so bezeichnet man die einzelnen  Stücke, die versteigert werden)  ansehen,  notierte mir die besten Lose und fuhr wieder nach Neuruppin zurück. Am 3. April 2025 sollte meine aktive Premiere bei einer Auktion erfolgen.

                       Mein Einsatz mit Nr. 232

Inmitten von Hochhäusern in der Mehrower Allee finde ich einen Parkplatz, laufe die rund 500 m bis in den Econopark, einer Ansammlung von Gewerbeunternehmen. Den Weg zum Auktionsbüro kenne ich vom ersten Besuch, fahre mit dem Fahrstuhl in den 4. Stock. Freundlich werde ich am Tresen begrüßt, die Anmeldung erfolgt reibungslos und ich bekomme ein Schild mit der Nr. 232. Das soll mir dann den Weg zum gewünschten Los freischaufeln. Die Auktion läuft bereits, ich höre die Stimme des Auktionators Thomas Wickboldt. Der kleine Auktionssaal liegt im ersten Stock, rund 10 Interessenten verfolgen dort die Auktion, der Hauptteil der Interessenten sitzt zu Hause und bietet per Internet mit.

Ich  habe noch Zeit, mich einzugewöhnen. Es ist 11.10 Uhr.   Gerade wird das  Los 4740  aufgerufen.  Mein erstes Wunschlos , eine Berlin-Sammlung, kommt erst mit Nr. 4969 an die Reihe.. Also bleibt noch rund eine Stunde Zeit.. Ich merke, dass die Berlin–Sammlungen   ab Los 4946 nur schlecht gehen, d.h. das Interesse im Saal und im Internet relativ  gering ist. So steigt meine Hoffnung, erfolgreich zu sein. Bei 4966 steigt mein Puls, volle Konzentration ist nötig. Als 4969 (Berlin1948-90, komplette Sammlung im Vordruckalbum)  mit 180 Euro aufgerufen wird, recke ich mutig mein Schild hoch, nehme Blickkontakt mit Thomas Wickboldt auf, der erfreut ist, dass endlich mal wieder jemand zuschlägt. Ich bekomme den Zuschlag, bin glücklich.

Nun habe ich wieder Zeit, mich zu beruhigen. Ab 12.40 Uhr winkt die zweite Chance des Tages für mich. Es werden DDR-Sammlungen aufgerufen. Drei Lose habe ich favorisiert: 5122, 5123 und 5127. Eigentlich gefällt mir 5127 am besten. Ich  hatte mir dieses Los (DDR-Sammlung, 1949 -1973 komplette postfrische Sammlung im Schaubeckalbum, sehr gute Erhaltung.)  vorher angesehen und mit „sehr gut“  bewertet. Also setze ich voll darauf. Wieder steigt der Puls, aber ich bleibe bei mir, recke beim Aufruf der 5127  für 170 Euro wieder mein Schild hoch und,  ich bin mutig, rufe dem Auktionator ein Untergebot zu: 150 Euro. Thomas Wickboldt lächelt mir zu, sagt  153 Euro, denn er hat schon ein Angebot von 150 vorzuliegen. Ich nicke und es klingt aus dem Mikrofon:  153 Euro für 232, hier im Saal.  Ich bin glücklich. Erstmals in meinem Leben darf ich eine komplette DDR-Sammlung 1949-73 (die  Jahre 1974 bis 1989 habe ich ja überkomplett zuhause) und eine komplette Berlin-Sammlung mein eigen nennen. Mein Ziel ist erreicht, ich verlasse den Auktionsraum, spaziere die Treppe hinunter zum Tresen, erkläre der freundlichen Dame, dass ich erfolgreich war. Sie schaut in den Computer, vergleicht die Ergebnisse mit meiner Schilder-Nummer 232, fertigt eine Rechnung aus (es kommt noch eine Gebühr für das Auktionsbüro hinzu) und bittet um Zahlung mit meiner  Girokarte. Trotz meiner Aufregung tippe ich die richtige Pin-Nummer ein, bekomme die Rechnung und trabe damit die wenigen Schritte zur Ausgabe. Je ein Album bekomme ich überreicht, schaue nochmals nach, ob es auch die richtigen Lose sind und dann schiebt mir die Ausgabe-Frau die Alben in meine beiden mitgebrachten Taschen. Dankbar nehme ich Abschied. Draußen scheint die Sonne, die sich mit mir freut

