Lauferlebnisse

Norbert und Franky – meine Helden beim Transalpine Run 2017

Trans Alpine Run Logo

Eine ganze Woche lang, vom 3. bis 9. September 2017, war ich auf dem „Ritt“ über die Alpen beim GORE-TEX Transalpine Run. Bei dessen 13. Auflage durch vier Länder waren für die Zweierteams auf insgesamt sieben Etappen  rund 270 km und 15.500 Höhenmeter zu bewältigen. Dauerregen, Schneefall, Nebel, Sonnenschein, alles war im Angebot. Und die Wege waren entsprechend schwierig zu laufen, Geröll auf vielen Wegen, Unebenheiten und oft Bergpassagen, in denen man nur gehen konnte, erschwerten alles und waren eine harte Probe für Gelenke, Sehnen, Muskeln. Vor allem aber war der Kopf gefordert.

Norbert zwei Logo

Anfangs habe ich geschrieben: Ich war auf dem Ritt. Das ist aber leicht übertrieben. Ich bringe zwar die Erfahrung von vielen Rennsteigläufen mit, wo ich in den thüringischen „Bergen“ jeweils die 45-km-Strecke bestritt. Aber, nur einmal im Jahr, und eben nur über Hügel. Ein Bergläufer aber war ich nie, ich mochte flache Asphaltstrecken.

So war ich heilfroh, daß ich beim Transalpine Run nicht aktiv dabei war, sondern das Geschehen nur passiv im Internet verfolgte. Und dabei hatte ich vor allem das Zweierteam Norbert Hensen/Frank Franky Bauknecht im Auge.

Wer sich zunächst orientieren möchte, um was es in diesem Lauf geht, dem sei ein Blick in die offizielle Homepage des Alpenlaufes   http://transalpine-run.com/     angeraten.

 

Franky sechs

Noch lächelnd vor dem Start: Norbert Hensen (rechts) und Franky Bauknecht

Viel gehörte zum Gepäck der Läufer:

Franky sieben Franky acht Franky neun Franky zehn

 

Sieben Etappen von Fischen bis Sulden

In Fischen im Allgäu (Deutschland) begann das Abenteuer für Norbert und Franky und all die anderen rund 600 Läuferinnen und Läufer.   Lech am Arlberg, St. Anton am Arlberg, Landeck, Samnaun, Scoul, Prad am Stilfserjoch hießen die einzelnen Etappenorte, ehe es am letzten Tag in den Zielort Sulden am Ortler (Italien) ging.

Norbert Hensen kenne ich seit gefühlten 50 Jahren, auch wenn er gerade erstmal 46 Jahre alt geworden ist. Unsere erste Bekanntschaft hatten wir als Mitarbeiter der Zeitschrift „Leichtathletik“ am Rande irgendeiner Deutschen Meisterschaft oder einer internationalen Meisterschaft. Welcher? Da müssen wir uns gemeinsam noch erinnern. Seitdem riß unsere Verbindung nie ab, auch wenn er in Köln wohnte und wohnt, und ich in Berlin bzw. nun in Neuruppin.

Zuletzt trafen wir uns 2016 am Rande des Berlin-Marathons.

Frank Franky Bauknecht kannte ich bisher noch nicht. Er war der Teampartner von Norbert Hensen beim Trans Alpine Run (TAR), wurde deshalb auch mein Facebookfreund und rückte mir durch eben dieses Laufabenteuer nahe.

Vom Starttag an habe ich jeden Tag verfolgt, wie beide die Strecken von ca. 30 bis 46 km bewältigten, wie sie das Auf und Ab der Alpen erlebten, bis auf Gipfel von 3000 m hochstiegen und wie sie als Team funktionierten.

Franky drei Franky zwei Franky eins Franky vier Franky fünf Norbert fünf Norbert zehn Norbert vier

 

Bei mynextfinish konnte ich in einem Blog nachempfinden, was beide erlebten.

