Ronny Ostwald: Schneller Sprinter und wachsamer Polizist

Ronny Ostwald Porträt sieben

Ronny Ostwald gehörte vor rund 15 Jahren zu den schnellsten deutschen Sprintern. Das Kraftpaket aus Berlin war zwar erst mit 24 Jahren in die Leichtathletik eingestiegen, steigerte sich aber dann schnell bis zu einer Bestzeit von 10,22 s.  2004 und 2006 holte er sich die deutschen Meistertitel über 100 m, 2004 und 2008 schaffte er die Nominierung für die Staffel bei den Olympischen Spielen. Schon zuvor, im Jahr 2002, hatte er bei der EM in München mit der Staffel den vierten Rang belegt. Weil später der Brite Dwain Chambers wegen Dopings disqualifizierte wurde, rückte die deutsche Staffel auf den Bronzerang vor. 2009 riß er sich die Achillessehne und  mußte seine sportliche Laufbahn beenden. Seitdem ist er als Polizeiobermeister tätig, zunächst mit dem Standort  in Berlin und nun in Stendal.

Ronny Ostwald mag die ländliche Idylle

Ronny Ostwald Porträt fünf

Beim Besuch in Gollenberg, einer kleinen Gemeinde 40 km westlich von Neuruppin in Brandenburg,  empfangen mich Ronny Ostwald und seine Frau Korinna im großen Zimmer ihres Hauses, das mit dem Kamin eine anheimelnde  Atmosphäre verströmt. Der Clou aber ist der Ausblick. Direkt vor dem Fenster  tummeln sich drei Pferde (ein Friese, ein Tinker und eine braune Warmblutstute) auf  der kleinen privaten Koppel.  Und gleich am Eingang haben mich die beiden Hunde der Familie, ein Bernersennen und ein ganz junger Leonberger-Mix begrüßt.

Hier ist Ronny Ostwald praktisch zurück zu seinen Wurzeln gekehrt. Zwar hat er sich während seiner aktiven Leichtathlet-Zeit in Berlin und seit 2002  in Wattenscheid zum Stadtmenschen entwickelt, aber er spricht auch immer gern über seine Herkunft.

Geboren wurde er am 7. April 1974 in der kleinen Gemeinde  Beeskow,  80 km südöstlich von Berlin und etwa 30 km südwestlich von Frankfurt (Oder). In Görzig, einen Angerdorf mit landwirtschaftlichem Charakter, ging er bis zur 10. Klasse auf die Schule (bis 1990) und anschließend durchlief er in Beeskow eine dreijährige Maurerlehre (bis 1993).

Danach absolvierte er als Fallschirmjäger bei der Bundeswehr seinen einjährigen Grundwehrdienst. „ Zehn Sprünge stehen auf meinem Konto“. Auf die Frage, ob er mutig gewesen sei, antwortet er: „Ja. Ich hatte schon immer gern einen Adrenalinkick“. Doch damals war an den „Kick“, den ein 100-m-Lauf auf der Tartanbahn mit sich bringt, noch nicht zu denken. Vielmehr bewarb er sich zunächst beim Bundesgrenzschutz (heute Bundespolizei). „ Ich wollte nochmal etwas Neues ausprobieren, hatte keine Lust, mein Leben lang auf dem Bau als Maurer zu arbeiten, auch wenn mir die Arbeit Spaß gemacht hat“. Deshalb also ging er 1995 zur Polizei und durchlief dort dann die normale Ausbildung. 1998 war er fertig, durfte sich Polizeimeister nennen und verrichtete nun den normalen Polizeidienst in einer Einsatzhundertschaft. „ Wir begleiteten Demonstrationen, Fußballfans – es war aufregend und abwechslungsreich und machte Spaß. Ich war viel mit jungen Leuten zusammen, und wir haben gemeinsam bestimmte Situationen gemeistert, die oft nicht ungefährlich waren.“  Ob ihm seine Statur (1,80 m Größe und ca. 85 kg Gewicht) dabei geholfen habe, möchte ich wissen.  „Sicherlich und auch mein Selbstbewußtsein, das ich schon immer hatte“, lautet die Antwort.

Vom Fußball-Libero zum schnellen 100-m-Sprinter

Und sportlich? Bis zum Herbst 1998 jagte Ronny Ostwald beim Sportverein Eiche Groß Rietz, einem Ort zwischen Fürstenwalde und Beeskow, dem runden Leder als Libero hinterher. Irgendwie war das so ähnlich wie beim Erfurter Nils Schumann, der auch einst ein befähigter Amateur-Fußballer war, ehe er zur Leichtathletik wechselte und 800-m-Olympiasieger wurde.