Das Narrenschiff

Letzte Nacht habe ich wieder einiges geträumt. Zuerst: Tochter Ulrike  war plötzlich in Neuruppin angekommen. Ich meinte: So etwas habe ich mir fast gedacht.  Ein zweiter Traum:   Es hing mit Walter Ulbricht zusammen, der  in einem Raum schlief, bewacht von einer Pflegekraft. Plötzlich stand er auf, um zu einer Versammlung zu gehen. Ich war passiv dabei, mußte aber dann mitgehen.  Allerdings hatte ich Probleme, das richtige weiße Hemd dafür auszusuchen.

Der letzte Traum hängt vielleicht mit dem Buch „Das Narrenschiff“ von Christoph Hein zusammen, das ich gerade lese.   Anfangs gefiel es mir nicht, weil die Hauptfigur ein Krüppel  war, der ein Bein im Krieg verloren hatte. So etwas belastet mich beim Lesen vor dem Einschlafen.  Aber je weiter ich im Buch komme, gefällt es mir, weil viel  aus dem Partei-und Wirtschaftsleben der DDR geschildert wird, was ich gut nachvollziehen kann. Die Hochschule für Ökonomie in Karlshorst spielt auch eine Rolle. Zwar studierte ich Wirtschaftswissenschaften an der Humboldt –Uni, aber die Lehrpläne waren sicher sehr ähnlich. Die Hauptfiguren des Buches wandeln in Ostberlin herum, fahren ab und zu mit der S-Bahn nach Westberlin, um einzukaufen (wie ich von 1960 bis 1961). Sie  essen und trinken in Ostberlin im Restaurant Budapest, und zuletzt: Die weibliche Hauptfigur lernt in der Ausflugsgaststätte „Riviera“ in Grünau (dort wo ich mal gekellnert habe),  beim Tanzkurs einen Mann kennen.   Es ist so, als ob der Schriftsteller einen wichtigen Teil meines Lebens abbildet. In der „Riviera“ habe ich als Student 1963 gekellnert und dabei meine spätere Ehefrau kennengelernt.

Viel wird aus den Kreisen des Zentralkomitees der SED berichtet, weil eine Hauptfigur dort beschäftigt ist. 1956 hielt Nikita Chrustschow auf dem Parteitag in Moskau eine wichtige Rede, in der mit Stalin abgerechnet wurde. Auch darüber streiten die Buch-Figuren.

Mehr soll aus dem Buch nicht verraten werden. Selbst lesen, das ist meine Anregung.

Schreck auf der Autobahn

Es gibt Dinge, die gibt es einfach nicht. Seit 1977 habe ich einen Führerschein, bin seitdem viele Tausende Kilometer in Städten, auf Landstraßen und auf Autobahnen  gefahren. Von Trabant über Wartburg, Opel  Kadett, Opel Vectra, Toyota Corolla und nun seit 2012 Hyundai i 20  habe ich alles probiert und manches erlebt. Doch was an diesem Sonntag, dem 26. Mai 2024, geschieht, ist für mich eine Premiere.  Vormittags 10.30 Uhr fahre ich von Neuruppin aus auf die Autobahn, die A24, Richtung Berlin. Zunächst bewege ich mich auf den zwei Fahrspuren, dann wird es großräumiger, drei Fahrspuren bieten uns viel Platz. Auch wenn der Verkehr überschaubar ist, mag ich es doch viel mehr, wenn ich drei Fahrspuren zur Verfügung habe.

