Notizen aus Berlin und anderswo

Zwei Marathon-Spektakel in London und in Wien

Nicht einfach, wenn zwei Marathons an einem Sonntag stattfinden. Doch im Zeiten des Internets kein Problem, live dabei zu sein.  An diesem 22. April konnte ich so vom Schreibtisch aus die Marathons von London und Wien verfolgen:

London 2018 eins

London 2018 zwei

 

In Wien war Olaf Brockmann direkt am Ort des Geschehens. Mehr dazu ist bald in seiner Rubrik nachzulesen und vor allem nachzuschauen.

Ich aber war zumindest mit dem Herzen noch mehr beim London-Marathon dabei. Warum? Weil ich dort 1996 selbst gelaufen bin. Und auch wenn ich damals schlecht vorbereitet antrat, war es  ein aufregendes Erlebnis für mich. Meine Gedanken dazu habe ich vor zwei Jahren auf dieser Homepage unter http://www.petergrau-leichtathlet.de/?p=1607  wiedergegeben.

London-Marathon klein 8 MeilenScan_Pic0040

Peter Grau 1996 beim London-Marathon ( dritte Reihe, im gelben Trikot, mit Startnummer  2457)

Immer, wenn ich an diesen Lauf zurückdenke, erinnere ich mich vor allem auch, daß es damals der bis dahin wärmste London-Marathon gewesen ist. „ Der Asphalt kochte und dampfte“, schrieb ich.

Deshalb war es auch keine Überraschung, daß ich, der ich zu wenig trainiert hatte und außerdem kein Hitzeläufer war und bin, am Ende froh war, das Ziel erreicht zu haben:

London-Marathon Buckingham

London 1996 Grau im Ziel

Peter Grau 1996 bei Hitze im Ziel

 

2018 wiederholt sich die Hitzeschlacht

Und nun, in diesem Jahr 2018, erwischte es die rund 40.000 Teilnehmer wieder. Wieder war es zu heiß, sowohl für die Spitzenleute als auch noch mehr für die breite Masse.  Hitze und Marathon, das verträgt sich nicht so gut (Ausnahmen bestätigen die Regel. Mein Freund Roland Winkler mochte beispielsweise immer die Hitze, fühlte sich da pudelwohl).

Mit hohen Zielen waren die Frauen und Männer angetreten, wollten möglichst die bestehenden Weltrekorde angreifen. Mary Keitany (Kenia), die im Vorjahr im reinen Frauenlauf gewann, aber den Weltrekord von Paula Radcliffe aus dem Jahr 2003 ( 2:15:25) verfehlte, wünschte sich diesmal männliche Schrittmacher. Dem Wunsch wurde vom Veranstalter stattgegeben, und Keitany spannte sich gemeinsam mit  Tirunesh Dibaba eine Zeit lang hinter die auf Weltrekord-Tempo beginnenden „Hasen“.  Doch die beiden Frauen mußten später dafür büßen.  Dibaba kam nicht ins Ziel, Keitany schleppte sich als Fünfte in Ziel.

Am klügsten eingeteilt hatte sich Vivian Cheruiyot (Kenia) den Lauf , und sie durfte sich am Ende über den Sieg in 2:18:31 h freuen.

Cheruiyot im Ziel London 2018

Vivian Cheruiyot im Ziel (Foto: Virgin Money London Marathon)

 

Bei den Männern  triumphierte der gegenwärtig weltbeste Marathonläufer Eliud Kipchoge (Kenia) in 2:04:27 h.

Kipchoge auf dem Weg zum Sieg in London 2018

Eliud Kipchoge auf dem Weg zum Sieg (Foto: Virgin Money London Marathon)

Er gewann damit nach 2015 und 2016 zum dritten Mal in London, doch der Weltrekord seines Landesmannes Dennis Kimetto (mit 2:02:57 in Berlin 2014 aufgestellt) blieb vor allem wegen der Hitze unerreichbar. Vielleicht versucht es Kipchoge im Herbst im weltrekordträchtigen Berlin erneut?

Mehr über die  beiden Marathons ist bei Runner`s World nachzulesen:

London-Marathon: https://www.runnersworld.de/marathon/eliud-kipchoge-und-vivian-cheruiyot-gewinnen-london-marathon.550624.htm

Wien Marathon: https://www.runnersworld.de/marathon/salaheddine-bounasser-ueberrascht-bei-heissem-wien-marathon.550626.htm

Weltjahresbestzeit und Streckenrekord beim Berliner Halbmarathon 2018

Berliner Halbmarathon 2018 Kiptanui
Erick Kiptanui (Kenia) siegt in 58:42 min beim Berliner Halbmarathon (Foto: SCC Events/Camera 4)
  Erick Kiptanui überraschte beim 38. Berliner Halbmarathon am 8. April 2018 mit einem Streckenrekord: Der Kenianer gewann das Rennen mit der Weltklassezeit von 58:42 Minuten und stellte damit auch die Jahresweltbestzeit ein. Der kenianische Newcomer, der am Sonntag erst sein drittes Rennen in Europa lief und dabei seinen dritten Sieg feierte, erzielte auf der schnellen Strecke die fünftbeste je gelaufene Zeit weltweit und verpasste den Weltrekord um lediglich 19 Sekunden.

In dem von Kenianern dominierten Rennen belegten Kiptanuis Landsleute Emmanuel Kiprono und Richard Mengich in 60:29 beziehungsweise 60:36 die Ränge zwei und drei. Bester deutscher Läufer war Homiyu Tesfaye (Eintracht Frankfurt), der als Achter eine Zeit von 62:13 erreichte.

38. Berliner Halbmarathon

Homiyu Tesfaye (links) im Ziel des Halbmarathons (Foto: SCC Events/Petko Beier  http://pebe-sport.de )

38. Berliner Halbmarathon

Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg) gelang als 13. mit 63:14 eine persönliche Bestzeit (Foto: SCC Events/Petko Beier  http://pebe-sport.de )

Berliner Halbmarathon 2018 Kejeta

Melat Kejeta im Ziel (Foto: SCC Events/Petko Beier    http://pebe-sport.de)

Schnellste Frau war die für Grün-Weiß Kassel startende Äthiopierin Melat Kejeta mit 69:04 Minuten. Als Zweite lief die Schweizerin Martina Strähl in 69:29 Schweizer Rekord, Rang drei belegte Anne-Mari Hyryläinen (Finnland) mit 71:04. Die 3.000-m-Hindernis-Europameisterin Gesa-Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) kam im zweiten Versuch erstmals ins Ziel eines Halbmarathons und stellte mit 72:16 eine deutsche Jahresbestzeit auf. Siebente wurde Katharina Heinig (Eintracht Frankfurt), die mit 72:44 eine persönliche Bestzeit erreichte.

Für die 38. Auflage des einzigen deutschen Halbmarathons mit internationaler Strahlkraft hatten 36.000 Athleten gemeldet. Dies ist eine Rekordzahl für das Rennen, bei dem rund 250.000 Zuschauer an den Strecke standen.

Bereits auf den ersten Kilometern hatten Erick Kiptanui und sein Landsmann Vincent Kipchumba, der als Tempomacher fungierte, einen deutlichen Vorsprung herausgelaufen. Mit Rückenwind erreichten sie die 10-km-Marke in superschnellen 27:32 Minuten – eine Zwischenzeit, die bei gleichbleibendem Tempo ausgereicht hätte, um den Weltrekord von 58:23 Minuten zu unterbieten. „Es war mein Plan, so schnell zu laufen. Denn ich wusste, dass Berlin eine flache Strecke hat“, sagte Erick Kiptanui, der vom renommierten italienischen Coach Renato Canova trainiert wird. Nachdem Kipchumba zwischen Kilometer 12 und 13 aus dem Rennen gegangen war und nun Gegenwind herrschte, konnte Kiptanui das Tempo nicht mehr ganz halten. Doch er zeigte eindrucksvoll, dass er das Vermögen hat, zum nächsten kenianischen Top-Marathonläufer zu werden. „Ich werde auf jeden Fall auf der Straße weiter laufen und plane auch ein Marathon-Debüt“, sagte Erick Kiptanui, der sich in früheren Jahren zunächst als 1.500-m-Läufer versucht hatte.

Für Homiyu Tesfaye lief es in Berlin nicht ganz so gut wie erhofft. Den avisierten deutschen Rekord von 60:34 Minuten verpasste der 24-Jährige deutlich. Mit 62:13 Minuten lief er aber trotzdem eine ordentliche Zeit. „Ich konnte heute leider nicht meine Trainingsleistungen umsetzen“, sagte Homiyu Tesfaye, den zuletzt auch eine Erkältung behindert hatte. „Aber insgesamt bin ich zufrieden, es ist schließlich meine zweitbeste Halbmarathonzeit. Und ich werde auch in der Zukunft weiter Halbmarathon laufen.“

Zu einem ungefährdeten Start-Ziel-Sieg bei den Frauen lief Melat Kejeta mit 69:04 Minuten. „Nach zehn Kilometern habe ich mich nicht mehr so gut gefühlt, denn ich bin etwas erkältet, und zudem hatten wir dann Gegenwind“, sagte die seit gut vier Jahren in Kassel lebende Äthiopierin. Sie hat die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt und hofft, mittelfristig für Deutschland starten zu können.

38. Berliner Halbmarathon

Gesa Felicitas Krause und Katharina Hennig im Ziel (Foto: SCC Events /Petko Beier   http://pebe-sport.de)
Ein gleichmäßiges, solides Rennen lief Gesa Krause, die auf Platz fünf als beste deutsche Läuferin ins Ziel kam. Vor gut einem Jahr war sie bei ihrem ersten Halbmarathon-Versuch in Ras Al Khaimah (Vereinigte Arabische Emirate) nicht ins Ziel gekommen. „Ich bin heute gut ins Rennen gekommen, und es hat Spaß gemacht. Aber das ist natürlich nach wie vor Neuland für mich“, sagte Gesa Krause, die sich nun wieder auf die 3.000-m-Hindernisstrecke konzentrieren wird. In Berlin will sie im Sommer ihren Europameisterschafts-Titel verteidigen. „Aber es ist durchaus möglich, dass ich wieder zum Berliner Halbmarathon zurückkommen werde“, sagte Gesa Krause, die gut die Hälfte der Strecke gemeinsam mit Katharina Heinig (Eintracht Frankfurt) lief. Ihre Trainingspartnerin wurde am Ende Siebte. „Ich bin zufrieden mit meiner Bestzeit, aber es lief nicht so richtig rund. Eigentlich ist es mein Anspruch, eine 70-Minuten-Zeit zu erreichen“, sagte Katharina Heinig, die Tochter der früheren Marathon-Weltklasseläuferin Kathrin Dörre-Heinig.

