Oliver-Sven Buder: Nach der Kugel folgte die Kurbel

Eineinhalb Jahrzehnte zählte Oliver-Sven Buder zu den besten Kugelstoßern der Welt. Nach seinem Rücktritt 2003 blieb der zweimalige Vize-Weltmeister dem Sport erhalten. Allerdings nicht im Ring, sondern bei der „Formel 1 des Segelsports“. Und außerdem baute er sich in einer Textilfirma eine Existenz auf.

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WM-Silber 1999

Der Kugelstoß-Vizeweltmeister von Sevilla 1999, Oliver-Sven Buder, hat den Treffpunkt selbst vorgeschlagen, das Kaffee Cup&Cino mitten im Zentrum von Kiel. „ Dort gibt es einen sehr guten Kaffee“, meinte er. Nun läßt er sich den Macchiato XL munden. Es wird eine kurzweilige Stunde, der 48 – Jährige hat viel zu erzählen.
In Kiel ist er aus beruflichen und privaten Gründen gelandet. Gleich um die Ecke befindet sich die Logistik-Zentrale seines Arbeitsgebers, der Textilfirma elkline, die . „ sportliche Freizeitbekleidung vertreibt. „ Wir sind so etwas ähnliches wie Jack Wolfskin, nur etwas kleiner und etwas modelastiger,“ beschreibt der Hüne die Firma.

2008 hat er an der Förde einen Shop der Firma übernommen, ist im Außendienst tätig und für die ostdeutschen Bundesländer und Bayern zuständig. Streßig wird es, wenn die Frühjahrs- und die Herbstkollektionen auf den Markt kommen. „ Da lebe ich im Hotel, fahre von Kunde zu Kunde, von Stadt zu Stadt,“ berichtet der Hallen-Europameister von 1998. Flink wie ein Elch muss er sein, ganz wie das Markenzeichen seiner Firma.
Unbedarft ist Buder nicht in diese Branche gekommen. „1992 hatte ich als Kugelstoßer die Wahl, entweder zur Bundeswehr zu gehen, oder aber zum TV Wattenscheid, wo damals der Textilfabrikant Klaus Steilmann Mäzen war. Ich wählte Wattenscheid und begann gleichzeitig meine berufliche Ausbildung zum Industriekaufmann der Textilwirtschaft.“ Das war im Nachhinein der richtige Schritt. Aber es dauerte viele Jahre, bis sich der Kreis mit der jetzigen Arbeit schloß.

WM-Gold entrissen

Zunächst trainierte der Modellathlet – mit einer Größe von 1,99 kg und einem Gewicht von 155 kg- bei Miroslaw Jasinski und hatte sportlich 1999 sein erfolgreichstes Jahr. Als sie beide ins WM-Stadion von Sevilla schritten, sagte sein Trainer: „ Heute ist Dein Tag, heute kann Dich keiner schlagen“. Und lange sah es auch danach aus, denn Oliver-Sven Buder führte mit 21,42 m das Feld an. Erst im letzten Versuch schnappte ihm der Amerikaner Cotrell James ( C.J.) Hunter mit 21,79 m noch das Gold weg: Hunter, damals Ehemann von Sprinterin Marion Jones, wurde ein Jahr später wegen Nandrolon-Dopings gesperrt. Die Goldmedaille von Sevilla durfte er trotzdem behalten. Doch Buder schaut nicht im Zorn zurück. „Das bringt nichts. Die Leichtathletik hat mir großen Spaß gemacht, ich möchte nichts missen.“

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2003 nahm er endgültig Abschied aus dem Kugelstoßring, und eine bewegte Zeit begann. Ein halbes Jahr trainierte er in Leipzig den Kugelstoßer René Sack, den heutigen Trainer von Diskuswerferin Nadine Müller. Doch das war nur eine ABM-Maßnahme, die Arbeitslosigkeit drohte. Da kam das Angebot wie gerufen, als Geschäftsführer bei den gerade in die 2. Bundesliga aufgestiegenen Cuxhavener Basketballern zu arbeiten. „ Neun Monate machte ich das, es war purer Streß, denn niemand wußte so recht, wie es funktionieren sollte und mußte,“ erinnert er sich.