Aber dann traue ich meinen Augen nicht. Ich fahre auf der Mittelspur, mit moderatem Tempo von ca. 120 km /h.  Da rollt plötzlich, wie von Geisterhand getrieben, ein kleiner Autoreifen auf meiner Fahrspur vor mir her. Kurz denke ich nach, erinnere mich, daß ich bei Wild auf der Straße draufzuhalten soll. Aber hier draufhalten traue ich mich nicht, denn ich weiß nicht, was der Reifen mit meinem Auto macht, wenn ich drüberfahre.  Was ich nicht schaffe, ist, die Warnlampe zu bedienen. Der Reifen rollt weiter vor mir her, etwa 1 Meter von der rechten Spur entfernt.  Ich habe kein Gefühl, ob in den beiden anderen Fahrspuren jemand fährt, ob dicht hinter mir jemand den Vorgang beobachtet.  Ich hoffe, daß der Reifen nicht weiter in meine Fahrspur hinrollt, und habe Glück. Ich lenke etwas nach links, schlängele mich an dem Reifen vorbei. Glück habe ich, daß mein Auto nicht sehr breit ist. So komme ich zwar etwas nach links, aber nicht in die linke Spur. Glück gehabt, denn im gleichen Moment werde ich links überholt.  Und mir gelingt es, mich am Reifen vorbeizudrücken. Und soweit ich es mitbekomme, richtet der Reifen auch hinter mir keinen Schaden an. Ich sehe noch, daß zwei Autos am rechten Autobahnrand anhalten. Vielleicht hat einer den Reifen verloren bzw. vermißt ihn. Ich aber fahre weiter, danke meinem Schutzengel und hoffe, daß das eine einmalige Begegnung bleibt.

Die Suche nach dem Briefmarkenladen

            Anfang 1961 war ich das letzte Mal in Berlin-Gesundbrunnen. Damals gab es die Mauer noch nicht . Ich fuhr einige Male mit der S-Bahn vom Bahnhof Schönhauser Allee und war eine Station später in Westberlin, in Gesundbrunnen.

Heute, am 13. Januar 2025, also rund  63 Jahre danach, wiederhole ich diese Reise und bin sehr angespannt. Der Grund: Ich will Tochter Ulrike vom Bahnhof Gesundbrunnen abholen. Sie ist dienstlich in Eberswalde, um einen Kooperationsvertrag zwischen der dortigen Hochschule für nachhaltige Entwicklung und der Landwirtschaftlichen Uni  in  Chapingo bei Mexiko-Stadt (dort , wo Ulrike als Deutschlehrerin arbeitet)  abzuschließen.

Eigentlich wollte ich mir in der Umgebung vom Bahnhof Gesundbrunnen einen Parkplatz suchen, aber nachts hatte ich die Idee, lieber in der Nähe vom S-Bahnhof Prenzlauer Allee zu parken. Dort kenne ich mich eher aus.

Abfahrt 13.10, Ankunft in der Nähe vom S-Bahnhof Prenzlauer Berg 13.58 Uhr. In der Zelter Straße finde ich ohne Mühe einen Parkplatz, spaziere die Wichert Straße entlang, ein kurzes Stück Prenzlauer Allee und schon bin ich an der S-Bahn. Gefühlt 50 Treppen geht es hinunter und dann kommt die erste Bewährungsprobe: Der Fahrkartenautomat. Aber ich bin gut vorbereitet, klicke eine Viererfahrkarte für den Kurzbereich an, bekomme 7,10 Euro angezeigt, stecke einen 10-Euro-Schein in irgendeinen Schlitz und hoffe, dass es der Richtige ist. Irritiert bin ich, weil am Automaten  steht, dass kein Wechselgeld herausgegeben wird. Wird es aber doch, glücklich nehme ich die Fahrkarten in Empfang und entwerte eine davon am Stehknipser. Leichter ist es, die richtige S-Bahn auszuwählen. Die Ringbahnen  41 und 42 fahren  nach Gesundbrunnen, und alle 6 Minuten kommt eine Bahn. Eingestiegen, nach einer Station auf dem S-Bahnhof Schönhauser Allee ausgestiegen. Nach einigen Umwegen finde ich die Schönhauser Arcaden, eine Einkaufsmeile, so wie ich sie beispielsweise von Spandau kenne. Aber hier gefällt es mir besser, weil es kleiner und feiner wirkt.  Es ist schon erstaunlich, was hier aus dem Nichts hingezaubert wurde. In einer Fotoausstellung kann ich den Bau nachvollziehen. Nehme mir vor, bald mal wieder hierher zu fahren.

Jetzt aber habe ich wenig Zeit, denn 15.22 Uhr soll  Ulrikes Regionalbahn in Gesundbrunnen ankommen. Also wieder hinein in die Ringbahn und ich simuliere das Gefühl, was ich vor 63 Jahre hatte: Die Fahrt vom Osten in den Westen. Wo die Grenze war, bekomme ich zwar nicht mit, aber das habe ich damals auch nicht so bemerkt. 3 Minuten Fahrzeit bis Gesundbrunnen, Ausstieg und die Suche nach der Vergangenheit. Aber mir ist klar, dass mein Briefmarkenladen, in dem ich Briefmarken für Westgeld verkaufte, nicht mehr da ist. Dazu hat sich hier zu viel verändert, ist ein riesiges Einkaufszentrum, das Gesundbrunnencenter, entstanden.