Der ehemalige Fußball-Profi Hans Sarpei kam nach 2:06:52 Stunden ins Ziel und war zufrieden mit seiner Leistung in seinem ersten Lauf über eine derart lange Strecke.“Viele haben mich angefeuert, meinen Namen gerufen und Fotos gemacht. Das hat mich echt gepusht, das war schön.“

(Quelle:  Presssemitteilung SCC Events)

 

 

Zwei Bücherfreunde treffen sich in Berlin

Warum habe ich mich kürzlich mit meinem Wiener Kollegen und Freund Olaf Brockmann gerade im Dussmann-Kulturkaufhaus in der Berliner Friedrichstraße getroffen?

Duss einunddreißig

Es bot sich einfach an. Einerseits wollten wir Ruhe zu einem ausführlichen Gespräch haben. Andererseits bin ich seit eh und je ein Bücherfreund. Schon als Jugendlicher war ich Stammkunde in der Erfurter Stadtbibliothek, und diese Leidenschaft hat sich bis heute erhalten.

Und Olaf sprudelt gleich los: „Bücher sind meine große Liebe. Ich bin von Kind an ein Lesemensch gewesen. Das habe ich auch meinen beiden Töchtern mitgegeben, sie sind mit Büchern aufgewachsen. Wir haben in unserer Wohnung in Wien einen Bestand von circa 8000 Büchern.“

Da haben sich also Brüder gleichen Geistes gefunden.

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Olaf Brockmann (rechts) und Peter Grau

Metro neunundvierzig

Einstein neu Olaf zwei Einstein sechszehn

Olaf Brockmann 2018 im Dussmann-Kaufhaus

 

Ein wenig Symbolik liegt über unserem Treffen. Olaf ist in Rostock geboren, ich in Erfurt. Wir treffen uns also gewissermaßen auf halbem Wege, eben in Berlin. Unsere Wege könnten aber unterschiedlicher nicht ausgefallen sein. Das wird mir bewußt, als ich mir in den nächsten zwei Stunden von Olaf einiges aus seinem Leben erzählen lasse.

Und weil später dem Ganzen auch noch Fotos hinzugefügt werden, ein Tip: Wenn man die Bilder anklickt und sie dann auf dem Computer betrachtet, entfalten sie ihre ganze Pracht!

Von Rostock nach Düsseldorf

„Geboren bin ich am 13. März 1953 in Rostock, wo meine Eltern lebten“, erzählt mir Olaf. „Meine Mutter (Jahrgang 1917) kommt ursprünglich aus Neu Gaarz, einer Gemeinde 80 km südlich von Rostock. Sie stammt aus einer berühmten jüdischen Familie, die auch auf Felix Mendelssohn Bartholdy zurückgeht. Mit diesem Komponisten, Pianisten und Organisten bin ich damit auch entfernt verwandt. In der Weltwirtschaftskrise 1929 ging das Gut, auf dem meine Mutter lebte, verloren. Mein Vater (Jahrgang 1908) kommt ursprünglich aus Wismar. Später sind beide dann nach Rostock gekommen.

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Das Gut Neu Gaarz heute

 

Mein Vater war Kunstmaler

In Rostock lebte ich nur wenige Wochen. Schon im April 1953 sind wir in den Westen geflüchtet. Warum? Mein Vater war Kunstmaler. Er wurde Anfang der 50er Jahre zur Auftragsmalerei gezwungen, mußte Lokomotiven, Busse, Schiffe malen. Das behagte ihm nicht. Doch der eigentliche Grund für die Flucht lag tiefer. Mein Vater war gegen das herrschende System in der SBZ/DDR eingestellt und hat diese seine Meinung auch öffentlich kundgetan. Doch scheinbar ist er über das Ziel hinausgeschossen, hat sich zu weit vorgewagt. Es kamen dann auch eines Tages zwei suspekte Männer zu uns nach Hause in die Lessingstraße.

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 Lessingstraße (im Jahr 2018)

Mein Vater wurde aber rechtzeitig gewarnt, sodaß sie ihn nicht antrafen.

Ein zweiter Grund war, daß meine Mutter, die zunächst Sekretärin beim Oberbürgermeister in Rostock und später bei einem Universitätsprofessor war, aufgefordert wurde, Spitzeldienste zu leisten und sie das ablehnte.

Jedenfalls ist unsere Familie zwei Tage nach dem ominösen Besuch der beiden suspekten Männer vom Osten in die Bundesrepublik Deutschland geflohen und kam über Ostberlin und Westberlin nach Sonthofen in ein Flüchtlingslager.

Was sich so in einem Satz daher sagt, war allerdings besonders für meinen Vater sehr schwer, denn er mußte alles zurücklassen, was seine berufliche Tätigkeit ausmachte: alle Mal-Utensilien und alle Gemälde.

Mit 19 Jahren zu den Spielen nach München

Schließlich sind wir also in der Nähe von Düsseldorf gelandet. Ich bin in Erkrath aufgewachsen. Und dort habe ich leidenschaftlich Tischtennis gespielt. Schon recht früh, mit 14, 15 Jahren, kam bei mir der Wunsch auf, Sportjournalist zu werden. Ich bekam dann auch einen Termin bei Alfons Gerz, der im September 1945 den Sport-Informations-Dienst (SID) gegründet hat und ihm danach viele Jahre als Chefredakteur ein Gesicht gab. Gerz gestattete mir, an Wochenenden beim SID zu arbeiten. Ich fing also mit Telefondienst, Ergebnisdienst der Bundesliga und kleinen Meldungen an.

Ein einschneidendes Erlebnis für mich war, daß ich schon mit 19 Jahren im Jahr 1972 nach München zu den Olympischen Sommerspielen fahren durfte. Dort fing ich, der ich ja eigentlich vom Tischtennis kam, für die Leichtathletik Feuer. Ich sagte mir: Das will ich meinen Lebtag sehen und als Journalist machen! Eben die Leichtathletik bei Olympia und alle Großveranstaltungen der Leichtathletik. Aber damals konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß es nunmehr (Stand April 2018) schon 11 Olympische Sommerspiele, 16 Freiluft-Weltmeisterschaften und 17 Hallen-Weltmeisterschaften, also alle (!) Weltmeisterschaften Freiluft und Halle, werden sollten.

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Am Schreibtisch beim SID 1977 (in der Redaktion in Neuss)

 

Morgendliche Vorlesungen durch Heinz Vogel

In den Anfangsjahren beim SID hatten viele Kollegen einen positiven Einfluß auf mich, aber einen möchte ich besonders hervorheben: Heinz Vogel! Er war gewissermaßen mein Ziehvater, hat mir immer geholfen, zunächst bis zu seinem Weggang im Jahr 1974. Es hatte sich bis dahin ein Vater-Sohn-Verhältnis entwickelt, ich habe ihn sehr gemocht und er mochte mich auch. Auch nach seinem Weggang vom SID durfte ich ihn vier- bis fünfmal in der Woche morgens gegen 9 Uhr anrufen und dann hat er über eine aktuelle Leistung, über einen aktuellen Rekord doziert. Und er schlug oft die Brücke von 1896 bis in die 70er-Jahre. Die Gespräche dauerten dann im Minimum immer eine halbe Stunde. Aber da habe ich unglaublich viel gelernt. Es war auch notwendig, denn beim SID mußte ich die Zahlen wirklich parat haben, mußte immer sofort wissen, wie die Leistungen einzuschätzen sind.

Auch später saß Heinz Vogel auf der Pressetribüne neben mir, half mir, die Ergebnisse einzuordnen. Sei es nun bei den großen Meisterschaften, den Meetings wie in Zürich (wo ich seit 1975 ununterbrochen alle Meetings gesehen habe) oder etwa beim Europacup 1977 in Helsinki, wo sich die bundesdeutschen Männer als Gesamt-Team für den Weltcup in Düsseldorf qualifiziert hatten.

Von 1974 bis 1983 war ich also fix beim SID angestellt, mit den Schwerpunkten Leichtathletik und Tischtennis, damals habe ich schon in diesen beiden Sportarten alle Großveranstaltungen in der ganzen Welt gesehen. Bald war ich auch immer häufiger „Chef vom Dienst“. Vor der SID-Zeit war ich von 1972 bis 1974 bei der Bundeswehr, wo ich in einer Fernmelde-Kompanie Leutnant der Reserve wurde.

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Im Pressezentrum der Tischtennis-WM in Kalkutta 1975

 

Auf dem Weg nach Wien

Und mein Weg nach Wien? Der hat eine Vorgeschichte. Es beginnt im Herbst 1975. Ich war zwar für die Olympischen Spiele 1976 in Montreal akkreditiert. Aber dann meinte der Chef des SID, Alfons Gerz, daß diese Spiele in Übersee noch zu früh für mich kommen. Da war ich natürlich sehr enttäuscht, aber ich sagte mir sofort, daß ich nun aber unbedingt 1980 nach Moskau zu den Olympischen Spielen wolle. Unmittelbar nach dieser Sitzung im Oktober 1975 bin ich zu Herrn Gerz gegangen und habe ihm gesagt: „Ich möchte gern Russisch lernen.“ Alfons Gerz sagte, daß er mir den Privatunterricht bezahlen würde. Er wußte natürlich, warum ich das machen wollte. Dann habe ich insgesamt sieben Jahre lang Privatunterricht in Russisch gehabt. Später sogar noch bei demselben Lehrer, dem ich mein ganzes Leben dankbar bin, Latein, als ich parallel zum Beruf studierte. Das war mein Weg zu den Olympischen Spielen in Moskau.

Nach Moskau habe ich gesagt: Ich will das Russisch nicht aufgeben, sondern studiere nebenher noch in Düsseldorf russische Geschichte. Und dann habe ich bei Lew Kopelew in Wuppertal ein Forschungsseminar absolviert. Lew Kopelew war ein russischer Germanist, Schriftsteller und Humanist, der wegen seiner politischen Haltung als Dissident aus der Sowjetunion ausgewiesen wurde. Bei Kopelew schrieb ich eine Arbeit über den berühmten Reisebericht von Sigismund von Herberstein („Rerum Mocsovoticarum Commentarii“ von 1549) mit dem Titel: Herbersteins Charakteristik des russischen Volkes nach Sitten, Gebräuchen und geistigem Leben“. Kopelew fand die Arbeit „sehr gut“ und sagte zu mir: „Mit diesem Thema müssen Sie unbedingt zum Professor Leitsch nach Wien.“ Da habe ich Hals über Kopf beim SID gekündigt und ging an die Uni nach Wien zu Walter Leitsch, von 1965 bis 1996 ordentlicher Professor für Geschichte am Institut für Osteuropäische Geschichte der Wiener Universität.

