Beim Börsentag in Berlin


Mit der Börse beschäftige ich mich schon seit langem. Beim Studium empfand ich die Vorlesungen über die Börse, über Devisen, allgemein über Geld immer spannend, auch wenn wir in der DDR da meist außen vor waren. Nach 1990 ergab sich dann die Möglichkeit, auch mal an der Börse aktiv zu werden, sprich, Aktien zu kaufen. Doch was ist die Börse eigentlich?
„Die Börse ist ein organisierter Markt für den Handel mit Wertpapieren, Währungen (Devisen) und Rohstoffen. Sie dient als Plattform, auf der Käufer und Verkäufer aufeinandertreffen, um Preise zu bilden, die sich nach Angebot und Nachfrage richten. Unternehmen können hier Kapital aufnehmen, indem sie Aktien ausgeben, und Anleger können Gewinne erzielen, indem sie Wertpapiere kaufen und später teurer verkaufen.“ Das liest man bei Google und weiß etwas Bescheid.
Aber ich wollte schon immer tiefer einsteigen, las Bücher und informierte mich auf den jährlichen Börsentagen in Berlin. Dort wurden Vorträge gehalten, konnte man sich mit den Fachleuten in Ruhe unterhalten und sich beraten lassen.
Das Thema interessiert mich weiterhin. Deshalb fahre ich an diesem Sonnabend (19.10.25) nach Berlin zum Börsentag.
Erster Halt ist der Ernst-Reuter-Platz. Hier parke ich oft, beispielsweise, wenn ich bei km 8 den Berlin-Marathon beobachte oder einfach nur in Richtung S-Bahnhof Zoologischer Garten spaziere. 11.45 Uhr komme ich an, 12.00 Uhr ist der erste Vortrag. Genügend Zeit also, denn nur 10 Minuten Fußweg benötige ich. Und dabei schaue ich mich um, bemerke, daß der große Buchladen Kiepert nicht mehr existiert (ich lese jetzt, daß er schon 2002 Insolvenz angemeldet hat) , daß das Restaurant am Steinplatz, wo ich vor einigen Jahren nach einem Börsentag mit Börsenprofi Orkan Kuyas einige Stunden verbrachte, nicht mehr da ist. Neu für mich ist in einem der prächtigen Häuser auf der anderen Straßenseite die Filiale von pro aurum (Gold hat das chemische Symbol Au), einem Goldhändler. Sie soll nachher noch Bedeutung gewinnen. Vorbei an der Akademie der Künste Berlin in der Hardenbergstraße 33 bin ich dann bald an der Fasanenstraße. Dort steht das Ludwig-Erhard-Haus, wo der Börsentag stattfindet. Im Internet habe ich mich vorher als Besucher angemeldet, weise mich am Eingang entsprechend aus, d.h. vom Einlaßchef wird ein QR-Code gescannt, den ich auf meinem Handy vorweise. Klingt kompliziert, aber ist es nicht. Nur weiß ich nicht, warum… Vielleicht will der veranstaltende Berliner Börsenkreis meine Daten, um mir später Informationen zukommen zu lassen. Oder vielleicht dient es einfach der Ordnung und Sicherheit. Sei es wie es sei, ich bin drin!
Ich begebe mich ins 1. Obergeschoß, suche das Kleine Atrium. Später informiere ich mich, was eigentlich ein Atrium ist. „Ein Atrium wird von einer glasüberdeckten Halle gebildet, die von zwei oder mehr Seiten von Gebäudeteilen eingeschlossen wird und ggf. auch die gesamte Erschließung des Gebäudes beherbergt. Das Licht fällt von oben ein“. So in etwa ist auch dieses Atrium hier.
Christian Giesen von philaro Edelmetalle hält einen Vortrag zum Thema:“ Vermögenssicherung und Kaufkrafterhalt mit Edelmetallen.“ Vielversprechend, aber im Endeffekt nur Vermittlung von Allgemeinwissen. Ich halte aber aus, auch wenn es ziemlich kühl in diesem Atrium ist. Nach einer halben Stunde ist der Vortrag beendet, ich gehe in das Große Atrium nebenan, wo deutlich mehr dem Referenten Raimund Ortner lauschen. „ Von der Vision zur Vermögensstrategie. Warum Bitcoin in jedes Portfolio gehört“. Ich bekomme nur die letzten zehn Minuten des Vortrages mit, bin aber wie alle Zuhörer vom Referenten gefesselt. Hinterher spreche ich zwanzig Minuten mit Raimund Ortner, der in im österreichischen Graz für einen Bitcoin-Broker arbeitet. Ich erkläre ihm, daß ich bisher nicht viel von Bitcoin und den Kryptowährungen verstehe, mir aber gern ein Buch kaufe, um mich weiterzubilden. Herr Ortner ist daran interessiert zu erfahren , wie ich zur Börse gekommen bin, seit wann ich mich für Finanzen interessiere. Er weist darauf hin, daß sich immer noch zu wenig Leute mit ihren eigenen Finanzen befassen, keine Strategie haben. Und bemerkt, daß natürlich ein Teil der Bevölkerung keine Beziehung zur Börse hat, weil das „nötige Kleingeld“ fehlt, weil man damit zu tun, hat, im täglichen Leben über die Runden zu kommen. Irgendwann müssen wir uns verabschieden, und ich bedauere, daß Graz so weit weg ist. Solche Gespräche müßte man öfter führen und nicht nur das verfolgen, was im Internet geschrieben wird.