Die Badstraße aber finde ich schnell, doch auch da ist das Kleidungsgeschäft von damals, an dem ein Petticoat vor dem Eingang hing, nicht mehr da. Aber wie damals ist die Straße stark befahren und belaufen. Laut wird gesprochen, manches verstehe ich nicht. Auffällig ein riesiger Ost-und Gemüseladen, fest in türkischer Hand. Ich werde als Einheimischer erkannt und muß einem älteren Herrn den Weg zur S-Bahn weisen.

Die Zeit rast, und schnell mache ich noch einen Abstecher ins Einkaufszentrum. Hier ist alles größer als an der Schönhauser Allee, aber die Geschäfte  ähneln sich. Es ist so groß, dass ich Mühe habe, wieder  den Ausgang zu finden. 15.15 Uhr bin ich endlich an der frischen Luft, finde Gleis 6 der Deutschen Bahn und kaum bin ich auf dem Bahnsteig , kommt der Zug aus Eberswalde (genauer aus Stralsund) und Ulrike steigt aus dem Zug. Ihr mexikanischer Kollege Luis Carlos  fährt weiter bis zum Hauptbahnhof.

Mit Ulrike gehe ich noch in ein kleines Geschäft, um eine Currywurst mit Pommes und Mayo zu essen. Dann aber flugs in die S-Bahn, bis Prenzlauer Berg gefahren, bis zum Auto gelaufen. Es ist noch da, das Navi weist den Weg. Abfahrt 16.19 Uhr, Ankunft in Neuruppin 17.20 Uhr.

Ein ereignisreicher Tag ist vorbei, die Erinnerungen von 1961 sind wieder aufgefrischt worden.

Wieder mal am Müggelsee

      

Am Sonntag (20.10.24)  ist mir Berlin  nähergerückt.  Erstmals nach vielleicht 20 oder 25 Jahren war ich wieder am Müggelsee. Ziel war der Lauf „Rund um den Müggelsee“.   Ich habe es zwar nicht geschafft, ganz früh aufzustehen, um noch etwas vom Lauf  mitzubekommen, aber es war ja auch wichtiger, Leute von früher zu treffen und zu sprechen. Das ging hinterher besser. Zuerst war ich auf dem Friedhof in Karlshorst, habe dort einen Blumentopf und ein kleines Alpenveilchen hingestellt. Dann per Handy Richtung Müggelsee, d.h. ich habe eine Straße  im Gebiet Müggelheim eingegeben.  Zunächst wurde ich in die Waldowallee gelenkt, auf meine alte Trainingsstrecke entlang einer  Kleingartenanlage bis zum S-Bahnhof Wuhlheide. Dann über die Brücke hinein ins Laufgebiet Wuhlheide. Aber dort waren die alten Parkplätze zugewachsen, in 30 Jahren tut sich eben viel. Vorn an der großen Straße an der Wuhlheide sah ich auch die große Eiche, unter der wir  Eicheln für den Tierpark gesammelt haben. Die Fahrtroute führte dann nicht links Richtung Altstadt Köpenick, sondern es gibt eine Umfahrung, über eine Brücke über die S-Bahngleise , vorbei am früheren Sportladen linkerhand dicht an der Abzweigung nach Grünau, weiter über die Spree oder wie sie dort heißt und dann Richtung Allendeviertel.  Dann die lange Straße Richtung Müggelheim. Geparkt, gefragt, wo die Müggelseeperle ist und die Auskunft bekommen, daß es Parkplätze gäbe. Den ersten Parkplatz nahm ich, dicht an der Gaststätte Rübezahl, wie ich später merkte. Deshalb durfte ich ca. 2 km (10 min) unten am Ufer des Müggelsees auf einem Asphaltweg langspazieren, auf dem sich vorher die Läufer bewegt hatten. Beim Start-und Zielpunkt an dem Hotel Müggelseeperle (heißt wohl heute anders) traf ich zunächst den Chefsprecher Karl-Heinz Wendorff, den ich von vielen Laufveranstaltungen, von der Fernsehsendung „Medizin nach Noten“ und auch neuerdings von facebook kenne. Froh war ich, als er mich sofort erkannte. Ich muß mich also nicht ganz so verändert haben. Genauso erging es mir mit Roland Winkler, der in der Organisation des Laufes mitarbeitete und mich sofort nach meinen Töchtern fragte und wie immer, ob ich noch in Neustrelitz wohnen würde. Zum wiederholten Male mußte ich ihm erklären, daß ich in Neuruppin wohne. Als Nächster kam Wolfgang Weising auf mich zu, um mich freudig in die Arme zu schließen. Er ist praktisch der „Erfinder“ des Laufes rund um den Müggelsee, zudem früher Chef der Zeitschrift „Laufzeit.“  Mehr traf ich nicht, aber es sind auch nicht mehr viele von früher laufenderweise unterwegs, weil sie zu alt oder sogar schon im Himmel sind. Leider kann man die schöne Zeit von früher nicht zurückholen. Nach zwei Stunden Freude am Müggelsee marschierte ich wieder die 2 km bis zum Parkplatz, setzte mich in mein Auto und fuhr die gleiche Strecke zurück, von  14.50 Uhr bis 16.25 Uhr.