Zu Professor Leitsch habe ich gesagt: „Lew Kopelew schickt mich zu Ihnen.“ Worauf Walter Leitsch antwortete: „Dann komm`s rein!“ Daraus wurde ein sehr gutes, freundschaftliches Verhältnis. Er hat mich immer gemocht und mochte vor allem meinen Fleiß. Bei den Seminararbeiten hat Leitsch oft zu mir gesagt: „Typisch deutsch. Sie sind ein deutscher Fleißbold!“

Ich habe also osteuropäische Geschichte mit Schwerpunkt russische Geschichte studiert und im Nebenfach deutsche Geschichte. Angefangen hatte ich damit in Düsseldorf (vier Semester) und abgeschlossen 1988 als Magister in Wien.

Ursprünglich wollte ich zu Prof. Leitsch, um weiter über Herberstein zu forschen. Schließlich habe ich meine Magisterarbeit aber über einen Gesandten namens Johann Georg Korb geschrieben, der 1698/1699 am Hof von Peter dem Großen lebte. Korb hat einen berühmten Reisebericht über Moskau („Diarium Itineris in Moscoviam“) geschrieben. Diesen Bericht habe ich im Vergleich mit anderen ungedruckten, zeitgenössischen Quellen auf den Wahrheitsgehalt geprüft. Einer der interessanten Aspekte der Arbeit ist der Bericht von Korb, nach dem Peter der Große Strelizen eigenhändig hingerichtet haben soll. Korb ist dafür die einzige Quelle. Mir erscheinen seine Informationen glaubwürdig. Meine Magisterarbeit wurde mit großer Hilfe von Leitsch auch in den Jahrbüchern für Geschichte Osteuropas veröffentlicht:

Olaf Brockmann: Der Bruch Peters des Großen mit Alt-Moskau: Korbs Diarium und Diplomatenberichte aus Moskau zu den Ereignissen der Jahre 1698 und 1699, In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas, Neue Folge, Bd. 38. H. 4 (1990), Seiten 481 bis 503, Franz Steiner Verlag.

Leitsch fragte mich, ob ich noch promovieren wolle. Doch dies war mit meiner Familie und meiner Tätigkeit bei der „Kronen Zeitung“ zeitlich nicht mehr vereinbar.

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 Verleihung des akademischen Grades des Magisters der Philosophie im Jahr 1988 an der  Uni Wien

 

Ein paar Sekunden bis zum Ja-Wort

Spätestens jetzt ist es auch Zeit, etwas über meine Familie zu sagen.

Meine Frau Zita habe ich im Mai 1985 kennengelernt. Sie war damals als Stewardeß auf dem ungarischen Schiff „Rákóczi“ tätig, das eine Dreiländerfahrt durch Österreich, die Slowakei und Ungarn machte. Wie es der Zufall wollte, war ich als Passagier auf diesem Schiff, lernte dort für eine Philosophieprüfung über die deutsch-amerikanische politische Theoretikerin und Publizistin Hannah Arendt und eines ihrer philosophischen Hauptwerke, die „Vita activa oder Vom tätigen Leben“.

Weil mir die Musik beim Lesen zu laut war, bat ich die Stewardeß, die Musik leiser zu stellen. So kamen wir ins Gespräch. Einen Tag später lud ich sie zum Essen ein, eine Woche später zu „Fidelio“ in die Wiener Staatsoper. Danach fragte ich sie, ob wir nicht heiraten wollten. Zita hat nur ein paar Sekunden überlegt, ehe sie „Ja“ sagte. Nur neun Wochen später haben wir in Ungarn geheiratet, in Bugyi in der Nähe von Budapest:

Krone Hochzeit

Meine Frau hat in Budapest noch den Uni-Abschluß gemacht (Russisch und Deutsch) und ist dann endgültig nach Wien gekommen. Jetzt haben wir zwei große Töchter, Sophie ist 31 Jahre und Evelyn 28 Jahre alt. Sie haben beide in England studiert. Sophie hat in Cambridge in History of Science (Wissenschaftsgeschichte) über Guatemala promoviert. Sie unterrichtet in Leicester, lebt in London. Evelyn hat Kunstgeschichte studiert und war lange Zeit als Museumspädagogin im größten Museum Budapests angestellt. Jetzt arbeitet sie mit großer Leidenschaft bei der UNO-Flüchtlingshilfe in deren Dependance in Budapest. Doch auch die Kunstgeschichte betreibt sie weiter.

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Die MS Rákóczi, auf der ich Zita kennenlernte

 

Ein Leben als Sportjournalist

Mir ist Olaf Brockmann allein als Sportjournalist bekannt geworden. Da verblüfft es mich, als er erzählt: „Einmal wäre ich fast ganz in die Außenpolitik gegangen. Das passierte bei der Zeitung „Die Presse“. Dort war ich, als ich nach Wien gezogen war und nebenher studiert hatte, als Pauschalist in der Sportredaktion tätig. Ich schrieb aber schon gelegentlich auch über historische und aktuell politische Themen. Nach Gesprächen mit dem Herausgeber und dem Chefredakteur wechselte ich in die Außenpolitik, kam aber mit dem Chef der Außenpolitik nicht klar. Deshalb ging ich zum Sport zurück und durfte quasi zur Belohnung gleich einen Riesenbericht über den Dreisprung-Weltrekord von Willie Banks mit 17,97 m (16. Juni 1985) schreiben. Im Februar 1986 aber wechselte ich zur „Kronen Zeitung“, die fortan meine berufliche Heimat wurde. Und dort war ich wieder ausschließlich Sportjournalist. Meine drei Haupt-Sportarten als Journalist waren Leichtathletik, Schwimmen und Tischtennis, also alles Sommersportarten. Daneben berichtete ich auch etwa über Fechten, Judo, Reiten, Rudern, Tennis oder Rhythmische Sportgymnastik.

Vielleicht etwas ungewöhnlich in Österreich, wo der Wintersport solch eine große Rolle spielt. Aber ich war und bin Deutscher, eben kein Österreicher, sondern ein Zugereister. Aber so habe in meiner Karriere als Sportjournalist doch von circa 270 Europa- und Weltmeisterschaften berichten können.“

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Auf der Pressetribüne bei der Leichtathletik-WM in Athen 1997

 

Abschied von der „Kronen Zeitung“

Warum aber hat sich Olaf Brockmann nun von der „Kronen Zeitung“ verabschiedet?

In den letzten Jahren hatte er nicht nur als Festangestellter bei der „Krone“ gearbeitet, sondern war auch ehrenamtlich in der Pressekommission des Leichtathletik-Weltverbandes (IAAF) tätig.

„Das wurde mir dann einfach zu viel, von Mai bis September war ich nur unterwegs“, blickt Olaf Brockmann zurück. „Das Pensionsalter liegt in Österreich bei 65 Jahren. Ich habe immer gesagt, daß ich noch bis zu den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro bei der „Krone“ arbeiten werde. Das habe ich dann auch wahrgemacht, bin am 1. April 2017 in die Frühpension gegangen und wurde zuvor schon im Februar in der Redaktion mit einer tollen Überraschungsfeier sehr nett verabschiedet.“

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Überraschungsfest zum Abschied in der „Kronen Zeitung“ (Foto: Wolfgang Hänlein)

 

Für die IAAF auf Reisen

„Das bedeutet aber nun für mich beileibe kein ruhiges Leben. 2017 war ich beispielsweise für die IAAF u.a. dreimal in Kenia, einmal in Uganda, in China, in Doha und in vielen europäischen Ländern.

Meine ehrenamtlichen Tätigkeiten in der IAAF sind vor allem zwei Bereiche. Seit 2007 war ich immer Presse-Delegierter bei allen Jugend- und Junioren-Weltmeisterschaften. Die Jugend-WM (jetzt U-18-WM) wurde ja leider nach der sensationellen Auflage 2017 in Nairobi eingestellt.  Dafür bleibt die U-20-WM (früher Junioren-WM) wie in diesem Sommer in Tampere. Weiter bin ich Presse-Delegierter bei den 14 Meetings der Diamond League, überwache und helfe mit, daß die Bedingungen für die Medien dort okay sind, sprich Pressehotel, Pressezentrum, Pressetribüne, Pressekonferenzen oder Internet… Das macht mir mittlerweile fast mehr Spaß, als selbst zu schreiben.“

Impressionen aus einem Sportjournalisten-Leben

Ging es bisher in unserem Gespräch im Berliner Kultur-Kaufhaus Dussmann vorrangig um den Lebensweg von Olaf Brockmann, bekomme ich nun einen Einblick in das, was er bisher erlebt hat.

Buda Olaf und Spitz

Wiedersehen mit dem US-Schwimmer Mark Spitz

Bolt Ostrava 2017 siebzehn Olaf und Usain

Treff mit Usain Bolt

 

Wenn man von 1972 bis jetzt alle Großen des Sports (zumindest in Leichtathletik. Schwimmen und Tischtennis) kennengelernt hat, von Mark Spitz bis Michael Phelps, von Carl Lewis bis Usain Bolt und gar bei Haile Gebrselassie oder Tegla Loroupe zu Hause eingeladen war, dann kann einer wie Olaf Brockmann stundenlang erzählen. Gut, daß wir uns die Zeit für eine weitere Plauderstunde nehmen und noch besser, daß das Ganze nicht eine vorgegebene Länge haben muß, denn: Meine Homepage und damit auch die Rubrik von Olaf Brockmann kann sehr viel fassen! 

Wo aber anfangen, wo aufhören? Es muß bei Episoden bleiben!

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Bei Haile Gebrselassie daheim in Addis Abeba in seiner Villa

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 Bei Tegla Loroupe daheim in Kapenguria zum Dinner

 

Als Mao Tse Tung 1976 in China starb

„Ein Jahrhunderterlebnis war für mich 1976 das Tischtennisturnier in Shanghai in China. Gerade zu diesem Zeitpunkt, am 9. September 1976, starb der Staatsführer Mao Tse Tung. Deshalb wurde das Turnier um zehn Tage verschoben. Wir waren insgesamt drei Wochen in China, auch in Peking, was so nicht geplant war. Jedenfalls habe ich all die Trauerfeierlichkeiten für Mao direkt mitbekommen. Und auch als junger Journalist erlebt, wie schwierig es damals war, Berichte aus dem abgeriegelten China in die Heimat zu übermitteln. Die Telefonleitungen im Hotel waren geblockt. Aber am Ende hatte ich großes Glück, daß ich über Telex einen Reuters-Kollegen in Hongkong erreichte und dieser netterweise meine Berichte nach Düsseldorf übermittelte.“

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Trauerfeierlichkeiten für Mao Tse Tung in Shanghai 1976 (Brockmann Dritter von rechts)

 

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Trauerfeierlichkeiten für Mao Tse Tung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking 1976

 

Mit der Räuberleiter den Weltrekord gemeldet

„Die wohl spannendsten Geschichten erlebte ich immer in Moskau, in Leningrad, halt in der gesamten UdSSR. Rund 35 Mal weilte ich bis heute in der UdSSR bzw. Rußland, bin ja auch 1978 mit der Transsibirischen Eisenbahn gefahren.

