Schon vom Parkplatz aus kann man einen Blick auf die Wettkampfanlagen werfen. Und man darf sich zunächst auch Gedanken über den Namen Sportzentrum Brandberge machen. Brandberge – dieser Name irritiert ein wenig. Und bei Wikipedia werden die Brandberge als ein 92 Hektar großes Naturschutzgebiet beschrieben, im nordwestlichen Stadtgebiet von Halle, zwischen Kröllwitz und Heide Nord.
Nicht Berge im eigentlichen Sinne erwarten einen, sondern vielmehr eine hügelähnliche Landschaft. Sie hatte ich ja schon bei meinem Abstecher rund um die Kröllwitzer Brücke gesehen. Die Brandberge haben ihren Ursprung in kalkhaltigem Gestein, hat man mir früher mal erzählt. Davon ist hier allerdings wenig zu sehen. Vielmehr viel Grün, viel Rasen. Denkt man sich die einzelnen Wurfanlagen weg, dann ist es einfach eine große Wiese, dazu eine Ebene höher noch ein Rasenplatz. Mittendrin steht die Wurfhalle, in der allerdings nicht geworfen wird, sondern in der die Athleten Kraft im Kraftraum tanken können. Bei den Werfertagen dient sie den Athleten vor allem als Aufenthalts- und Aufwärmraum.
Und an diesem Sommertag nutzen sie gern die Kühle der Halle. Da die Wettkämpfe noch nicht begonnen haben, suche ich auch zunächst diese Halle auf, um nach Gesprächspartnern Ausschau zu halten. Da läuft mir zum zweiten Mal Boris Obergföll über den Weg, Bundestrainer und Heimtrainer seiner Frau Christina. Gemeinsam mit Werner Daniels, dem langjährigen Trainer der Weltmeisterin von 2013, läßt er die Speere überprüfen:
Jürgen Schmitt, seines Zeichens Obmann der Gerätekontrolle, wiegt jeden Speer, ermittelt den Schwerpunkt und stellt den Durchmesser der Speere an verschiedenen Meßpunkten fest. Stimmt alles, bekommt der Speer das „Okay“.
Gerätechef Jürgen Schmitt bei der Arbeit
Gleich daneben wird Kugelstoßer David Storl vom Physiotherapeuten auf den Wettkampf vorbereitet. Nicht nur ums Knie kümmert er sich, er prüft auch die Reflexe.
Ansonsten wird in der Halle viel gedehnt, oder einfach nur geruht. Auch hier überwiegt das Familiäre, die Zuschauer können einfach durch die Halle spazieren und zusehen.
Die Präsentation der Spitzenathleten
Familiär ist auch immer die Vorstellung einiger Spitzenathleten zu Beginn der Veranstaltung. Schon hier ist die Aufmerksamkeit des sachkundigen Publikums zu spüren.
Ein herzliches Willkommen wünscht Gesamtleiter Dr. Falk Ritschel:
Kleine Geschenke werden den Athleten überreicht, die Fotografen kommen auf ihre Kosten:
Kathrin Klaas, Christina Obergföll, Linda Stahl (von links)
Lokalmatadorin Nadine Müller
Dann aber beginnt endlich das eigentliche Kräftemessen.
Ab 12.30 Uhr versammelt sich eine unübersehbare Menge rund um den Kugelstoßring. Man muß als Zuschauer möglichst 2 Meter groß sein und dazu über Stehvermögen verfügen, um alles verfolgen zu können:
Aber wer nicht alles mitbekommt, wird vom Sprecher auf dem Laufenden gehalten.
Ich schaue mir das Ganze aus der Ferne an und blicke auf den Wurfsektor:
In der anderen Richtung erblicke ich das Schild „Doping-Kontrolle“:
Der Weg der dafür ausgelosten bzw. bestimmten Athleten führt von dort hinunter in die nächste Halle, die Sporthalle Brandberge. Diese Halle ist vor allem als Leichtathletikhalle konzipiert und bietet mit 1.840 Sitz- und 160 Stehplätzen viel Platz für die Zuschauer. Aber nicht nur Leichtathletik wird dort zelebriert, sondern es finden auch kulturelle Veranstaltungen aller Art statt.
Doch heute, an einem Sommertag, spielt sich das sportliche Geschehen im Freien ab.