Auf den Spuren des Palastes

An diesem Sonntag, dem 15. September 2024, will ich endlich mir mit eigenen Augen ansehen, was an der Stelle des Palastes der Republik im Zentrum Berlins seine Heimstatt gefunden hat. Das Schloß oder das Humboldt Forum, gleich wie man es nennt. Ich bin gespannt.

Aus Neuruppin kommend, fahre ich zunächst die Prenzlauer Allee entlang, staune, was in der Nähe meiner ehemaligen Wohnung in der Metzer Straße für ein Riesenhaus entsteht. Gut sind rote Ampeln, um kurz zu fotografieren. Der Fernsehturm blickt mir freundlich entgegen. Vorbei am Berliner Verlag, wo ich früher auch mal für die Berliner Zeitung Korrektur gelesen habe, bin ich gleich am Alexanderplatz. Dominiert wird der von Baukränen, Neues entsteht. An der Längsseite des Roten Rathauses blicke ich auf das Nikolai-Viertel. Ich fahre Richtung Spandauer Straße, vorbei an meiner Uni. Dann weiter über Hackeschen Markt, Ackerstraße, Rosenthaler Platz, zurück Richtung Alex und dann finde ich plötzlich direkt neben der S-Bahnstrecke einen Parkplatz. Zwar kostet die Stunde 4 Euro, aber das leiste ich mir.

Diese Stunde muß reichen, um zu Fuß das „Revier“ zu erkunden. Vorbei am altehrwürdigen Gebäude der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät spaziere ich Richtung Berliner Dom. Der Goldschmied, bei dem ich 1969 unsere goldenen Eheringe anfertigen ließ, ist erwartungsgemäß nicht mehr dort. Büros haben seinen Platz eingenommen. Aber ich fühle mich schnell zuhause, laufe über die Brücke, blicke rechts auf die Museumsinsel und links auf den Berliner Dom. Und wohltuend finde ich, wieviel Leute, Einheimische und Touristen, umherspazieren. Es ist eine gelöste, entspannte Atmosphäre, dank auch des milden Spätsommerwetters.

Dann aber gilt meine ungeteilte Aufmerksamkeit dem Gebäude, das nun seit 2021 den Platz des Palastes der Republik einnimmt. Auch wenn ich den Palast mochte und viele schöne Stunden dort verbrachte, will ich unvoreingenommen herangehen. Mein erster Eindruck: Das Humboldt Forum ist ein gelungenes Gebäude, es dominiert den Raum und ist eher ein Schloß als ein Forum.

Ich erinnere mich kurz, daß ich am 4. November 1989 an eben dieser Stelle mit 500.000 Berlinern am Palast der Republik vorbeigezogen bin, kurz vor Ende der DDR. 35 Jahre sind seitdem vergangen, eine lange Zeit. Lang genug, um sich wohl an Vergangenes zu erinnern, aber auch das Neue zu akzeptieren, zu würdigen.

Ich nehme mir vor, beim nächsten Mal auch das Innere des Schlosses zu erkunden, Ausstellungen zu besuchen und näher heranzurücken an das Humboldt Forum. Für heute aber ist es ausreichend, denn ich habe ja nur eine Stunde Zeit.