1980 war ich also für vier Monate Olympia-Korrespondent für den SID. Damals bin mit dem Auto über Finnland, Karelien, Leningrad (heute St. Petersburg) und Kalinin (Twer) nach Moskau gefahren. Bei den sowjetischen Meisterschaften, die vor den Olympischen Spielen stattfanden, war der Presseraum für die westlichen Medien gesperrt. Sie hatten nicht damit gerechnet, daß jemand aus dem Westen dabei ist. Ich aber kannte den Presseraum im Lenin-Stadion von der Spartakiade 1979 und wollte natürlich auch aktuell arbeiten, zumal Olga Kuragina einen Fünfkampf-Weltrekord mit 4856 Punkten aufstellte! Diesen Weltrekord wollte ich so schnell wie möglich nach Düsseldorf „verkaufen“. Aber ohne Telefon, ohne Telex? Die Rettung kam durch einen Kollegen der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS. So wahr ich hier sitze, hat der mir mit seinen Händen eine Räuberleiter gehalten, hat mich nach oben gehievt. Ich wußte, daß in einem oberen Stockwerk die Telex-Räume waren. Der Raum mit dem Telex mit einer deutschen Tastatur aber war abgesperrt. Ein anderer Raum mit einem Telex mit russischer Tastatur aber nicht, den habe ich dann benutzt. Da ich Russisch konnte, wußte ich: Das russische K ist im deutsche auch das K, das y ist u, p ist das r… dann habe ich auf dem Telex also Düsseldorf angewählt und kurz die wichtigsten Informationen (Name, Punktzahl) hineingeschrieben: Kuragina 4856. Dort in Düsseldorf war Peter Abrahams Chef vom Dienst und der fragte lapidar zurück: Wer ist denn da? Was soll das denn? Ich schrieb: Olaf. Und dazu noch ein „WR“, also die Abkürzung für einen Weltrekord. Er hat mich weiter nach Einzelheiten zum Weltrekord ausgefragt und dann einen tollen Bericht geschrieben. So konnte der SID als erste Nachrichtenagentur diesen Weltrekord in der westlichen Welt vermelden.

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Mit dem Auto bis zum Roten Platz in Moskau

 

Staatsbesuch von Helmut Schmidt bei Breschnjew

Viele, viele Erfahrungen habe ich während meiner Zeit als Olympiakorrespondent in Moskau gemacht. Ein Highlight war aber auch abseits des Sports, als ich hautnah dabei war, wie am 30. Juni der deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt zum Staatsbesuch in die Sowjetunion einflog und auf dem Militärflughafen Scheremetjewo von Leonid Breschnjew empfangen wurde. Viele westliche Länder, wie auch die Bundesrepublik Deutschland, hatten die Olympischen Spiele in Moskau wegen des Einmarsches der UdSSR Ende Dezember 1979 in Afghanistan boykottiert. Der Staatsbesuch von Helmut Schmidt in der UdSSR war natürlich eine politische Sensation. Dank der Hilfe des damaligen Korrespondenten der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Leo Wieland, und des deutschen Press Attaché in Moskau wurde ich für Schmidts Staatsbesuch in der UdSSR akkreditiert und konnte für den SID vom Empfang in Scheremetjewo und von der Schmidt-Pressekonferenz am folgenden Tag im Hotel National berichten, auch wenn der Boykott der westlichen Länder bei den Spielen angesichts der brisanten politischen Weltlage nur eine Randnotiz war.

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Hautnah beim Staatsbesuch von Bundeskanzler Helmut Schmidt bei Leonid Breschnjew dabei

 

Der Geheimdienst hört mit

In Kiew fanden in jenem Sommer 1980, als ich Olympia-Korrespondent war, auch die sowjetischen Schwimm-Meisterschaften statt. Ich verabredete ein Telefon-Interview für den Abschlußtag der Meisterschaften mit dem Cheftrainer der sowjetischen Schwimmer, Sergej Waizechowski, den ich schon gut kannte. Er konnte blendend deutsch, hatte es, wenn ich mich recht erinnere, bei einem Studien-Aufenthalt in Berlin gelernt. Ich erreichte Waizechowski telefonisch in Kiew von meinem Zimmer im Moskauer Hotel Cosmos. Wir haben uns lange unterhalten. Schließlich redete ich, als 27-jähriger, unvernünftiger Bub, irgendwann auch über Afghanistan, das die Sowjets seit Dezember 1979 besetzt hatten. In dem Moment, als ich das Wort „Afghanistan“ fallen ließ, platzte eine Stimme in unser Telefongespräch: Bitte beenden sie sofort das Gespräch. Sogleich wurde die Leitung abgeklemmt. Der Geheimdienst hörte immer mit.

Vier kaputte Telefonklingeln

1981 fand in Leningrad erstmals nach dem Olympia-Boykott von 1980 wieder ein Leichtathletik-Wettkampf UdSSR gegen die Bundesrepublik Deutschland statt und zwar im Mehrkampf Mitte Juni in Leningrad. Über den bereits erwähnten FAZ-Kollegen Leo Wieland habe ich die Telefonnummern vom Pressezentrum aus Leningrad nach Düsseldorf in die SID-Zentrale gegeben. Denen habe ich über Leo Wieland sagen lassen: Ruft mich 18 Uhr nach meiner Zeit an und dann gebe ich euch den Bericht durch. Ich aber wartete nach dem Wettkampf (Sabine Everts und Jürgen Hingsen waren damals die Einzelsieger) vergebens, kein Telefon klingelte. Und dann habe ich wie in einem Reflex einfach mal einen Hörer abgenommen und hatte urplötzlich Düsseldorf am Apparat. Und die Dame von der Telefonzentrale sagte mir: „Wir versuchen seit einer halben Stunde, dich zu erreichen, aber du hast ja nicht abgehoben.“ Kurzum, an allen vier Telefonen war die Klingel kaputt. Deshalb konnte es nicht klingeln.

Die „Krone“ sprach mit einem Toten

„Ein Exklusiv-Interview der wirklich außergewöhnlichen Art hatte ich mit dem russischen Hochsprung-Olympiasieger Waleri Brumel. Den hatten 1990 deutschsprachige Agenturen in ihren Meldungen bereits sterben lassen. Wie sich herausstellte, war dies eine klassische Falschmeldung. Damals war ich gerade beim Höhen-Leichtathletik-Meeting in Sestrière. Von dort rief ich aus dem Pressezentrum Brumels Frau in Moskau an. Durch mein Studium konnte ich ja Russisch. Sie hat mir nur verblüfft gesagt, daß Waleri lebt und ob ich Waleri sprechen wollte. Na klar! Dann habe ich ihn, den Totgesagten, ausführlich interviewt. Ein Klassiker für den Boulevard auf der Seite 1: Wir sprachen mit einem „Toten“. Verstorben ist Brumel dann erst im Jahr 2003.“

Krone sechszehn

Seite 1 der „Kronen Zeitung“: Wir sprachen mit einem „Toten“

 

Viele Weltrekorde von Sebastian Coe miterlebt

Als Sebastian Coe als Mittelstreckler aktiv war, habe ich natürlich seine beiden Olympiasiege (Moskau 1980 und Los Angeles 1984) und viele seiner Weltrekorde gesehen. So auch seine beiden Weltrekorde in Zürich 1979 (1500 m) und 1981 (Meile), beide Rekorde an unvergeßlichen Abenden in Zürich. Heute kann ich sagen, daß ich mit Seb Coe befreundet bin, bis heute, wo er IAAF-Präsident ist. Er war ja sogar eine Zeitlang Vorsitzender unserer Pressekommission und unterstützte mich bei meinen Tätigkeiten in der IAAF, auch das ist für mich ein Anreiz, in der Pension weiter für die IAAF ehrenamtlich zu arbeiten. So war ich auch stolz, daß gerade Seb Coe mich im Vorjahr in London dafür ehrte, daß ich bisher von allen Leichtathletik-Weltmeisterschaften als Journalist berichtet habe.

Krone siebzehn

Akkreditierung für den „SID“ in Zürich 1981, wo Sebastian  Coe einen Meilen-Weltrekord lief.

Krone achtzehn zwei

Ehrung für die Berichterstattung von allen Leichtathletik-Weltmeisterschaften durch Sebastian Coe in London 2017

 

Im Clinch mit Alberto Juantorena

„Meine Lieblingsgeschichte aber ist meine erste Begegnung mit dem kubanischen Mittelstreckler Alberto Juantorena. Ich war 1977 beim Weltcup in Düsseldorf im Innenraum für die Flashinterviews eingesetzt. Juantorena hatte den Startschuß zum 400-m-Lauf nicht gehört und ist deshalb hinterhergelaufen. Als er ins Ziel kam, war er unglaublich verärgert. Er hat wohl gedacht, daß ich der Starter gewesen bin, und drohte mir wild mit der Faust, als wollte er mich verprügeln. Dieses Bild ging um die Welt, war selbst in der „Sports Illustrated“. Es war für mich schon ein arges Gefühl, dem großen Juantorena so gegenüberzustehen. Aber ich blieb cool, ich wußte schon, daß er nicht schlagen würde.

Juantorena, der Doppel-Olympiasieger und Weltrekordler, hatte am Vortag beim Weltcup das große 800-m-Rennen gegen Mike Boit gewonnen und hatte am nächsten Tag natürlich auch über 400 m gewinnen wollen. Da das aber zunächst nicht gelang, legte das amerikanische Team (es waren ja Erdteil-Mannschaften beim Weltcup am Start) Protest ein. Die Jury d‘Appell erklärte nach Protest und Gegenprotest, daß ein Flugzeug vom nahegelegenen Flughafen Düsseldorf-Lohausen über das Rheinstadion geflogen sei, just beim Start vom 400-m-Lauf, und so Juantorena irritiert habe. Außerdem habe zu dieser Zeit ein Kamerateam den Hammerwurf-Wettbewerb gefilmt. Beides war für die Jury der Grund, den Lauf wiederholen zu lassen, aber es war offensichtlich eine sportpolitische Entscheidung, ein Kniefall vor Juantorena. Zumindest gewann Juantorena am Schlusstag des Weltcups noch den Wiederholungslauf über 400 m.