Der Hauptunterschied zwischen beiden war, daß Ronny Ostwald erst viel später als Schumann den Weg auf die Laufbahn fand. Ostwald nahm an den internen Polizeimeisterschaften teil und lief ohne Training auf Anhieb 11,31s über 100 m. Und weil seine Chefs am Standort Blumberg meinten, daß er mit regelmäßigem Training  wesentlich schneller werden könnte, durfte er sich einen Verein suchen.  Er fand ihn im Herbst 1998 im Sportforum Hohenschönhausen mit dem SC Berlin. Sein erster Trainer Bernd Scheermesser war zwar anfangs skeptisch wegen seines „hohen“ Alters von 24 Jahren, aber versuchen wollte er es trotzdem mit ihm. Und Ronny Ostwald dankte es ihm mit Leistungen.  1999 holte er sich bei den Berliner Landesmeisterschaften seinen ersten „kleinen“ Titel. Zwar war die Zeit von 10,52 s noch nicht berauschend, aber der Einstieg war geschafft. „Neun Monate später war ich schon bei 10,44 s angekommen, bei nur zweimal Training pro Woche“, erinnert sich Ronny Ostwald.

Es folgte der Wechsel  in die Trainingsgruppe von Uwe Hakus. „Dort war ich der einzige „normale“ Sprinter unter vielen Hürdensprintern, wie etwa Mike Fenner und Florian Schwarthoff. Aber ich brauchte diese Konkurrenz, das spornte mich an“. Und das nun regelmäßige Training trug schnell Früchte. Im Jahr 2000 war Ronny Ostwald schon bei 10,30 s angekommen, die Teilnahme an den Olympischen Spielen von Sydney schien möglich. Doch dann schlug die Verletzungshexe zu, mußte er die Saison beenden. Dieses Verletzungspech begleitete den kräftigen Sprinter leider die nächsten Jahre. „ Ein Grund dafür war, daß ich einen hohen Muskeltonus hatte, sprich, eine sehr feste Muskulatur. Ich war ziemlich unbeweglich und steif. Besonders an der Rückseite der Oberschenkel verletzte ich mich oft.“

Als sich der SC Berlin mit der LG Nike Berlin zusammenschloß, gab es für Ronny Ostwald Probleme: „ Ich bekam die bereits ausgehandelten Gelder nicht und nutzte deshalb die Chance, nach Wattenscheid zu wechseln. Dort blieb ich dann – abgesehen von  einem einjährigen Abstecher beim ASV Köln -, ehe ich meine sportliche Laufbahn wegen einer Verletzung beenden mußte.“

Verletzt war er also oft, aber trotzdem konnte sich immer wieder in der  deutschen Sprintspitze etablieren. „In meinen 10 Jahren Leistungssport hatte ich über 20 Einsätze für die deutsche Nationalmannschaft, dabei zweimal bei Olympia. Dabei ging es mir wie den anderen Sprintern vor allem immer darum, mich für die Sprintstaffeln zu qualifizieren, denn im Einzelrennen war die internationale Konkurrenz doch fast übermächtig“.

Ronny Ostwald Staffel Unger

In den Staffeln fühlte sich Ronny Ostwald in seinem Element. Hier bei der Stabübergabe an Tobias Unger (Foto: gettyimages; Javier Sopiano / 51226908; aus Leichtatletik Nr. 40/2017)

 

Bei den Europameisterschaften 2002 in München stand er kurz vor dem ersten Medaillengewinn. Als Startläufer verfehlte er gemeinsam mit Marc Blume, Alexander Kosenkow und Christian Schacht in 38,88 s als Vierter Bronze nur knapp. Um so ärgerlicher, daß später der Brite Dwain Chambers wegen Dopings disqualifiziert wurde, seine Staffel damit ebenfalls und die Deutschen auf den Bronzerang vorrückten. „Leider habe ich die Medaille dafür bis heute noch nicht erhalten. Ich würde sie mir sehr gern an die Wand hängen“.

2004 war sein bestes Jahr

Bei den Weltmeisterschaften 2003 in Paris kam Ostwald mit der deutschen Staffel (Tobias Unger, Marc Blume, Alexander Kosenkow, Ronny Ostwald) bis ins Halbfinale. Auch das Finale war möglich. „ Aber wir mußten etwas riskieren. Und als Kosenkow anrauschte, um mir den Stab zu übergeben, war ich zu schnell weg und trotz abbremsens außerhalb der Wechselzone.“

Ronny Ostwald hatte sich 2004 an die Spitze der deutschen Sprinter gekämpft und auch mit seiner Bestzeit von 10,22 s den deutschen Meistertitel errungen. So war es keine Überraschung, daß er für die 4×100-Staffel für die Olympischen Spiele in Athen nominiert wurde. Diese Staffel verfehlte in der Besetzung Ronny Ostwald, Tobias Unger, Alexander Kosenkow  und Till Helmke als Neunter  den Einzug ins Finale nur knapp.