Auf hoher See

Doch der Ausflug zum Basketball sollte nicht der letzte Sportartwechsel für Oliver-Sven Buder bleiben. „ Ich traf mich in einem Kieler Café mit einem Freund, den ich in Cuxhaven kennengelernt hatte, um mich zu erkundigen, wie meine Athletik- Trainingspläne bei ihm angeschlagen hatten.“ Der Freund war Profisegler und fragte ihn, ob er nicht mal nach Valencia zum America‘s-Cup kommen könne. Es handelte sich um nicht weniger als eine Einladung zur berühmten Segelregatta um die älteste Sporttrophäe der Welt (seit 1851 ausgetragen). Um die Formel 1 auf See mit Hightech-Booten, die Aber-Millionen in der Herstellung kosten. Der Exkugelstoßer sagte sofort zu: „Das war eine meiner besten Entscheidungen“.

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Kraft an der Kurbel

Oliver-Sven Buder wurde „der Kurbler vom Dienst“ , auch „Kaffee-Grinder“ genannt. Dieser Begriff stammt von Kaffeemühlen, die man früher in den USA verwendete. „Mit den Grindern werden die Winschen bewegt, über die die Seile gehen, mit denen die Segel eingestellt werden,“ erklärt Buder. Hört sich einfach an, ist aber eine echte Knochenarbeit. Er schnupperte als Mitglied der ersten deutschen Kampagne überhaupt ( United Internet Team Germany aus dem nicht unbedingt als Segelhochburg geltenden Montabaur) beim America´s Cup 2006/ 2007 ins Regatta-Segeln hinein und fand Geschmack daran.

Von Norbert Plambeck, den er aus seiner Tätigkeit beim Basketballteam Cuxhaven kannte, bekam er bald danach ein verlockendes Angebot, das er sofort annahm. Er sollte auf dessen 24 Meter langen Privatyacht in Amerika als Bootsmann arbeiten. „ Wir segelten in der Karibik, erlebten die wetterbedingten Höhen und Tiefen des Segelns. Rückblickend war es sicher meine bisher schönste Zeit“. Und sie hatte einen positiven Nebeneffekt: Auf dem Schiff lernte er seine Freundin Maren kennen und zog später zu ihr nach Kiel.
„ Ich hätte auch in Cuxhaven an der Werft arbeiten können, wo die Yacht nun liegt, aber dann wäre es eine Fernbeziehung geworden und das wollte ich nicht.“ So kam das Angebot, einen Shop der Firma elkline in Kiel zu übernehmen, zum rechten Zeitpunkt.

Lob für David Storl

Das Kugelstoßen aber hat der gebürtige Erlabrunner nicht aus den Augen verloren.
Eine hohe Meinung hat er von Weltmeister David Storl. „ Beeindruckend für mich war vor allem, wie reibungslos David und sein Trainer Sven Lang den Übergang von den Junioren zu den Erwachsenen hinbekommen haben. Spannend wird es aber nun werden, wie er sich im Sommer 2012 schlagen wird, besonders auch bei Olympia. Jeder kennt ihn jetzt, und da wird es nicht leicht werden, eine Medaille zu gewinnen.“ Das meinte Buder Ende 2011, und Storl schnupperte 2012 in London sogar an olympischem Gold, und war letztlich mit Silber zufrieden.
Das Flair von Olympia fasziniert Buder, der in Atlanta (Fünfter) und Sydney (Achter) dabei war, immer noch. „ Jeder Leistungssportler sollte das anstreben. Es ist einfach das Schönste, auch, weil man dort die Sportler aller Sportarten kennenlernen kann“.
Und nicht nur kennenlernen, miteinander reden, das ist eine Kunst, die Oliver –Sven Buder inzwischen ziemlich perfekt beherrscht und die ihm Herzen und Türen öffnet.
Peter Grau

(siehe auch Leichtathletik Nr. 47 vom 23.11.2011;
http://www.markenverlag.de/index/46/63/LEICHTATHLETIK/Abonnement)

Fotos: www.ard.ndr.de/berlin2009/wm_geschichte