Die Busses – zwei Boykottschicksale

Für meine Homepage habe ich in den vergangenen zwei Wochen mit zwei Leichtathleten gesprochen, die beide den Nachnamen Busse tragen und in Bezug auf Olympia ein ähnliches Schicksal erleiden mußten.

Andreas Busse (Jahrgang 1959) ist Mittelstreckler mit einer Bestzeit von 1:34,10 min über 1500 m gewesen. Der gebürtige Dresdner lebte bis zur Wende in der DDR und wohnt jetzt in Karlsruhe.

Jochen Busse (Jahrgang 1954) ist Weitspringer mit einer Bestweite von 8,12 m gewesen, gebürtiger Duisburger, dann lange in Köln lebend und nun nach Neuruppin im Land Brandenburg umgezogen.
Ihre beiden Lebensverläufe werde ich in der nächsten Zeit auf meiner Homepage bringen.
Doch vorab eine Übereinstimmung, die traurig stimmt und zum Nachdenken anregt.

Politischer Boykott von Olympischen Spielen

Andreas Busse, der Dresdner, nahm 1980 an den Olympischen Spielen in Moskau teil. Damals boykottierten die USA und einige ihrer Verbündeten, so auch die Bundesrepublik, die Spiele. Andreas Busse hatte damit einige Konkurrenten weniger, aber viel beschäftigt wird er sich mit dem Thema wohl nicht haben. Im Vordergrund stand sein eigener Auftritt. Damals konnte er sich nicht vorstellen, wie nah ihm selbst mal ein Boykott kommen würde.

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Vier Jahre später, 1984, war Andreas Busse so schnell wie noch nie, und für die Olympischen Spiele in Los Angeles nominiert. „Ich war im bulgarischen Plowdiw im Trainingslager, als der Trainer uns den Boykott mitteilte. Da brach bei mir eine Welt zusammen. Dabei waren wir ein Jahr zuvor im Rahmen des Länderkampfes USA-DDR schon mal in Los Angeles gewesen, kannten also die Wettkampfanlagen und das olympische Dorf in der „University of Southern California“.“
Da war es dann nur ein schwacher Trost, als seine beste Jahresleistung, die in Potsdam erzielten 1:34:10 min über 1500 m, mit dem Ergebnis von Los Angeles verglichen wurden und für ihn ein dritter Platz errechnet wurde. „Ich war für die DDR nun Bronzemedaillengewinner, bekam den Vaterländischen Orden in Bronze und durfte nach Kuba fahren.“

Wie aber sah das bei Jochen Busse aus?
Für die Olympischen Spiele 1980 in Moskau war er nominiert worden und bereits komplett eingekleidet. Dann entschied sich die Bundesrepublik für den Boykott. Die Enttäuschung war natürlich groß. Als kleines Trostpflaster wurde eine Alternativveranstaltung in Philadelphia (USA) organisiert. Die Ergebnisse wurden, ähnlich wie bei dem anderen „Busse“, mit denen von Olympia verglichen und danach ein sechster Platz ausgerechnet. „Dafür bekam ich dann eine bescheidene Prämie und eine Reise für 14 Tage nach Vancouver/Kanada.“

Busse Jochen klein Autogrammkarte

1984 wurde zwar Olympia wieder boykottiert, aber nun vom Ostblock. Jochen Busse hätte also starten dürfen. Von den Leistungen her machte er sich auch große Hoffnungen. In den Jahren zuvor hatte er sich konstant in Bereichen über 8 m bewegt und auch 1984 lief für ihn gut. Er wurde deutscher Meister, schaffte die Norm für Olympia und wurde doch nicht mit nach Los Angeles genommen. „ Ich war 30 Jahre und sie haben mir gesagt, daß ich zu alt sei.“

Zwei Schicksale von zwei Ex-Leichtathleten, deren Lebensumfeld sehr verschieden war, die aber von einem politischen Boykott, dem sie hilflos ausgeliefert waren, gleichermaßen getroffen wurden.

Peter Grau

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