Ich bekam noch am Schlußtag ein Foto eines befreundeten Fotografen von dieser für mich doch berühmten Szene mit dem mir drohenden Juantorena und wollte mir beim Bankett ein Autogramm von ihm holen. Aber er war immer noch böse auf mich. Prof. August Kirsch, damals Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), ist zu Juantorena gegangen und hat ihm erklärt, daß ich doch nur ein kleiner Journalist sei. Daraufhin kam Juantorena auf mich zu und gab mir das Autogramm. Seit Düsseldorf 1977 sind wir beste Freunde. Immer, wenn er mich sieht, kommt er auf mich zu, lachend, aber mit der Faust drohend. Das ist schon die Leichtathletik-Geschichte meines journalistischen Lebens.“

Krone neunzehn

Juantorena drohte beim Weltcup in Düsseldorf 1977 im Ernst und mit voller Wut mit der Faust…

Krone zwanzig

 … und heute beste Freunde: 40 Jahre später drohte Juantorena in Nairobi 2017 (aus Spaß) mit der Faust!

Peter Grau

Vom Berliner Hotel Intercontinental bis zur Goldelse

Auch wenn ich doch recht oft in Berlin bin, kann ich immer wieder Neues entdecken. Neugierig bleibe ich, und wenn sich die Gelegenheit ergibt, nutze ich auch oft die Zeit vor oder nach einer Pressekonferenz, um mich in der nahen Umgebung umzuschauen.

Ausgangspunkt des Schauens ist diesmal das Hotel Intercontinental in der Budapester Straße, wo die Pressekonferenz (PK) zum Berliner Halbmarathon stattfindet. Vor der PK war ich zunächst irritiert, wähnte mich vor dem falschen Hotel. Später aber erfuhr ich im Hotel an einem Modell, daß in den letzten Jahren doch einiges gebaut, ausgebaut wurde.

Interconti fünf

Aber wenn man sich nicht ganz sicher ist, dann sucht man das Namensschild:

Interconti eins

Interconti zwei

Die Pressekonferenz ist beendet. Zeit, um sich im Hotel umzusehen:

Interconti vier Interconti sechs Interconti sieben Interconti acht

Auffällig , daß nicht nur „unsere“  PK im Hause stattfindet, sondern daß vor allem einige medizinische Kongresse abgehalten werden:

Interconti drei

Vieles dreht sich um lädierte Schultern, und auch wenn meine beiden Schultern heil sind, lasse ich mir von einem freundlichen Mitarbeiter erklären, wie dessen Firma mit Hilfe von Ultraschall-Geräten die Operationen vorbereitet.

Doch dann verlasse ich das gastliche Haus, und schaue zunächst auf die Werbung für  eine Gemälde-Ausstellung:

Interconti neun

Dorthin werde ich bald mal gehen. Die Kunst ist ja seit einiger Zeit neben dem Sport mein zweites „Standbein“ geworden.

Ich wende mich Richtung Tiergarten:

Interconti zehn

Bald stehe ich auf der Cornelius-Brücke:

Interconti dreizehn

Von dort aus sieht es so aus:

Interconti zwölf

Weiter führt mich der Weg:

Interconti vierzehn Interconti fünfzehn Interconti sechszehn Interconti siebzehn

Bald bin ich auch an der mexikanischen Botschaft:

Interconti neunzehn Interconti achtzehn Interconti einundzwanzig  Interconti dreiundzwanzig Interconti zweiundzwanzig

Zu sehen ist von hier aus auch die imposante „Goldelse“:

Interconti zwanzig

An weiteren Botschaften komme ich vorbei, wie überhaupt in dieser Gegend viele Botschaften ihre Heimstatt gefunden haben.

Interconti fünfundzwanzig Interconti sechsundzwanzig

Blick auf das CDU-„Schiff“:

Interconti siebenundzwanzig

Das Hotel Berlin, in dem früher auch Pressekonferenzen des ISTAF stattfanden:

Interconti achtundzwanzig

Das Hotel Plaza in der Nürnberger Straße. Übernachtet habe ich hier zwar noch nicht, aber 1991 habe ich dort den Arbeitsvertrag mit der Kölner Zeitschrift „Leichtathletik“ abgeschlossen:

Interconti dreißig

Und dann zum Abschluß auf dem Heimweg  nochmals der Blick auf die Goldelse.

Interconti einunddreißig Interconti dreiunddreißig

Text und Fotos:  Peter Grau

Das Laufspektakel beim Berliner Halbmarathon

Erick Kiptanui Ziel Berliner Halbmarathon

Erick Kiptanui, Sieger des Berliner Halbmarathons 2018
© SCC EVENTS/Camera4

Erick Kiptanui hat am 8. April 2018 beim Berliner Halbmarathon  mit einem Streckenrekord überrascht: Der Kenianer gewann das Rennen mit der Weltklassezeit von 58:42 Minuten und stellte damit auch die Jahresweltbestzeit ein. Der kenianische Newcomer, der am Sonntag erst sein drittes Rennen in Europa lief und dabei seinen dritten Sieg feierte, erzielte auf der schnellen Strecke sogar die fünftbeste je gelaufene Zeit und verpasste den Weltrekord um lediglich 19 Sekunden.

In dem von Kenianern dominierten Rennen belegten Kiptanuis Landsleute Emmanuel Kiprono und Richard Mengich in 60:29 beziehungsweise 60:36 die Ränge zwei und drei. Bester deutscher Läufer war Homiyu Tesfaye (Eintracht Frankfurt), der als Achter eine Zeit von 62:13 erreichte. Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg) lief als 13. mit 63:14 eine persönliche Bestzeit.

Milde sechszehn

Philipp Pflieger

Schnellste Frau war die für Grün-Weiß Kassel startende Äthiopierin Melat Kejeta mit 69:04 Minuten. Als Zweite lief die Schweizerin Martina Strähl in 69:29 einen Schweizer Rekord, Rang drei belegte Anne-Mari Hyryläinen (Finnland) mit 71:04. Die 3.000-m-Hindernis-Europameisterin Gesa-Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) kam im zweiten Versuch erstmals ins Ziel eines Halbmarathons und stellte mit 72:16 eine deutsche Jahresbestzeit auf. Siebente wurde Katharina Heinig (Eintracht Frankfurt), die mit 72:44 eine persönliche Bestzeit erreichte.

Für die 38. Auflage des größten und hochkarätigsten deutschen Halbmarathonrennens hatten, Rahmenwettbewerbe hinzugerechnet, 36.000 Athleten gemeldet. Dies ist eine Rekordzahl für das Rennen, bei dem rund 250.000 Zuschauer an den Strecke standen.

Bereits auf den ersten Kilometern hatten Erick Kiptanui und sein Landsmann Vincent Kipchumba, der als Tempomacher fungierte, einen deutlichen Vorsprung herausgelaufen. Mit Rückenwind erreichten sie die 10-km-Marke in superschnellen 27:32 Minuten – eine Zwischenzeit, die bei gleichbleibendem Tempo ausgereicht hätte, um den Weltrekord von 58:23 Minuten zu brechen. „Es war mein Plan, so schnell zu laufen. Denn ich wusste, dass Berlin eine flache Strecke hat“, sagte Erick Kiptanui, der vom renommierten italienischen Coach Renato Canova trainiert wird. Nachdem Kipchumba zwischen Kilometer 12 und 13 aus dem Rennen gegangen war und nun Gegenwind herrschte, konnte Kiptanui das Tempo nicht mehr ganz halten. Doch er zeigte eindrucksvoll, dass er das Vermögen hat, zum nächsten kenianischen Top-Marathonläufer zu werden. „Ich werde auf jeden Fall auf der Straße weiter laufen und plane auch ein Marathon-Debüt“, sagte Erick Kiptanui, der sich in früheren Jahren zunächst als 1.500-m-Läufer versucht hatte.

Milde zwölf

Homiyu Tesfaye

Für Homiyu Tesfaye lief es in Berlin nicht ganz so gut wie erhofft. Den avisierten deutschen Rekord von 60:34 Minuten verpasste der 24-Jährige deutlich. Mit 62:13 Minuten lief er aber trotzdem eine ordentliche Zeit. „Ich konnte heute leider nicht meine Trainingsleistungen umsetzen“, sagte Homiyu Tesfaye, den zuletzt auch eine Erkältung behindert hatte. „Aber insgesamt bin ich zufrieden, es ist schließlich meine zweitbeste Halbmarathonzeit. Und ich werde auch in der Zukunft weiter Halbmarathon laufen.“

Milde siebzehn

Melat Kejeta

Zu einem ungefährdeten Start-Ziel-Sieg lief Melat Kejeta mit 69:04 Minuten. „Nach zehn Kilometern habe ich mich nicht mehr so gut gefühlt, denn ich bin etwas erkältet, und zudem hatten wir dann Gegenwind“, sagte die seit gut vier Jahren in Kassel lebende Äthiopierin. Sie hat die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt und hofft, mittelfristig für Deutschland starten zu können.

Milde zweiundzwanzig

Gesa Felicitas Krause

Ein gleichmäßiges, solides Rennen lief Gesa Krause, die auf Platz fünf als beste deutsche Läuferin ins Ziel kam. Vor gut einem Jahr war sie bei ihrem ersten Halbmarathon-Versuch in Ras Al Khaimah (Vereinigte Arabische Emirate) nicht ins Ziel gekommen. „Ich bin heute gut ins Rennen gekommen, und es hat Spaß gemacht. Aber das ist natürlich nach wie vor Neuland für mich“, sagte Gesa Krause, die sich nun wieder auf die 3.000-m-Hindernisstrecke konzentrieren wird. In Berlin will sie im Sommer ihren Europameisterschafts-Titel verteidigen. „Aber es ist durchaus möglich, dass ich wieder zum Berliner Halbmarathon zurückkommen werde“, sagte Gesa Krause, die gut die Hälfte der Strecke gemeinsam mit Katharina Heinig (Eintracht Frankfurt) lief. Ihre Trainingspartnerin wurde am Ende Siebente. „Ich bin zufrieden mit meiner Bestzeit, aber es lief nicht so richtig rund. Eigentlich ist es mein Anspruch, eine 70-Minuten-Zeit zu erreichen“, sagte Katharina Heinig, die Tochter der früheren Marathon-Weltklasseläuferin Kathrin Dörre-Heinig.

