Andreas Busse – Vom Weltklasse-Mittelstreckler zum Veranstaltungsmanager

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Andreas Busse mit einem „Feuerfisch“ (leon fish) 2013 in Kuba am Strand von Cayo Libertad

Der Dresdner Andreas Busse sorgte als Mittelstreckler in den 80er Jahren für Aufsehen, als er in die Weltspitze vorstieß. 1980 bei den Olympischen Spielen in Moskau ging er zweimal auf Medaillenjagd, aber es blieb am Ende nur ein vierter Platz. „ Enttäuscht war ich trotzdem nicht, denn immerhin war mit Sebastian Coe, Steve Ovett, Steve Cram und Jürgen Straub die Weltspitze komplett vertreten, und ich war gerade mal 20 Jahre alt.“ Und seine Leistungen wurden in den nächsten Jahren noch besser. Mit 1:34:10 min über 1500 m kurz vor Los Angeles 1988 konnte er sich erneute Medaillenchancen ausrechnen. Doch dann die größte Enttäuschung seiner Laufbahn: Der Boykott der Ostblockstaaten. Dahin waren alle Medaillenträume.“ 1988 beendete er seine sportliche Karriere.
Heute ist Andreas Busse Projektleiter für Veranstaltungen in Karlsruhe.

Am Rande der diesjährigen Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig konnte sich der mittlerweile 56-Jährige noch gut an alles erinnern. Für seinen Doppelstart in Moskau über 800 m und 1500 m hat Andreas Busse eine einfache Erklärung: „Ich war schnell genug und hatte auch die entsprechende Ausdauer“. Es war ein hartes Programm, zumal er sich kurz vor Moskau noch eine Zerrung zugezogen hatte. „ Außerdem hatten wir alle andere Rennen erwartet, mit einem Sieger Coe über 800 m und Ovett über 1500 m. Doch dann war das Ergebnis genau umgekehrt.“ Und Busse wurde nur Fünfter über 800 m.
Anschließend hatte er nur kurz frei. „ Da sah ich mir live das Handballfinale zwischen der DDR und der UdSSR an, welches die DDR mit 23:22 nach Verlängerung gewann. Das war mein einziges Olympiaerlebnis“. Ansonsten war er ständig selbst aktiv, zunächst bei 3 Läufen über 800 m und dann nochmals bei 3 Läufen über 1500 m, wo er im Finale Vierter wurde.
Heutzutage ist ein solches Programm schwer vorstellbar.

OS 1980 1500 m Straub, Coe, Cram, Ovett, Busse (v.r.
Finale über 1500 m bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau. Von rechts: Straub, Coe, Cram, Ovett, Busse (296); Foto: Sportverlag / Schlage

Schwer vorstellbar auch, was man empfinden würde, wenn einem kurz vor dem Größten, der Teilnahme an Olympischen Spielen, plötzlich mitgeteilt wird, daß boykottiert wird. „Ich war im bulgarischen Plowdiw im Trainingslager, als der Trainer uns das mitteilte. Da brach bei mir eine Welt zusammen. Dabei waren wir ein Jahr zuvor im Rahmen des Länderkampfes USA-DDR schon mal in Los Angeles gewesen, kannten also die Wettkampfanlagen und das olympische Dorf in der „University of Southern California“.
Da war es dann nur ein schwacher Trost, als nach der Olympiade die von ihm in Potsdam erzielten 1:34:10 mit dem Ergebnis von Los Angeles verglichen wurden und für ihn ein dritter Platz errechnet wurde. „Ich war für die DDR nun Bronzemedaillengewinner, bekam den Vaterländischen Orden in Bronze und durfte nach Kuba fahren.“

Andreas Busse klein Autogrammkarte eins

Andreas Busse klein Autogramm zwei
Zwei Autogrammkarten aus früheren Zeiten

Andreas Busse blieb zwar weiter aktiv, aber die jüngeren und schnelleren Hauke Fuhlbrügge und Jens-Peter Herold rückten nach. „ Als man mir sagte, daß ich zu alt sei und die Reise zu den Olympischen Spielen 1988 nach Seoul zu teuer sei, hörte ich dann auf, und das ziemlich abrupt“.