Meine Aufmerksamkeit gilt den aktiven Kugelstoßern. Einfach ist es, die „Rückfront“ des nach David Storl gegenwärtig zweitbesten Deutschen Tobias Dahm aufs Foto zu bekommen. Er sitzt nach seinem dritten Versuch von 19,77 m auf der Bank am Rande des Sektors und beobachtet die Konkurrenz:
Einfach ist es auch, David Storl bei seinen Vorbereitungen „abzulichten“:
Schwerer ist es für mich dagegen, die Aktionen der Kugelstoßer aus der Entfernung ins rechte Bild zu setzte. Da reicht, wie vorher schon beschrieben, der „Zoom“ meiner Kamera nicht aus. Aber mit ein wenig Phantasie erkennt man hier, daß Publikumsliebling David Storl gerade die Kugel aus der Hand „gelassen“ hat:
20,25 m werden für ihn gemessen, und das sollte am Ende sein weitester Versuch bleiben. Der Weltmeister von 2011 und 2013 und Olympiazweiter von 2012 ist damit nicht zufrieden, auch wenn es sein Saisoneinstand nach 8 Monaten Wettkampfpause ist.
So äußert er sich später im Gespräch mit den Journalisten recht enttäuscht.
Und hier sieht man wieder die Vorteile des Meetings für die Medien. Sofort nach Ende des Wettkampfes stehen die Athleten zur Verfügung, und David Storl darf schildern, wie er alles bewertet und auch, wie es seinem Knie „geht“. Diese Frage aber hörte er wohl zu oft, denn leicht genervt meint er bald: „ Hört doch endlich mit dem Quatsch auf“. Man kann das als gutes Zeichen deuten.
Die Journalisten bei der Arbeit:
Frank Schober (rechts, Leipziger Volkszeitung) interviewt David Storl
Gespanntes Lauschen bei Ralf Jarkowski (dpa)
Hier werden die „goldenen Worte“ festgehalten, die später um die Welt gehen.
Jan-Henner Reitze hält alles für „leichtathletik.de“ im Video-Interview fest.
Nach dem Interview-Marathon geht es für David Storl dann zur Siegerehrung. Vorher werden noch freundliche Worte mit dem Ex-Kugelstoßer Ralf Bartels (rotes T-Shirt) gewechselt, der hier in Halle früher zu den Lieblingen des Publikums gehörte, auch wenn er nicht immer gewinnen konnte. Oliver-Sven Buder (ganz links) schaut zu, auch ein Exkugelstoßer ( über ihn kann man bei mir in „ Treffs mit Leichtathleten“ manches nachlesen.).
Typisch für Halle, wo sich aktuelle und frühere Athleten immer wieder freundschaftlich begegnen.
Dann also die Siegerehrung für die Kugelstoßer:
Zunächst wird Tobias Dahm (VfL Sindelfingen) für seinen dritten Rang ausgezeichnet:
Dann darf sich David Storl (SC DHfK Leipzig) zu seinem zweiten Platz beglückwünschen lassen:
Nach seinen vorherigen Leistungen nicht unerwartet gewinnt der polnische Drehstoßer Konrad Bukowiecki mit einer Weite von 20,62 m:
Die mehr oder weniger glücklichen Drei:
Und erwähnenswert noch, daß Dennis Lewke (SC Magdeburg / 19,42 m) Vierter wird, Christian Jagusch (SC Neubrandenburg / 19,09) Siebenter und Patrick Müller (SC Neubrandenburg /19,05) Achter.
Die Königin der Werfertage
13.30 Uhr beginnt der Diskuswurf der Frauen, gleich neben der Kugelstoßanlage. Für die Diskuswerfer stehen vier Wurfringe zur Auswahl und jeweils kurz vor Beginn des Wettkampfes kann vom Veranstalter der vermeintlich beste, sprich windbegünstigste Ring ausgewählt werden. Zwar hat man sich früher auch mal bei dieser Auswahl vertan, aber wie sagt man so schön: „ Mit des Windes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten“. Oder so ähnlich. Diesmal spielte der Wind eine relativ untergeordnete Rolle, denn er wehte nur recht schwach.
Aber stark war die Leistung der Berliner Diskuswerferin Julia Fischer, über die ich schon ausführlich in meinem Tagebuch berichtet habe (siehe: Julia Fischer – die Königin der Werfertage).
Peter Grau
(Fotos: Peter Grau)
Fortsetzung unter: Die Halleschen Werfertage 2016 – von Kathrin Klaas bis Christoph Harting