Jedes Jahr im Juni ruft Neuruppin die Triathlonfreunde aus nah und fern. Wie immer will ich an diesem Samstag (23. Juni) beim Start im Jahnbad dabei sein, doch ich komme drei Minuten zu spät. Der „Strand“, vor dem sich sonst die Athleten im Wasser sammeln, um die 1,5 km im Schwimmen zurückzulegen, ist leergefegt:
Aber die Brücke am Sprungturm ist wie immer von den Zuschauern gefüllt:
Und ich fotografiere von hinten und muß deshalb niemanden fragen, ob er damit einverstanden ist. Ich muß zugeben, daß mich die neue Datenschutzverordnung schon beeinflußt, zumal ich nicht weiß, was ich darf und was nicht. Vielleicht bekomme ich da am Montag bei einem Vortrag im Predigerwitwenhaus in der Fischbänkenstraße Auskunft.
Jedenfalls sehe ich bald die Schwimmer im Wasser:
Nach zwei Wasserrunden über jeweils 750 m werden die Schwimmer wieder hinauskommen. Matthias Haack, der Sportredakteur von der lokalen Zeitung „Ruppiner Anzeiger“, bringt sich in Stellung:
Dann kommen die Triathleten heraus, laufen hin zu ihren Rennrädern:
Wo ist Dick Gnauck?
Im Vorhinein habe ich die Meldelisten studiert und bin dabei auf den Namen Dick Gnauck gestoßen. Sofort erinnerte ich mich, daß Dick früher mal Geher war. Allerdings hatte ich zu seiner aktiven Zeit nicht mit ihm gesprochen, obwohl ich seit DDR-Zeiten die Geherszene intensiv für die Leichtathletik-Zeitungen verfolgte. Um so mehr reizt es mich, mit ihm zu reden und zu erfahren, wie er die letzten Jahrzehnte verbracht hat.
Mit Startnummer 22 ist er an den Start gegangen, doch die Nummern auf den Schwimmkappen sind nur schwer zu erkennen. Der Sprecher nennt zwar später den Namen Dick Gnauck, doch seinen Umstieg auf das Rennrad verpasse ich. Dagegen kann ich den Start anderer Athleten beobachten:
Zwischendurch fahre ich mit meinem Rad zu meinem Lieblingssee im Stadtpark, dem Goldfischteich. Doch nichts ist von den Goldfischen zu sehen, nichts von den Enten, die sonst hier herumschwimmen. Nur eine grüne „Grütze“ breitet sich aus:
Die Triathleten sind also auf ihrer 40-km-Fahrt, vorbei am Tierpark Kunsterspring, dem ich in drei Wochen wieder mal einen Besuch abstatten werde. Da nach dem Radfahren noch ein 10-km-Lauf folgt, fahre ich schnell nachhause, um zu Mittag zu speisen.
Rechtzeitig bin ich dann zurück, um den Einlauf der Triathleten mit zu erleben.
Vor allem will ich ja Dick Gnauck abpassen. Und da hilft mir dann, als er verkündet: Dick Gnauck (ASV Erfurt) im Ziel. Das ist dann schon eine erste Gemeinsamkeit zwischen uns beiden. Er für einen Erfurter Verein startend und ich in Erfurt geboren. Die zweite Gemeinsamkeit: Wir haben beide sehr lange in Berlin gewohnt, Dick lebt heute noch dort.
Nicht sehr abgekämpft sieht er aus, als er sich eine Banane gönnt:
Wir verabreden uns zum Gespräch. Zunächst aber spaziert er zu seinem Rad (Baujahr 1992), um sich umzuziehen:
Dann gönnt er sich ein Bier und eine Bratwurst. Aber natürlich interessiert ihn auch das Ergebnis des Triathlons. Er nimmt Lesebrille, die gut verpackt in der Seitentasche seines Bonesta-Trikots steckt, heraus und liest: Platz 3 in seiner Altersklasse TR55, das reicht für den Platz auf dem Treppchen:
Und danach setzen wir uns in Ruhe auf eine Bank im Bereich des Schwimmbades und plaudern über alte Zeiten, über seine Anfangsjahre im Gehsport, seine berufliche Entwicklung (er studierte Ingenieurpädagogik und arbeitete danach als Lehrmeister), seine berufliche Neuausrichtung nach dem Ende der DDR 1990 und seine lange Karriere als Triathlet. Über all das berichte ich später hier in einer Extrageschichte.
Für diesen Samstag haben wir unser Redepensum ausgereizt. Noch zwei Abschiedsfotos:
Und dann folgt für Dick Gnauck noch die 90-km-Radfahrt gen Berlin. Mir reichen die 5 km bis Nachhause. So kann ich mich dann in Ruhe auf den Abend vorbereiten. WM-Fußball steht auf dem Plan, Deutschland und Schweden treffen sich in Sotschi. Und nach der erfrischenden Begegnung mit Dick Gnauck erwartet mich viel Spannung, viel Herzklopfen und in der 95. Minute das sensationelle Tor von Toni Kroos, dem gebürtigen Greifwalder und heutigen Star von Real Madrid, zum erlösenden 2:1 –Sieg der deutschen Mannschaft. Intensiver kann ein Sport-Samstag nicht sein.
Peter Grau