Finanzfachmann in Berlin

Aber zumindest fiel er nicht beruflich nicht in ein Loch. Er hatte zunächst in Dresden ein Kfz-Ingenieurstudium begonnen, war dann zum Sportstudium gewechselt. An der Dresdner Außenstelle der DHfK Leipzig studierte er, aber dann kam der Abschied vom Sport und das Angebot, in Berlin in der Zentrale des Deutschen Verbandes für Leichtathletik (DVfL) zu arbeiten. Diese Gelegenheit packte er beim Schopfe und war ab 1989 in der Storkower Straße in Berlin in der Abteilung Finanzen beschäftigt. Dort befaßte er sich vor allem mit den Abrechnungen größerer Veranstaltungen wie DDR-Meisterschaften und Crossmeisterschaften. Als Delegationsleiter begleitete er auch eine Mannschaft nach Bulgarien.
„ Zur Wende und mit der Auflösung des DVfL Ende 1990 haben wir das noch vorhandene Material an die Sportclubs verkauft.“ Sie waren also praktisch diejenigen, die das Licht ausmachten. Aber nicht im Sinne der Floskel, die auf die wachsende Republikflucht anspielte. Die war ja mit der Einheit nicht mehr nötig.

Projektleiter für Veranstaltungen

Andreas Busse aber mußte sich nun um eine neue Arbeitsstelle bemühen. Als beim Sport-und Bäderamt der Stadt Karlsruhe eine Stelle im Bereich Veranstaltungsbetreuung ausgeschrieben wurde, bewarb er sich dort. Er wurde angenommen und ist seit dem 2. Januar 1991 in Karlsruhe als Projektleiter tätig. Aktuell ist Andreas bei der Karlsruher Event GmbH, einer städtischen Tochter, als Projektleiter für Sportveranstaltungen angestellt.
„Seit nunmehr 20 Jahren betreue ich das Indoor-Meeting der Leichtathletik.“ Aber auch für andere Sportarten wie Handball, Basketball, Volleyball, Boxen oder Radsport und Turnen oder Tischtennis hatte er mit den Hut auf.

Die Europahalle“ war eine für den Sport sehr taugliche Halle. Aber auch Konzerte wurden dort durchgeführt. Die Zahl der dort Auftretenden ist lang gewesen und reichte von André Rieu und Hansi Hinterseer über die Ärzte, BAP, Boss Hoss, Deep Purple, Chris de Burgh, PUR, Yes, Hooters oder Status Quo, Die Toten Hosen, Silbermond bis zu Mario Barth, Bylent Ceylan, Helene Fischer uvm.

Ein wenig stolz ist Andreas Busse vor allem darauf, daß er das Indoor-Meeting mit aufgebaut hat. Gründer und lange Zeit dabei war Siegfried König als 1. Meeting Direktor, der vor allem für die Athletenverpflichtung zuständig war. Der holte dann Alain Blondel mit ins Boot und zog sich selbst aus beruflichen Gründen zurück. Auch mit Blondel kommt Andreas Busse sehr gut aus. „Alain war Trainer und ist Manager, war 2014 in Zürich bei den letzten Europa-Meisterschaften Technischer Direktor und nutzt seine guten Verbindungen, auch bis in die IAAF- Zentrale hinein. Alain ist auch einer der Mitinitiatoren der neuen Indoor-World-Tour bei der IAAF, sozusagen „unser Mann vor Ort“.
Er ist in Karlsruhe unser Sportdirektor und als meine rechte Hand die perfekte Ergänzung.“
Andreas Busse aber trägt die Hauptverantwortung für die gesamte Durchführung und ist ganzjährig u.a. mit dieser Veranstaltung befaßt. „Hier sehe ich mich sowohl als „Strippenzieher“ wie auch als Teamleiter.“

