Der Sonntag (7.12.25) beginnt mit meiner Ex-Leidenschaft. Im ARD-Livestream wird ab 8.15 Uhr der Valencia-Marathon aus Spanien übertragen. Tim Tonder und Ralf Scholt führen sachkundig durch die 2 Stunden. Ich kann alles auf meinem Handy verfolgen, frühstücke, bereite das Auto zur Fahrt nach Grünheide vor.
Grünheide – da war doch mal etwas. Am 20.3.1980 lief ich dort vor den Toren Berlins meinen ersten Marathon im Rahmen des 100-km-Laufes. Diesmal will ich dort aber nicht laufen, sondern bei Herrn B. in der Karl-Marx-Straße einen Außenwandgasheizer als Ersatz für mögliche Ausfälle meiner alten Gamat-Heizer holen, die er unter „Kleinanzeigen“ angeboten hat. Zwischen 11 und 11.30 Uhr soll ich bei ihm sein. Also wird es knapp mit dem Finale in Valencia, 10.17 Uhr wird der Sieger im Ziel sein . „Ich fahren also vorher los, tanke für 1,80 (bei der Heimkehr steht der Preis auf 1,69) und sehe mir im Handy den Zieleinlauf an. Dann aber hurtig Richtung Grünheide. Wenig Verkehr auf der Autobahn, es regnet leicht, mein automatischer Regenwischer ist kurz außer Gefecht, aber durch einen Kunstkniff bekomme ich ihn in Gang. Abfahrt Erkner nach rund 90 km, den Weg kenne ich schon vom letzten Besuch bei meinem Schulfreund Bernd. Diesmal bin ich schnell in der Karl-Marx-Straße, klingele, Herr B. (Jg. 1958) kommt aus seinem Haus, seit 1987 wohnt er hier. Gleich verwickele ich ihn in ein sportliches Fachgespräch. Ich zeige ihm zwei Fotos von meinen Läufen in Grünheide, er weiß um die Geschichte des 100-km-Laufes, meint auch zu wissen, wo er stattfand. „Dort ist heute das Internationale Kinder-, Jugend und Familiencamp Störitzland , da fahren Sie diese Straße lang und dann über die Kreuzung u.s.w.“, aber ich verweise auf mein Navi, das wird es schon richten…
Nebenher plaudern wir noch über unsere Armeezeiten, ich „diente“ 2 Jahre in Erfurt und später ein Vierteljahr zur Reserve in Oranienburg. Er absolvierte 1 ½ Jahre in Strausberg bei Berlin, später war er zur Reserve in Eggesin und in Prora an der Ostsee.
Doch genug geredet, nun kommen wir zum eigentlichen Geschäft. Auf dem Hof sehe ich Baugeschehen, frage, ob er sich dort ein zweites Haus baut. „Nein, da zieht mein Sohn mit Frau und zwei Kindern später ein, aber ich helfe ihm beim Bau“. Ein massives zweistöckiges Gebäude ist zu sehen, „aus alt mach neu“, so die Devise. Und da ist eben auch „mein“ Heizer aussortiert worden. Er ist in einem Umzugskarton verpackt, es wird mir erklärt, was alles dazu gehört, der eigentliche Heizkörper, das Gasrohr, ein Anschlußstück für das Rohr, alles gut sortiert. Für den Karton ist genug Platz im Auto, der kleine Obulus wird entrichtet, und dann verabschieden wir uns voneinander.
Störitzsee ins Navi eingegeben, ca. 5 km Fahrt und ich stehe auf dem Parkplatz vor der Anlage. Abgeschlossen das Ganze, aber ich klingele bei der Rezeption, erzähle, daß ich auf den Spuren meiner Jugend bin. „Ich öffne Ihnen die Tür, und später kommen Sie auch wieder hinaus, wenn Sie an dem Mast vor der Tür auf den obersten Knopf drücken“, plaudert die freundliche Stimme und ich bedanke mich. Die Tür öffnet sich, ich gehe auf Spurensuche und merke gleich, daß sich hier alles verändert hat. Viele neue Gebäude sind entstanden, es sieht aus wie früher in unseren Kinderferienlagern. Ich wandere so vor mich hin, bin auch bald am Wald, aber es wird mir bewußt, daß ich hier nichts aus damaliger Zeit finde. Ich bin froh, als mir auf dem Riesengelände endlich ein Mensch entgegenkommt (im Lager herrscht ansonsten Winterpause). Ich spreche ihn an, bedauere erst, daß er so jung ist und mir sicher nicht helfen kann. Doch da habe ich mich getäuscht. Er weiß um die Geschichte der 100 km von Grünheide, weiß, daß die 100 km dann ins nahe Kienbaum verlegt wurden und heute hier auf diesem Gelände stattfinden. „Gert Schlarbaum kommt jedes Jahr hierher, veranstaltet die 100 km von Grünheide“. Gert Schlarbaum, oh, den kenne ich gut, als ehemaligen Laufkumpel. „ Der kann sicher sagen, wo damals der Lauf stattfand. Denn hier auf den Fotos, die Sie mir zeigen, sehe ich ein hohes Haus im Hintergrund, das kann also nicht hier gewesen sein.“ Und er erzählt weiter, daß dieses Ferienobjekt schon 1972 aus Anlaß der Weltfestspiele erbaut wurde. Ich verabschiede mich, denn langsam drängt die Zeit. 14 Uhr will ich in Neuruppin den finalen Lauf der Formel 1 schauen. Ich muß mich also beeilen. Am Ausgang finde ich den obersten Knopf an der Holzsäule, drücke ihn und die Tür läßt sich öffnen. 50 m bis zum Auto, nun kann es zurück gehen bzw. fahren. Doch eine Hürde baut sich auf: Das Navi funktioniert nicht. Und ohne Navi wird es nicht einfach für mich. Ich probiere, und irgendwie merke ich, daß ich auf dem Handy etwas ändern muß, um die Verbindung von Navi und Handy zu ermöglichen. Es klappt, und dann läuft alles wie am Schnürchen. Der Weg ist anfangs spürbar kürzer als auf der Hinfahrt, schnell bin ich auf der Autobahn A 10 und noch schneller sehr ich rechts ein große Fabrikgelände: TESLA, so ruft ein großer Schriftzug. Viel darüber gehört und nun bin ich ganz nahe dran. Aber ich habe keine Zeit, die Formel 1 ruft. 100 km sind immerhin zu fahren, aber das schaffe ich ohne Probleme. 13.45 Uhr bin ich in Neuruppin, fahre auf den Hof. Und schnell nach oben, den Fernseher angestellt. Geschafft, ich gebe das Startzeichen und los geht die wilde Jagd. Spannend das Geschehen, am Ende wird Lando Norris Weltmeister, 2 Punkte vor Max Verstappen. Ich aber habe einen Tag voller Erlebnisse hinter.