SCC-Events

Vor dem Berliner Halbmarathon – Pressekonferenz mit Homiyu, Philipp und Gesa

Mit rund 36.000 Teilnehmern hat dieser Berliner Halbmarathon ungeahnte Dimensionen erreicht. Zwar ist er, gemessen am großen Bruder Berlin-Marathon, in der Öffentlichkeit nicht ganz so bekannt, aber trotzdem hängt mein Herz auch an dieser Laufveranstaltung. Nicht nur deshalb, weil ich selbst 2003 daran teilnahm, sondern auch, weil ich viele Jahre diesen Lauf journalistisch begleitete. Und gerade in diesen Tagen, am 4. April, wurde ich durch Carsten Eich auf seiner Facebook-Seite daran erinnert, daß er 1993 vor nunmehr 25 Jahren in diesem Wettbewerb den noch heute bestehenden deutschen Rekord von 60:34 min aufgestellt hat. Darüber ich damals für die Zeitschrift Leichtathletik geschrieben:

Milde Zwei Eich

Wer sind seine möglichen Nachfolger?  Zuallererst fällt mir da Homiyu Tesfaye ein, der gebürtige Äthiopier und seit vielen Jahren  Deutscher. Eigentlich Mittelstreckler, fühlt er sich auch auf den längeren Distanzen zuhause, lief vor einem Monat in Den Haag im Halbmarathon 61:20 Minuten.

Milde eins

Und wie es der Zufall will, läuft er mir an diesem Freitag ( 6. April ) wenige Minuten vor der Pressekonferenz zum Berliner Halbmarathon im Hotel Intercontinenal „vor die Füße“.  Aus etwas fünf Metern lächelt er mir zu – er ist meistens so freundlich -, und ich merke, daß er mich wiedererkennt, obwohl wir uns doch länger nicht gesehen haben. Schnell ein Foto „geschossen“, ohne Blitzlicht und leicht verwaschen, aber nachher werden die Fotos besser.

Milde neu eins

Für mich sind solche Pressekonferenzen immer auch deshalb  interessant, um „alte“ Kollegen wiederzutreffen und uns gemeinsam zu freuen:  Hurra, wir leben noch!   Diesmal sind es die beiden Mildes,  Vater Horst und Sohn Mark, Thomas Steffens, Jörg Wenig, Philip Häfner und Wolfgang Weising. Mehr sind es nicht, leider. Aber so ist der Gang der Zeit.

Milde sechs Milde fünf

Zuspruch findet die Pressekonferenz im Raum Schöneberg trotzdem und unterhaltsam wird sie wie immer, auch wenn ich leider nicht jedes Wort verstehe. Zum einen „flüstern“ die Akteure vorn oft nur – eine positive Ausnahme ist Mark Milde -, und zum anderen läßt mein Hörvermögen doch nach.

Urs Weber (links), dessen Beiträge ich aus verschiedenen Laufzeitschriften kenne, moderiert, spricht  mit   Jürgen Lock vom SCC Events GmbH über die allgemeinen Themen des kommenden Laufes.

Milde neu zwei

Einiges zu sagen hat auch der Sportliche Leiter Mark Milde:

Milde acht

Ich aber bin nun damit beschäftigt, die einzelnen Läufer abzulichten:

Homiyu Tesfaye:

Milde elf Milde zwölf

Philipp Pflieger:

Milde sechszehn Milde vier

Gesa Felicitas Krause:

Milde zweiundzwanzig Milde neunzehn

Und dann nochmals alles zusammen und in Grüppchen:

Milde achtzehn Milde einundzwanzig Milde neun Milde vierundzwanzig Milde sechsundzwanzig Milde siebenundzwanzig

 

Es folgt ein kurzer Plausch  mit Thomas Steffens (links), der nebenher mit der Pressemitteilung beschäftigt ist und sich mit Jürgen Lock  austauscht:

Milde dreißig

Einige Stunden später lese ich im Internet die folgende Pressemitteilung des SCC Events GmbH:

Berliner Halbmarathon am Sonntag: Homiyu Tesfaye plant Rekordjagd, Gesa Krause für Überraschung gut

06.04.2018

Milde achtundzwanzig

Top-Athleten des Berliner Halbmarathons: Melat Kejata, Philipp Pflieger, Richard Mengich, Homiyu Tesfaye, Gesa Felicitas Krause (von links)
Deutsche Läufer haben beim hochklassigsten und größten nationalen Halbmarathon am Sonntag deutlich bessere Chancen, als das zuletzt der Fall war. Während Läufer aus Kenia und Äthiopien einmal mehr als Favoriten beim 38. Berliner Halbmarathon an den Start gehen, sind vor allen Homiyu Tesfaye (Eintracht Frankfurt) und Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) für Überraschungen gut.

Bei den Männern kommen die Favoriten aus Kenia: Mit Gilbert Masai und Richard Mengich treffen dabei die Sieger der vergangenen beiden Jahre aufeinander. Masai geht als Titelverteidiger ins Rennen, sein kenianischer Landsmann Mengich gewann den Berliner Halbmarathon 2016. „Ich habe gut trainiert, nachdem mich im vergangenen Jahr ein Ermüdungsbruch im linken Bein zurückgeworfen hat. Am Sonntag will ich gewinnen“, sagte Richard Mengich. Ein kenianischer Newcomer gehört ebenfalls zu den Favoriten: Erick Kiptanui gewann sein Halbmarathon-Debüt in Lissabon im März in flotten 60:05 Minuten.

Auch Homiyu Tesfaye will vorne mitlaufen. „Richard Mengich wird es nicht leicht haben, wenn er gewinnen will“, sagte der aus Äthiopien stammende 1.500-m-Spezialist, der bereits vor einem Jahr beim Berliner Halbmarathon als Siebenter in 62:58 Minuten überrascht hatte. „Das war gar nicht so gut im letzten Jahr, dieses Mal bin ich besser vorbereitet“, sagte Homiyu Tesfaye, der sich im März in Den Haag auf starke 61:20 steigerte und nun am Sonntag in Berlin den deutschen Rekord ins Visier nimmt. „Mein Ziel ist es, diesen Rekord zu brechen.“ Die Bestmarke hatte der damalige Leipziger Carsten Eich beim Berliner Halbmarathon vor 25 Jahren aufgestellt. Er gewann 1993 das Rennen in 60:34 Minuten, was damals sogar ein Europarekord war. Mit Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg) ist ein zweiter deutscher Topläufer am Start, der gut in das Wettkampfjahr 2018 gestartet ist. „Ich habe zuletzt gut trainieren können und will mich am Sonntag weiter steigern“, sagte der 30-Jährige.

Im Rennen der Frauen startet mit Kejeta Melat eine Läuferin, die vor kurzem sehr gute Form zeigte: Die Äthiopierin, die für Grün-Weiß Kassel startet und in Deutschland lebt, ist die einzige Läuferin im Feld, die eine Bestzeit von unter 70 Minuten aufweist (68:41). „Ich habe gut trainiert und hoffe, dass das Wetter gut ist“, sagte Melat.  Einen zweiten Anlauf nimmt beim Berliner Halbmarathon Gesa Krause. Europas beste Hindernis-Läuferin hatte sich vor einem Jahr in Ras Al Khaimah (Vereinigte Arabische Emirate) schon einmal an den 21,0975 km versucht, kam dort jedoch nicht ins Ziel. „Ich freue mich, dass ich wieder in Berlin laufen kann – wenn auch auf einer ungewohnten Strecke. Deswegen ist es schwer, eine Zeitprognose abzugeben. Aber ich bin in Topform“, sagte Gesa Krause, die erst am Freitagmorgen aus einem Trainingslager in Südafrika direkt nach Berlin kam. Wenn die Hindernis-WM-Dritte von 2015 ihr Potenzial auch nur halbwegs auf den Halbmarathon übertragen kann, kann sie am Sonntag eine gute Rolle spielen.

Hilfreich ist für Gesa Krause, dass mit Katharina Heinig (Eintracht Frankfurt) eine Trainingspartnerin und Freundin im Rennen ist. Nachdem sie vor einem Jahr beim Berliner Halbmarathon ihre persönliche Bestzeit um 30 Sekunden verpasst hatte, will Heinig es dieses Mal besser machen. 72:55 Minuten war sie vor zwei Jahren in Barcelona gelaufen. In Berlin plant die 28-Jährige eine deutliche Steigerung.

Ausgewählte Topläufer mit Bestzeiten

Männer:

Gilbert Masai        KEN        0:59:31

Richard Mengich    KEN        0:59:35

Erick Kiptanui        KEN        1:00:05

Noah Kigen        KEN        1:00:25

Vincent Kipchumba    KEN        1:00:32

Simon Tesfaye        ERI        1:01:00

Homiyu Tesfaye    GER         1:01:20

Zouhair Talbi        MAR        1:02:00

Suttoali Khoarahlima    LES        1:02:04

Evans Kurui        KEN        1:02:08

Emmanuel Kiprono    KEN        1:02:56

Birhanu Addisie    ETH        1:03:20

Philipp Pflieger         GER        1:03:44

Frederick Kipkosgei    KEN        Debüt

 

Frauen:

Kejeta Melat         ETH        1:08:41

Maryanne Wangari    KEN        1:10:13

Eunice Kioko        KEN        1:10:31

Maja Neuenschwander  SUI        1:10:46

Anne-Mari Hyryläinen    FIN        1:11:10

Martina Strähl        SUI        1:11:50

Neheng Khatala    LES        1:12:46

Katharina Heinig    GER        1:12:55

Gesa Felicitas Krause     GER             – – –

 

Und später sehe ich noch ein hörenwertes Interview, welche Urs Weber nach (oder vor) der Pressekonferenz mit den deutschen Hauptakteuren führte.

 

 

 

Ein Besuch im Schloß Rheinsberg

Kultur und Geburtstag ist für mich eine sehr gute Kombination. Und so hielt ich es auch an diesem  21. März 2018.

Ziel  ist für uns die etwa 30 km nördlich von Neuruppin gelegene Gemeinde Rheinsberg.  Der Hauptanziehungspunkt ist dort das Schloß.

Rheinsberg neun

Vorab lesen wir uns ein wenig kundig:

Das malerisch am Ufer des Grienericksees gelegene Schloß Rheinsberg war von 1736 bis 1740 die Kronprinzenresidenz des späteren preußischen Königs Friedrich des Großen. Friedrich Wilhelm I. erwarb den Landsitz für seinen ältesten Sohn im Jahr 1734 nach dessen Heirat mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff erweiterte das Gebäude zu einer Dreiflügelanlage und gestaltete die Innenräume im Stil des frühen Rokoko. Der Kronprinz schuf hier einen Musenhof, an dem er sich fernab von Berlin seinen philosophischen, literarischen und musischen Interessen widmen konnte.
Nach seinem Regierungsantritt schenkte Friedrich das Schloß seinem Bruder Heinrich. Der Prinz, ein Diplomat von europäischem Rang, führte die Tradition des Musenhofes ab 1752 glanzvoll fort. Der friderizianische Park wurde erweitert und zu einem der frühesten empfindsamen Landschaftsgärten Deutschlands umgestaltet.
Die Umbauten, die Heinrich über ein halbes Jahrhundert hinweg an seiner Residenz vornahm, fanden mit der Einrichtung der Paraderäume und der Sommerwohnung als frühklassizistische Raumkunstwerke einen krönenden Abschluß. Aus der Kronprinzenzeit Friedrichs hat sich unter anderem der prachtvolle Spiegelsaal erhalten:

Rheinsberg fünfundzwanzig

Soweit einige geschichtliche  Bezüge.