Einfach ist es überall, zu fotographieren. Einfach, weil das Smartphone alles erleichtert. Einfach aber auch, weil so viele Motive darum bitten, abgelichtet zu werden.

Das gilt auch für den prächtigen Berliner Dom, an dem zwar immer, vergleichbar mit dem Kölner Dom, gebaut wird. Es immer etwas zu renovieren. Aber der Berliner Dom zieht die Massen trotzdem in seinen Bann.

Mich aber zieht es weiter, hinüber zum Gebäudekomplex, in dem früher zu meiner Berliner Zeit das von den Schweden 1979 gebaute Palasthotel seine Gäste empfing. 2001 wurde es abgerissen, und ein neuer Komplex mit dem Namen „Das DomAquaree“ errichtet. Hotel, Büros, Gastronomie vor allem in einigen Freigaststätten direkt an der Spree bilden nun den Anziehungspunkt,.

Mich aber zieht ein Imbißstand an, Currywurst und Pommes beruhigen meinen Magen. Ich esse genüßlich und sitze dabei direkt an der Spree, mit Blick auf den Berliner Dom. Meine Gedanken schweifen zurück, als ich hier ganz in der Nähe an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt Universität von 1961 bis 1965 studierte. Was alles ist seitdem passiert?

Und nun sitze ich wieder hier und fühle mich sofort wieder heimisch. Ich habe eben mehr als einen Koffer in Berlin.

Peter Grau

(Fotos folgen, wenn ich es technisch bewerkstelligen kann)

Spaziergang im Volksgarten von Wien

Olaf Brockmann hatte sich auch für dieses Jahr viel vorgenommen, wollte zu Leichtathletik-Meetings in aller Welt reisen. Doch der Corona-Virus machte ihm einen Strich durch die Reise-Rechnung. Die geplanten Reisen mußte er absagen, weil die Meetings nicht stattfanden.

So blieb ihm, in seinen Archiven zu kramen, und sich seit kurzem auch wieder auf Streifzüge in seiner seit langem Heimatstadt Wien zu begeben.

Eines seiner ersten Ziele war der Volksgarten in Wien. „Der Volksgarten ist für mich der schönste Garten in Wien“, schwärmt er.

Der Garten, der Teil der Hofburg ist, wurde 1821 von Ludwig Remy angelegt. Berühmt ist er vor allem für seine wunderschönen Rosengärten. Aber mitten in der Stadt gelegen, bietet er auch sehenswerte Blicke auf Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Fotos: Olaf Brockmann, Wien

Die Klosterruinen von Lindow-ein Ort der Ruhe und Besinnlichkeit

An die Leere und Stille in den Straßen und auf den Plätzen Neuruppins, am Ufer des Ruppiner Sees und sogar auf dem Friedhof hat man sich in diesen Tagen des Corona-Virus im März/April 2020  schnell gewöhnt, mußte sich gewöhnen. Es ist täglich greifbar, oft beängstigend.

Da paßt unser Sonntagsausflug ins 13 km entfernte Lindow irgendwie hinein, weil Lindow vor allem wegen seines ehemaligen Klosters bekannt ist.  Kloster und Stille gehören irgendwie zusammen.  Und wenn man, wie wir, die Klosterruinen betrachtet, kann man sich schnell in frühere Zeiten hineinversetzen.

Aber nicht nur Stille herrscht dort. Wenige Meter weiter öffnet sich der Blick auf den Wutzsee, der Blick auf die Natur. Zwar sorgen im Moment nur einige Wasservögel für Leben, aber allein der hörbare  Wellenschlag sorgt für eine angenehme „Musik“.

Nicht nur diese „Musik“ treffen wir auf unserem Spaziergang auf dem Uferweg an, sondern auch gegenständliche Kunst.  Mit viel Phantasie  hat man  aus Holz und Metall einige Figuren hingezaubert.

Auf dem Rückweg gönnen wir uns nochmals einen Blick auf die Klosterruinen-Landschaft.

Und dann werden wir auf einer Schautafel darauf hingewiesen,  daß es im Land Brandenburg noch viele solcher Klosterruinen bzw. erhaltene Klöster zu besichtigen gibt. Die nächsten Kurzreisen können wir schon planen, denn noch dürfen wir mit dem Auto herumfahren.

Peter Grau