2014: Das Aus für die Europahalle

Eine echte Bewährungsprobe für das ganze Team begann im Mai 2014, als die Europahalle von der Gebäudeverwaltung wegen diverser Probleme, vor allem aus brandschutztechnischer Sicht gesperrt wurde. Das Indoor-Meeting stand damit auf der Kippe. Die Hauptfrage war, ob man in einer der vorhandenen Messehallen die Leichtathletik anbieten kann. Andreas Busse schildert das in einem Rückblick so: „ In der Europahalle war die Leichtathletikanlage fest eingebaut, konnte also nicht einfach ausgebaut werden. Mobile Anlagen aber gibt es nur wenige. Ich hatte das Glück, in Karlsruhe den gebürtigen Amerikaner Darrell Tuxford zu haben, der mit der Sportartikelfirma Nordic gute Kontakte hatte. Tuxford kaufte in Göteborg die alte EM-Anlage für die Stadt Karlsruhe. Die Rundbahn war fertig konfektioniert, wurde auf Paletten gelagert und transportbereit. Das Infield aber bestand nur aus einzelnen Rollen. Die hätten geklebt werden müssen, und die Gefahr war groß, daß das nicht hält bzw. nicht paßt. So ließen wir bei der estnischen Firma „Kanstet“ den Unterbau als Guß anfertigen, mit Holzplatten belegen, und die Läufer darauf verkleben, um dann alles wieder in einzelne kleine Platten zerschneiden und palettieren zu lassen. Insgesamt 17 Trucks aus Schweden und Estland haben das Material nach Karlsruhe gebracht, und hier wurde das Puzzle wieder zusammengesetzt.
Meine Hauptaufgabe bestand darin, alle technischen Gewerke und die Leichathletik-spezifischen Dinge termingerecht zusammen zu führen.“
Voller Spannung erwartete man dann den ersten Testwettkampf, aber die Anlage hielt das, was sie versprach. Und auch die folgenden Bewährungsproben beim Indoor-Meeting, bei den Süddeutschen Meisterschaften und den Deutschen Meisterschaften 2015 verliefen erfolgreich. „ So gut, daß beim DLV gleich der Gedanke aufkam, sich für Hallen-Europameisterschaften zu bewerben.“
Busse und Blondel klein

Und deshalb wurden Andreas Busse (links) und Alain Blondel auch nach Prag geschickt, um sich die Hallen-EM 2015 anzusehen.

Schon 25. Hochzeitstag

Beruflich lief also bei Andreas Busse vieles wie gewünscht. Und auch privat setzte er auf Kontinuität. „Wir hatten gerade unseren 25. Hochzeitstag.“ Seine Frau Petra kennt er schon fast ein Leben lang, seit ihrer gemeinsamen Vereinszugehörigkeit beim SC Einheit Dresden. Petra Krug war ebenfalls Leichtathletin, spezialisierte sich auf die 400 m Hürden, lief 1989 ihre Bestzeit von 54,35 s und gewann 1989 auch die letzten DDR-Meisterschaften.
An der Leipziger DHfK schloß sie ihr Sportstudium ab und hatte bei der SG Dynamo Hohenschönhausen in Berlin ihre erste Arbeitsstelle als Trainerin einer Jugendgruppe. Sie war noch einiges länger als Andreas aktiv, trainierte zuletzt bei Inge Utecht zusammen mit Ellen Fiedler in Berlin. Im Juni 1991 kam ihr Sohn Marc zur Welt.
Anschließend versuchte sie es nochmals, sich für die Olympischen Spiele 1992 zu qualifizieren. Doch sie hatte eine Schilddrüsenunterfunktion, und es dauerte zulange, bis sie richtig medikamentös eingestellt war. Der Zug nach Barcelona war damit abgefahren, und Petra beendete 1992 ihre Karriere.

Heute arbeitet Petra Busse als Übungsleiterin bei der SG Siemens in Karlsruhe und bietet vom Kindergarten bis zum Seniorensport, von der Rückenschule über Nordic Walking bis hin zu Stepp-Aerobic alles im Verein an.
Andreas Busse ist ebenfalls noch sehr aktiv, fährt täglich 15 km mit dem Rad zur Arbeit, spielt bei der SG Siemens zweimal pro Woche Tischtennis. Einige Zeit hat er auch Nordic Walking praktiziert. „ Nur das Laufen habe ich heruntergeschraubt. Wenn ich heute mal laufe, dann maximal 45 Minuten und ganz moderat“.

Ruhe und Entspannung beim Angeln

Ruhig und moderat geht es auch bei seinem wichtigsten Hobby zu, dem Angeln. „Schon als Kleinkind bin ich mit einer kleinen Handangel losgezogen und war stolz, wenn ich einen Fisch gefangen hatte. Auch ins Trainingslager in Kienbaum bin ich oft mit Koffer und Angel angereist. Ich hatte immer einen Angelausweis, später den Fischereischein. In Karlsruhe haben wir eigene Seen, auch am Rhein angele ich gern.
Und was ist für ihn das Besondere am Angeln?
Die Ruhe, die Entspannung und das Naturerlebnis. Ich finde es einfach schön, wenn ich beispielsweise einen Eisvogel beobachten kann. Und das kann ich hier in Karlsruhe, wo ich mich insgesamt sehr wohl und inzwischen auch heimisch fühle.“

Peter Grau

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