Die Sonne lacht

Für unseren Besuch haben wir Sonnenschein bestellt und Petrus erfüllt den Wunsch.  Schnee und Sonnenschein bilden einen interessanten Kontrast:

Rheinsberg eins Rheinsberg zwei Rheinsberg fünf

 

Und noch bevor wir das Schloß erreichen,  haben wir eine kurze Begegnung mit einem Eichhörnchen.

Rheinsberg drei Rheinsberg vier Eichhörnchen

 

Dann aber spazieren wir weiter Richtung Schloß, schauen auf den Grienericksee:

Rheinsberg acht Rheinsberg sieben Rheinsberg sechs Rheinsberg zehn Rheinsberg elf

 

Weil unsere Führung durch das Schloß erst um 12 Uhr beginnt, erkunden wir weiter das Umfeld:

Rheinsberg zwölf Rheinsberg dreizehn Rheinsberg vierzehn Rheinsberg sechszehn

Dann aber schließen wir uns 15 Leuten an und lassen uns die Schönheiten des Schlosses von der Fremdenführerin  erläutern.

Zu schauen gibt es sehr viel. Hier nur ein kurzer Eindruck:

Rheinsberg fünfunddreißig Rheinsberg dreiunddreißig

Rheinsberg fünfzig Rheinsberg dreiundvierzig Rheinsberg siebenunddreißig Rheinsberg dreiundfünfzig

Nach einer Stunde verabschieden wir uns vom Schloß und fahren ins zwei Kilometer entfernte Hafendorf  Rheinsberg.  Dort im Hotel erwartet uns ein leckeres Mittagessen. Anschließend werfen wir noch einen Blick ins eigentliche Hafendorf:

Rheinsberg zwanzig Rheinsberg achtzehn Rheinsberg neunzehn Rheinsberg zweiundzwanzig Rheinsberg vierundzwanzig Rheinsberg dreiundzwanzig

Peter Grau

 

 

 

 

 

 

Depeche Mode – Von Ostberlin bis Mexiko

Ich freue mich immer,  wenn ich auf Facebook neue Entdeckungen machen kann. Und eine solche hat mir Marion Mergen beschert.  Sie schrieb über ihre Erinnerungen an ein Depeche Mode-Konzert, was sie vor nunmehr dreißig Jahren am 7. März 1988 in Ostberlin in der Werner –Seelenbinder-Halle  besucht hatte.

Mergen sechs

Marion Mergen (Mari März):

DER SOUND DER ANDEREN
Heute vor genau 30 Jahren war ich dabei, als Depeche Mode Geschichte schrieb. Ostdeutsche Geschichte. Zu einer Zeit, als niemand auch nur im Traum daran dachte, dass dieses Ungetüm aus Stahl und Beton eines Tages verschwinden würde. Ich war fünfzehn … damals … am 7. März 1988. Der Geburtstag der FDJ – der Freien Deutschen Jugend. Ein bitterer Witz, der mir zu dieser Zeit so langsam bewusst wurde. FREI. Dieses Attribut gab es hinter der Mauer nicht. Jedenfalls nicht für mich in Ost-Berlin. Schon gar nicht mitten in der Pubertät – als Freigeist und Outlaw zwischen all den Söhnen und Töchtern der Staatssicherheit. In meiner Schule, die nicht umsonst den Namen des Begründers dieser paranoiden und menschenverachtenden Organisation trug. Felix Dzierzynski. Etwas Gutes hatte dieser Umstand allerdings. Ich war mit meiner Freundin Romana die Einzige in unserer Klasse, die überhaupt englische Musik hörte und mit diesem SOUND DER ANDEREN etwas anfangen konnte. Ich weiß heute ehrlich gesagt nicht mehr, wie wir es geschafft haben, legal an diese Karte zu kommen, für die zahllose DM-Fans in der DDR mehrere Monatsgehälter und sogar ganze Motorräder auf dem Schwarzmarkt bezahlten oder aber zu Hunderten vor der Werner-Seelenbinder-Halle in Berlin/Prenzlauer Berg in dieser unglaublichen Märznacht umsonst warteten.
Wir hatten damals kein Telefon, kein Internet, im DDR-Fernsehen wurde darüber nicht berichtet, auf der Eintrittskarte stand nicht mal der Name der Band … und trotzdem wussten meine Freundin und ich, dass diese „goldene“ Eintrittskarte mehr wert war als alles Geld der Welt. Depeche Mode machte übrigens 100.000,00 DM Verlust an jenem Abend … und doch spielten sie. Für uns! Die Atmosphäre am Einlass war mit nichts zu vergleichen. Ich habe sie sehr still und bedrückend in Erinnerung. Angst ging um. Die einen (wie wir) fürchteten, dass uns jemand die Karte wegnehmen könne. Ich hatte meine im Stiefel versteckt. Und die anderen (so viele) konnten die bittere Wahrheit kaum ertragen, dass sie ohne Karte das einzigartige Konzert ihrer Idole nur von draußen erleben durften. Viele weinten an diesem Abend. Heulten sich die Seele aus dem Leib. Ich auch. Obwohl ich zu den Glücklichen gehörte, die Dave Gahan, Martin Gore, Andrew Fletcher und (damals noch) Alan Wilder live erleben durften, flennte ich die ganze Zeit … als ein Traum Realität wurde, wir die Unfreiheit für einen unvergesslichen Moment vergaßen, als unsere Idole von den heimlich geschmuggelten BRAVO-Postern stiegen und wir uns fühlen durften wie ganz normale Teenager jenseits der Mauer. Ein Jahresvorrat an Tränen ging an diesem Abend drauf. Nicht nur bei mir…“

Soweit der authentische Bericht von Marion Mergen. Und ich muß gestehen: Schon beim Lesen dieses Berichtes flossen bei mir die Tränen, obwohl ich kein Depeche Mode-Fan war (allerdings gefällt mir deren Musik heutzutage). Aber solche Tränen sind leicht erklärbar. All das, was wir damals in der DDR erlebten, blieb bis heute in unserem Gedächtnis. Und vor allem auch das, was wir damals nicht erleben durften. Eben, weil wir eingemauert waren.

 

Die Erinnerungen verblassen

Dreißig Jahre sind eine sehr lange Zeit. Manches verblaßt. Doch erinnern konnte ich mich zumindest,  daß Ulrike, eine meiner Töchter, damals auch Depeche Mode-Fan gewesen ist. Sie war etwa im Alter von Marion Mergen, wir lebten ebenfalls in Ostberlin. Ulrike, die nun seit vielen Jahren in Mexiko-Stadt lebt schrieb mir dazu jetzt:

„Ich habe dunkel in Erinnerung, daß damals in unserer Schulklasse 2 Tickets verteilt wurden. Mit Sicherheit weiß ich, daß wir alle für René gestimmt haben, weil er der Mega-Fan von Depeche Mode war. Ich denke fast, daß ich ebenfalls eine Eintrittskarte hatte, auf der allerdings nicht mal der Name der Band stand. Also hatte ich vielleicht das zweite Ticket. Oder ich habe damals soviel darüber gelesen, daß ich denke, daß ich dabei war“.  Meine zweite Tochter Petra allerdings ist der Meinung, daß ihre Schwester nicht live dabei war. Gleich, wie es war.  Dieses Konzert hat Ulrike damals sehr bewegt.

 

Doch nun kommt der Knalleffekt. Drei Tage, nachdem ich die Geschichte von Marion Mergen gelesen hatte, bekam ich folgende Fotos aus Mexiko zugeschickt:

Mergen Ulrike Depeche zwei

Mergen Depeche Ulrike

Depeche Mode tourt gerade in Amerika, und Ulrike hatte kurzfristig mit ihrer Kollegin Valentina  (rechts) Tickets für ein Konzert der nunmehr dreiköpfigen Band in einem Baseball-Stadion von Mexiko-Stadt erstehen können. Sie konnte ihr Glück kaum fassen.

Peter Grau

Über das Konzert von Depeche Mode 1988 in  Ostberlin kann man auch im Folgenden nachlesen

http://www.spiegel.de/einestages/depeche-mode-in-der-ddr-a-946720.html.

Und über Marion Mergen, die ja der eigentliche Auslöser dieser Geschichte war, werde ich bald auf meiner Homepage berichten.

Mergen eins

Wer sehr neugierig ist, kann sich über sie, die auch mit ihrem Künstlernamen Mari März  bekannt ist, unter  www.mari-März.de   oder www.korrekt-getippt.de  informieren.

Olympische Winterspiele in Südkorea – das Zuschauen macht Spaß

Winterolympiade eins

Vor einer Woche hatte ich noch meine Bedenken angemeldet, ob ich denn die Olympischen Winterspiele in Südkorea anschauen sollte. Die Freude war mir da durch die Negativberichterstattung im Vorfeld der Spiele etwas genommen worden (siehe http://www.petergrau-leichtathlet.de/?p=11598 ).

Aber im Hinterkopf hatte ich damals schon:  Wenn die Spiele beginnen, wenn die Bilder aus der fernen Winterwelt zu uns, zu mir herüberschwappen werden, dann wird es wie immer sein:  „ Ich schaue einfach und erfreue mich am Wintersport, den ich sowieso sehr mag.“

Und so war es dann auch. Schnell war ich im Banne der Geschehnisse, schaute einige Male nachts in Wachphasen auf mein Smartphone, um das Neueste zu erfahren, und dann  waren die Tage von morgens bis abends mit Fernsehen ausgefüllt.

Schon die Eröffnungsfeier gefiel mir ausnehmend gut. Und ich bin auch nicht der Meinung eines der ARD-Reporter (es war wohl der von mir ansonsten sehr geschätzte Ralf Scholt), der sich an dem Einmarsch der einzelnen Nationen störte und der es möglichst so wie bei den Abschlußfeiern hätte, wo alles „wild“ durcheinander läuft. Ich bin da eher konservativ, mag es, wenn die einzelnen Nationen hinter ihrer Flagge einmarschieren und die Reporter Wissenswertes zu den einzelnen Staaten erzählen können.

Siegerehrungen heben das Nationale hervor

Konservativ bin ich auch, wenn es um die Siegerehrungen geht. Ich bin nicht der Meinung einer „noch“ Minderheit,  daß Siegerehrungen das Nationale zu sehr betonen würden. Aber gerade dort gefällt mir, wie die Sieger mit ihren Nationalhymnen geehrt werden.