2004 war überhaupt Dein bestes Jahr,“ mischt sich  Ehefrau Korinna in diesem Moment in das Gespräch ein. Warum? Nicht nur wegen der sportlichen Entwicklung, sondern auch, weil sich beide in diesem Jahr kennenlernten. Schon ein Jahr später heirateten sie. Das familiäre Glück stärkte Ronny Ostwald, auch wenn die vielen Tage und Wochen der Trennung wegen Trainingslagern und Wettkämpfen das Glück beeinträchtigten. Aber die wachsende Familie – heute dürfen die Ostwalds ihr Glück mit drei Söhnen teilen – entschädigte für vieles.

Sportlich ging es auf und ab. Während 2005 verletzungsgeprägt war, brachte 2006 wieder ein Hoch. Zunächst gewann er wieder den deutschen Meistertitel über 100 m und anschließend erfüllte er sich einen lange gehegten Wunsch: „Ich wollte in einem Einzelrennen über 100 m in einem internationalen Finale stehen. 2006 bei den Europameisterschaften in Göteborg schaffte er das, auch wenn am Ende nur ein achter Rang blieb.

Ronny Ostwald Göteborg 2006

Ronny Ostwald über 100 m im Jahr 2006 in Göteborg

(Foto: gettyimages: Jeff Haynes / 71598324)

Da konnte er es auch verschmerzen, daß es in der Staffel wieder nicht zu einer Medaille reichte. Mit Alexander Kosenkow, Marius Bröning und Sebastian Ernst führte er die Staffel als Schlußläufer auf einen fünften Rang.

Und an ein weiteres Ereignis erinnert sich Ronny Ostwald gern. Zwar war es sportlich vielleicht nicht ganz so hoch anzusiedeln, aber er ist trotzdem Stolz darauf, 2006 Europameister über 100 m bei den internationalen Polizeimeisterschaften in Prag geworden zu sein: „Schnellster Polizist Europas, das hört sich doch nicht schlecht an“, meint er lächelnd.

Während seiner gesamten Leistungssportzeit war Ronny Ostwald Polizeiangestellter. Er  mußte zwar jährlich einige Wochen Polizeidienst leisten, war aber ansonsten vom Dienst freigestellt. „ Für meine berufliche Weiterentwicklung in der Polizei brachten mir diese Jahre allerdings nichts. Als ich 2009 mir die Achillessehne riß und mit dem Sport aufhören mußte, war ich praktisch auf dem Stand von 1998. Nun saß ich zudem als 35jähriger gemeinsam mit 20jährigen in den Ausbildungsräumen oder bei Einsätzen. Das war eine schwierige Zeit für mich.“

Zwischen Knüppeltruppe und Familienidylle

Weiterhin in Blumberg am Rande von Berlin stationiert, verrichtete er seinen Dienst in einer normalen Einsatzhundertschaft. „ Am Wochenende haben wir die Fußballfans im Zug begleitet, an anderen Tagen waren wir bei Demonstrationen oder etwa 2013 beim Wahlkampf mit Angela Merkel unterwegs. Wir haben alles bewacht und beschützt und mußten manchmal auch zum Gummiknüppel greifen. Es war eine schwierige Zeit“, blickt Ronny Ostwald zurück. Und sie war noch schwieriger, weil zuhause in Gollenberg Frau und drei Kinder warteten und sich oft allein durchschlagen mußten. Schon zu dieser Zeit hatte seine Frau Korinna eine Hypnosepraxis aufgemacht, und es war für sie schwer,  alles unter einen Hut zu bekommen.

Ronny Ostwald litt so unter dieser Situation, daß er psychisch krank wurde, sich mit Magenbeschwerden herumplagte und einfach unzufrieden war. Deshalb  bemühte man sich einige Zeit um eine Versetzung an einen anderen Standort. Letztendlich wurde dem Gesuch stattgegeben und Ronny Ostwald bekam mit dem Bundespolizeirevier Stendal einen neuen Standort zugewiesen.  Nur 60 km von Gollenberg entfernt, ist damit das Familienleben endlich in geregelte Bahnen gelenkt worden. „Ich habe meinen normalen Polizeidienst, bin teils auf Streife, teils am Schreibtisch.  Vor allem muß ich nicht mehr soviel herumfahren, alles ist einfach geregelter. Wir haben unser festes Einsatzgebiet, überwachen beispielsweise die Bahnhöfe. Und ich kann endlich mal hautnah miterleben, wie sich unsere drei Söhne entwickeln.  Maxim ist inzwischen 16 Jahre, Tjark 9 Jahre und Matti 3 Jahre.

