Wie schön war es, als man noch Briefe schrieb

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Ich gebe zu: Ich habe immer gern geschrieben. Mit der Hand, auf Papier. Und ich habe auch gern Briefe verschickt, immer mit schönen und weniger schönen Briefmarken. Schon seit meiner Kindheit sammelte ich Briefmarken, lernte dadurch Länder und Leute kennen. Die Marken sammelten sich in Alben, und heutzutage liegen sie immer noch dort und warten darauf, daß sie wiederentdeckt werden. Den materiellen Wert haben sie verloren, aber den ideellen Wert noch lange nicht.

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Zurück zum Brief. Ich merke auch heute an den Reaktionen der Brief-Erhalter, daß es ihnen Freude macht. Und gerade in Konkurrenz zum Internet, das ich gern und viel nutze, aber dessen Grenzen ich auch sehe. Versende ich über Facebook eine Nachricht an alle, rutscht sie ganz schnell im Wust der gefühlten Millionen Nachrichten wieder nach unten, einfach weg.

Schicke ich per Internet über Facebook oder einfach per email eine Nachricht, kann ich nie sicher sein, ob sie den Adressaten wirklich erreicht. Und wenn er ihn oder sie erreicht, dann bin ich abhängig davon, ob er die Geduld und Muße findet, mir zu antworten.

Was tun?  Ab und an Briefe schreiben. Auch da ist es keinesfalls garantiert, daß ich Antwort bekomme. Aber ich weiß, daß der Brief ankommt (wenn die Adresse noch stimmt und der Briefträger den Brief nicht „verliert“.)

Ich fühle mich in meiner Pro-Brief –Haltung bestätigt, wenn ich lese, daß es auch anderen so geht. Am 29. November 2016 schrieb Udo Röbel, seines Zeichens Publizist und Autor in Berlin, in der Märkischen Allgemeinen Zeitung dazu ein:

Loblied auf den Brief

Zunächst lobte er, wie schnell doch die Reaktionen im Netz sind. Aber er monierte, daß er auf eine Antwort wartete, von einem ehemaligen Ministerpräsidenten. „ Keine Antwort auf eine Mail zu kriegen..   nagt irgendwie an meinem Selbstwertgefühl“. Das kann ich uneingeschränkt nachvollziehen.  Aber dann, so fährt Udo Röbel fort, kam die Antwort. „Ein Brief!  Echte Buchstaben. Auf schwerem Papier und handschriftlich unterzeichnet mit blauer Tinte. Wie schön ein Brief doch aussieht“.  Und wieviel persönlicher er aussieht. Da spricht er mit voll aus der Seele.

Der Ex-Ministerpräsident hat ihm geschrieben, daß er sogar mal ein Jahr kein Fernsehen geschaut habe. Kein Vorbild für mich, aber immerhin ein Experiment. Und der Ex stellte fest: „Verpaßt habe ich nichts. Je schneller sich unsere Welt dreht, umso wichtiger ist es, auch mal vom Gas zu gehen“.  Und, so Udo Röbel zum Abschluß: „ Dazu gehört, mal wieder einen Brief zu schreiben.

Peter Grau

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