Was aber soll man aus der ersten Woche hervorheben? Schwierig, weil die Eindrücke zu schnell wechselten und mit der „deutschen Brille“ gesehen die Erfolge doch immer mehr wurden.

Wiederentdeckt habe ich den Eiskunstlauf, den ich früher sehr mochte, aber irgendwann „satt gesehen hatte“.  Diesmal begeisterte mich das Goldpaar Sawtschenko/Massot   (ich bin froh, daß ich mal wieder Sawtschenko schreiben darf und nicht Savchenko. Ich habe ja jahrelang einen Kampf geführt, bei russischen Namen die von mir ein halbes Leben lang gewohnte Transkription zu benutzen. Doch letztendlich verlor ich den Kampf) .

Es war einfach eine Kür zum Genießen, wobei es mir fast zuviel Schwierigkeiten waren. Da konnte ich mich doch viel entspannter den Eistanzpaaren hingeben, ihre Darbietungen genießen.

Wie immer sah ich mir besonders gern die alpinen Disziplinen an, natürlich auch wie viele die Biathlon-Wettbewerbe. Doch auch für mich eher ungewohnte Disziplinen wie Shorttrack, Snowborad oder Curling  begeisterten mich.

Abstecher zur Leichtathletik

Zwischendurch blieb auch noch Zeit, die Deutschen Meisterschaften der Leichtathleten in Dortmund zu beobachten. Nicht im Fernsehen, denn dort war ja Wintersport, aber auf leichathletik.de   erfüllte ein Livestream über zwei Tage, gekonnt moderiert von Alexandra Dersch und Ivo Koken, voll den Zweck. Dazu dann noch die vielen Informationen auf leichtathletik.de, vor allem auch die langen, inhaltsreichen Flash-Interviews, gaben mir einen guten Überblick über die zwei Tage.  Mehr dazu ist bei leichtathletik.de  nachzulesen.

Neuer deutscher Leichtathletik-Rekord über 3000 m durch Koko

Über den abschließenden Glanzlauf von Konstanze Klosterhalfen (Koko)  ist hier nachzulesen: https://www.leichtathletik.de/news/news/detail/deutscher-hallenrekord-konstanze-klosterhalfen-pulverisiert-uralt-bestmarke/

Und weil ich nicht live in Dortmund war, zeige ich hier noch einige Fotos von Koko, die ich 2017 beim ISTAF in Berlin „schoß“:

ISTAF 2017 eins ISTAF 2017 neunundzwanzig ISTAf 2017 fünfunddreißig ISTAf 2017 achtundfünzig

Peter Grau

EM 2018 Titelbild Kowalski

 

Timo Benitz: Im Zielspurt über die 1500 m ist der Flugzeug-Fan nur schwer zu schlagen

 

EM 2018 Titelbild Kowalski

 

Wann habe ich Timo Benitz, den spurtschnellen Mittelstreckler, zum letzten Mal aktiv gesehen?  Es war 2014 im Mai im Paul-Greifzu-Stadion in Dessau beim Anhalt-Meeting. Dort zeigte er, wie oft auch danach, seine Spurtkraft, siegte in einem spannenden Rennen über 1500 m im Zielspurt.

Nun traf ich ihn Ende Januar 2018  in Berlin in der PanAm-Lounge, am Rande der Vorstellung des Werbemagazins für die Leichtathletik-EM im August in Berlin (mehr dazu unter  http://www.petergrau-leichtathlet.de/?p=11295 )

Pan zehn   

Timo Benitz ganz links im Bild

 

Zwar taucht Timo Benitz  im Werbemagazin  nicht auf, aber einige Tage zuvor hat er bereits in Trachtenkluft für diese Europameisterschaften der Leichtathleten im Berliner Olympiastadion im August 2018 geworben (siehe auch http://www.petergrau-leichtathlet.de/?p=11238):

Spitzenathleten_Trachtenmode

Timo Benitz Zweiter von links (Foto: SCHROEWIG/ D.Kollowsky)

Alexandra Burghardt, Laura Müller, Martin Wierig,Timo Benitz und Ruth Sophia Spelmeyer Fashion meets Sport - Angermaier-Weißwurstfrühstück im Hofbräuhaus in Berlin am 18.01.2018 Foto: BrauerPhotos / Neugebauer
Timo Benitz (Zweiter von rechts); Foto:  BrauerPhotos / Neugebauer

Es bot sich für ihn an, zur PanAm Lounge zu gehen, denn weit hat er es nicht bis dorthin. Der in der Nähe von Konstanz  geborene Timo Benitz lebt mittlerweile in Berlin, studiert an der Technischen Universität Berlin (TU) Luftschiff und Raumfahrt-Technik. Von dort sind es zu Fuß gerade mal 10 Minuten bis zur PanAm Lounge.

Rückblick auf das Jahr 2017

Im Gespräch in der PanAm-Lounge zeigt sich Timo aufgeräumt und plaudert munter vor sich hin. Zunächst schweifen wir kurz zurück auf das letzte Jahr 2017: „Es lief alles ziemlich gut, so, wie ich es mir vorgestellt hatte, ohne Verletzungen, „ erzählt er mir. „Ich hatte im zweiten Lauf der Saison direkt meine WM-Norm abgehakt, und bin auch mit 3:34,87 min neue Bestzeit über 1500 m gelaufen. Ich schaffte es bei der WM in London bis ins Halbfinale. Mein persönlicher Jahres-Höhepunkt war die Universiade in Taiwan, wo ich gewinnen konnte.“

Pan zweiundvierzig

In diesem Jahr 2018 will Timo Benitz nur wenige Hallen-Wettkämpfe bestreiten. Einer davon war bei der Hallen-DM in Dortmund, als er sich am 17. Februar über 3000 m eine Bronzemedaille holte. Aber seine volle Konzentration gilt der Heim-EM in Berlin.

Trainiert wird gegenwärtig in Berlin im Sportforum, draußen in Hohenschönhausen. Nach wie vor startet Timo Benitz für seinen Heimatverein  LG farbtex Nordschwarzwald. Wie schon erwähnt studiert er in Berlin Luft-und Raumfahrttechnik. Sofort fällt mir ein, daß auch der Ex-Hürdensprinter Dietmar Koszewski diese Studienrichtung gewählt hatte (mehr dazu auf meiner Homepage unter   http://www.petergrau-leichtathlet.de/?p=1257  )

Warum aber hat sich Timo Benitz für diese eher ausgefallene Studienrichtung entschieden? Seine Erklärung: „ Wenn man lieber einem Flugzeug hinterherschaut als einer Frau, dann weiß man warum. Es ist schwer zu beschreiben. Flugzeuge haben auf mich seit langem eine faszinierende Wirkung. Ich könnte Flugzeugen tagelang zuschauen, beobachten, wie sie starten und landen. Ich würde nochmals das Gleiche studieren, weil es einfach so wahnsinnig interessant ist, wie alles funktioniert. Es gibt für mich kein interessanteres Studium.“

Zunächst hat Timo Benitz an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Friedrichshafen studiert und mit dem Bachelor abgeschlossen. Nun befindet er sich mitten im Master-Studium an der Berliner TU.

Was aber will Timo Benitz später mal tun, wenn er mit dem Studium fertig ist?  „ Ich will ganz normal als Ingenieur arbeiten, am liebsten beim deutschen Unternehmen Airbus. Die  sitzen an unterschiedlichen Stellen, in München, Hamburg und Bremen.“

Geboren wurde Timo Benitz am Bodensee, lebte lange im 2200-Seelen-Ort Volkertshausen. „ Eigentlich wollte ich Fußballspieler werden, aber meine Mutter hatte etwas dagegen, schickte mich zur Leichtathletik“. Heute ist er froh, daß er dort gelandet ist.

2018 soll es eine neue Bestzeit werden

Sein Ziel für die Saison 2018: „ Ich möchte meine Bestzeit über 1500 m  verbessern, will eine 33er-Zeit laufen.“  Eine Zeit zu laufen ist die eine Sache, sich im Wettkampf gegen die Konkurrenz im Spurt durchsetzen, die andere Seite. Und fast kein anderer beherrscht das Spurten auf den letzten Metern so wie Timo Benitz.

Meine Frage, ob er sich diese Spurtfähigkeit bis heute erhalten habe, bejaht er. Natürlich ist es für mich interessant, zu erkunden, woher diese Fähigkeit rührt (ich erinnere mich, daß es vor vielen Jahren mit Manfred Matuschewski einen DDR-Läufer über 800 m gab, der eben diese Fähigkeit besaß, als „Millimeterläufer“ bekannt wurde, weil er oft auf den letzten Millimetern die Rennen entschied.)

Und Timo Benitz fühlt sich vor allem von zwei Olympiasiegern inspiriert: Von Dieter Baumann, der 1992 in Barcelona die 5000 m mit einem Schlußspurt gewann und von Nils Schumann, der im Jahr 2000 in  Sydney die 800 m dominierte. „ Dessen grandiosen Endspurt habe ich mir schon 40- oder 50-mal angeschaut. Das gibt mir immer sehr viel mit.“

Timo Benitz sieht den Grund für seine Spurtkraft nicht im speziellen Training, sondern in den Genen. „ Man denkt von mir zwar, daß ich auch im normalen Kurzsprint schnell bin, aber das stimmt überhaupt nicht. Aber auch wenn man kein guter Kurzsprinter ist, kann man trotzdem ein schneller Spurt auf längeren Distanzen sein. Deshalb ich auch schon oft Leute geschlagen, die im reinen Sprint besser als ich sind. Es kommt vor allem darauf an, wie man in der Schlußphase mit Laktat umgehen kann, ob man die Geschwindigkeit nur halten oder sie eben noch mal anheben kann.“

Die Konkurrenz weiß um die Fähigkeiten des Timo Benitz und hat viel Respekt. Timo Benitz meint dazu: „Sie sollen nicht überrascht sein von mir, sondern sie sollen Angst vor mir haben. Sobald sie in den Gedanken hineinkommen, daß sie mich nicht los werden können, verkrampfen sie, resignieren innerlich.“ Und er fügt hinzu: „ Für mich ist es immer sehr entspannt, im Feld mitzulaufen, denn ich weiß ganz genau, daß ich im Spurt mit allen mithalten kann.“

Spurten will Timo Benitz auch 2018 in der Freiluftsaison. Vor allem beim Finale im Berliner Olympiastadion will er der Konkurrenz den Marsch blasen, so wie er es lange Zeit auch als Posaunist in der Blaskapelle des Musikvereins Volkertshausen tat.

Peter Grau

EM 2018 Tiitelbild