Ronny Ostwald Titelfoto Die Fünf

 

Zwischen Familie, Tieren und dem Fußball

Wenn Ronny Ostwald zuhause ist, steht natürlich an erster Stelle die Familie. Seine Frau Korinna Ostwald betreibt  in Gollenberg eine Hypnosepraxis.

Ronny Ostwald vier Hypnosepraxis

Sie bietet dort alles an, was denkbar ist:

* Gewichtsreduzierung * Rauchentwöhnung * Schmerzen * Migräne * Allergien/ Ekzeme

* Persönlichkeitscoaching * Blockadenlösung * Ängste/ Phobien * Reinkarnation/ Rückführung * Tiefenentspannung * Verspannungen * Phantasiereisen * Sportcoaching

* Leistungssteigerung * Trauerbewältigung * Prüfungsangst * Superlearning/ leichter Lernen * Zwänge * Farbtherapie * Schlafverbesserung * Wundheilung * Tinnitus

* Schmerzfreie Geburt * Schwangerschaftsübelkeit * Schnarchen * Prüfungsangst

* unerfüllter Kinderwunsch * Liebeskummer * Konzentrationsverbesserung * Burnout

* zahnärztliche Hypnose * Entscheidungshilfe * Partnerschaftsprobleme

* Veränderung unerwünschter Verhaltensmuster * Stärkung des Immunsystems *

Am häufigsten suchen Leute meine Praxis auf, die mit dem Rauchen aufhören oder Gewicht verlieren möchten“, erzählt Korinna Ostwald. „Die Praxis ist gut besucht, alles läuft ohne Werbung, also nur durch Mundpropaganda.“

(Näheres ist unter http://www.hypnosehavelland.de/     nachzulesen.)

 

Ronny Ostwald Pferde vier

Zur Familie Ostwald gehören aber natürlich auch die Tiere. Ich mag Pferde, und deshalb bin ich auch von diesen schönen, klugen Tieren angetan. Und wenn man sie so nah wie dort sieht, anfassen kann, ihnen in die Augen schauen kann, ist man noch mehr begeistert.

Ronny Ostwald zwei Pferde

Die Hauptarbeit mit den Pferden hat wie auch früher, als Ronny Ostwald wenig zuhause war, die Frau des Hauses. Sie betreut die Tiere rund um die Uhr, sorgt für den Auslauf auf der Koppel und für Ruhe im Stall.  Und sie genießt es, selbst auf den Pferden zu sitzen. „Das Dressurreiten hat mich seit langem begeistert, und wenn ich auf dem Pferd sitze, vergesse ich die kleinen Sorgen des Alltags.“

Korinna Ostwald eins

Ronny Ostwald hat sich auch schon einige Male aufs Pferd gewagt:

Ronny Ostwald auf dem Pferd

Ronny Ostwald Pferd neu

„So richtig wird das Reiten aber  wohl nie meine Passion werden. Aber ich mache mich in der Betreuung der Pferde soweit nützlich, wie ich es kann. Beim Ausmisten des Stalles kommt mir meine immer noch vorhandene Kraft zugute.“  Vor kurzem hat er eine Pferdekutsche auf ihr Grundstück geholt. „ Ich will mich bald mit dem Kutschfahren anfreunden, es lernen“.

Klappt es nicht so mit dem Reiten, funktioniert es schon eher mit den Hunden: „ Auch wenn sie groß und kräftig sind, habe ich sie gut im Griff. Nur den jungen Hund muß ich noch erziehen, er ist zwar lieb, aber noch sehr verspielt.“

 

Spielen, das ist das Stichwort für ein Hobby, das ihn irgendwie nicht losläßt. Seit langem spielt er beim Fußballverein SV Rhinow/Großdersch, anfangs noch im Sturm.

Ronny Ostwald Fußballmannschaft

Heute hält er mit seiner Spielübersicht die Abwehr zusammen.  „Wir spielen in der Kreisliga, und es ist für uns schwer, denn unsere Spieler haben natürlich einen Vollzeitjob, kommen nur wenig zum Training und auch bei den Punktspielen fällt der eine oder andere immer mal aus“. Aber Spaß macht es Ronny Ostwald nach wie vor, auch im Amateursport.

Ronny Oswald und das Meer zwei 

 Peter Grau

 

(Mehr Fotos und Texte sind auf der Homepage http://www.gratis-webserver.de/Tucase/2.html   anzuschauen und nachzulesen;

Mehr Fotos aus seiner aktiven Zeit als Sprinter sind auch unter google zu sehen.