Mittlerweile ist es 14.15 Uhr, der nächste Vortrag steht an. Es ist ja nicht einfach, aus gefühlt 50 Vorträgen etwas auszuwählen. Ich habe mir diesmal die „Schiene“ Gold und Edelmetalle sowie Devisenhandel vorgenommen.
Ich gehe wieder nach nebenan in das „Kleine Atrium“, an die Kühle habe ich mich ja gewöhnt. Nun wird über den Devisenhandel gesprochen. „Wenn Sie eine Apple-Aktie kaufen, sind Sie auch Devisenhändler. Sie kaufen in Euro, die Aktie des US-Konzern ist mit Dollar auf dem Markt“. Ein einfacher, aber verständlicher Einstieg. Die anderen wichtigen Währungen werden aufgezählt, wie der Japanische Yen, das britische Pfund, der Schweizer Franken und der chinesische Renminbi (übersetzt Volkswährung). Die Währungen dienen nicht nur als Zahlungsmittel im Land, sondern werden auch gehandelt. Die größten Umsätze am Devisenmarkt gibt es nach wie vor in Dollar, es folgen der Euro, der Yen, das Pfund und der Renminbi. Alle Rohstoffe werden auf Dollar gehandelt. Weitere Themen im Vortrag sind die Verschuldung der USA und anderer Staaten, die Aktivitäten von China und Japan und anderer Länder, ihre US-Anleihenbestände abzubauen und die wachsende Rolle Chinas im Weltmaßstab. Viel Diskussionsstoff, und Aufforderung, sich weiter damit zu befassen.
Der Vortrag ist beendet, ich bleibe aber, denn der nächste Vortrag „Edelmetallpreise im Rallyemodus- was Anleger nun wissen müssen“ steht auf meinem Plan. Und das wird der Höhepunkt des Tages, weil der Referent Alexander Köhne sein Handwerk beherrscht, ein brillanter Redner vor dem Herrn ist und weil er überzeugend darlegt, warum man einen Teil seines Vermögens, wenn man es denn hat, in Gold anlegen sollte. Alexander Köhne arbeitet für „pro aurum“, eben diesem Edelmetallhändler, an dessen Berliner Filiale ich vorhin auf dem Herweg vorbeigekommen bin.
Überzeugend wird dargelegt, daß sich Gold auch in früheren Krisen als Fels in der Brandung erwiesen hat. Ob Kriege, ob Weltwirtschaftskrise, mit Gold konnte man allem widerstehen. Zum gegenwärtigen Hoch der Goldpreise trage vieles bei, wie die außer Kontrolle geratene Staatsverschuldung, der Ukrainekrieg, eine drohende Taiwankrise, die Konflikte in Nahost, die Demographie, der Klimawandel. All das führt dazu, dass man Gold als rettenden Anker wählt. Und vor allem die Zentralbanken der wichtigsten Länder stocken ihre Goldbestände auf. Und die, die viel Gold besitzen wie die USA und Deutschland, wollen ihre Goldbestände nicht verkaufen. Also, alles geht im Moment Richtung Gold und auch die Aussichten für die fernere Zukunft sind positiv. Das Unternehmen Pro Aurum ist aber nicht nur Goldhändler, sondern kauft und verkauft auch andere Edelmetalle. Zwar steigen Silber und Platin im Moment ebenfalls stark an, aber, so der Referent, gerade bei Silber sind die Preisschwankungen doch sehr hoch. Und spätestens jetzt merke ich, daß ich den Inhalt eines 45minütigen Referates aus der Erinnerung nicht im Ansatz aufschreiben kann. Somit beende ich die Glorifizierung des Goldes, wissend, daß nicht jeder genug „Kohle“ hat, um einen Teil in Gold anzulegen und andererseits, jeder seines eigenen Glückes Schmied ist.
15.45 Uhr beende ich den Aufenthalt beim Börsentag, spaziere bei herrlichem Herbstwetter den Weg zurück zum Parkplatz, erfüllt und gefüllt von vielen Eindrücken, Worten, Hinweisen, Ratschlägen.
Am 10. Oktober 2026 bin ich wieder beim Börsentag in Berlin. Mal sehen, was sich bis dahin in der Welt der Finanzen, der Wirtschaft und vor allem in der Welt des Goldes getan hat.