Bald entdeckte ich auch einen Live-Monitor, auf dem bei den einzelnen Verpflegungspunkten (V1, V2, V3) und im Zielort die einkommenden Läufer registriert wurden. Ich kannte die Zeiten, bis zu denen sie an den Meßpunkten sein mußten, wenn sie nicht aus dem Rennen genommen werden wollten. Und je mehr das Endziel herbeirückte, desto spannender empfand ich das Ganze. Ich schrieb deshalb auch Norbert und Franky zwischendurch über Facebook:  „Jedesmal, wenn ich Eure Namen aufblitzen sehe, springe ich vor Freude bis fast an die Decke“.  Und den größten Sprung machte ich, als das Team  mynextfinish   am 9. September mit dem Wort „Finish“ aufgeführt wurde:

Norbert zwölf Norbert elf

 

Jeden Tag berichteten Norbert und Franky am Abend aus dem Hotel, wie es ihnen ergangen war. Und man konnte mitfühlen, daß die Leiden und Strapazen immer größer wurden. Es wurde dann klar, daß der Kopf bald die Hauptrolle übernahm. Norbert meinte am vorletzten Tag: „ Es war schwer, sehr schwer. Mein Sprunggelenk schmerzt und auch sonst tut mir manches weh. So langsam gehen mir die Kinesio Tapes aus (Tapes: Klebebänder, die Verletzungen kurieren, Muskeln lockern und Entzündungen hemmen). Aber, und das schrieb mir seine  Kollegin Verena Schwarz, die in Köln mit ihm auch einige Trainingsläufe absolviert hatte: „ Norbert ist mental stark!“   Und diese Stärke half ihm auch ins Ziel.

Norbert drei im Ziel

Meine beiden Helden, Franky Bauknecht und Norbert Hensen (rechts)

 

Wenige Stunden nach ihrem finalen Einlauf ins Ziel faßten beide ihre Eindrücke kurz zusammen.

Norbert Hensen:

Was für eine Woche. Mit Höhen, Tiefen, Schmerzen, wunderschönen Momenten und dem besten Teampartner Frank Franky Bauknecht. Er wurde am Ende jeden Tag stärker. Immerhin konnte ich nach dem Tief gestern heute nochmal den Aufstieg auf die Tabaretta-Scharte auf 2900 Meter genießen. Aber knapp 5000 Höhenmeter sind für diesen Lauf definitiv zu wenig in der Vorbereitung. Franky ist ein Tier am Berg. Hauptsache Finisher, etwas anderes war nie unser Ziel. Ausführlicher Bericht folgt – aber jetzt erstmal feiern. Danke an alle, die in dieser Woche mitgefiebert und gelitten haben!!

Franky Bauknecht:

WE ARE FINISHER ! 7 Tage gemeinsam über die Alpen. Als Team mynextfinish gemeinsam ins Ziel gekommen. Hammer. Wir müssen erstmal alles verarbeiten. Kleines Fazit: Aus einem Kölner Jung wird nicht so schnell eine Bergziege- dafür aber der beste Teampartner für diese Woche. Danke Norbert Hensen. Alles weitere wie Videos, Berichte und Bilder folgen die Tage. Lasst uns feiern und genießen. Danke auch vorab an alle fürs mitfiebern, kommentieren, motivieren und dabei sein. Es hat Euch hoffentlich auch Spaß gemacht.

Für den Internetdienst  larasch ( www.larasch.de) begleiteten Robin Reich und Hermann Ziege das Zweierteam Hensen-Bauknecht und drehten jeden Tag kurze, aber aussagefähige Filme.

Eine Zusammenfassung der sieben Folgen ist unter

https://www.youtube.com/watch?v=Lt0N27ROYm4&list=PL27Blruj8EYu22XKLem2MuiPJls7shbzj

zu sehen.

Ein längerer Film wird folgen und viele Fotos sind inzwischen ins Internet gestellt worden. Wer mag, kann dort herumstöbern. Gern hätte ich auch hier schon mehr Fotos gezeigt, doch da muß ich erst mit den Fotografen klären, welche Fotos ich honorarfrei verwenden darf.

Mein nächstes Ziel: der Hubertuslauf

Ich aber habe für mich ganz persönlich ein kleines Fazit gezogen: Wenn Norbert und Franky solch ein Etappenrennen bewältigen können, dann sollte es mir doch nicht schwer fallen, nach einer längeren Laufpause, in der ich immer wieder um einen Neuanfang kämpfte, nun beim nächsten Hubertuslauf in Neuruppin am  29. Oktober 2017  die doch  nur kurze Strecke von 8 km bewältigen zu können. Ich werde dabei an Norbert und Franky denken und nochmals laufenderweise ihre Leistung würdigen.

Peter Grau

Werner Sonntag: Die Lauflegende, der Laufjournalist und Kultbuchautor wurde gerade 91 Jahre

Werner Sonntag Porträt

Meine erste Begegnung mit Werner Sonntag liegt sehr lange zurück. Es war  im Mai 1987, als ich auf meiner ersten Westreise nach dem Mauerbau 1961  in der Heimat von Werner Sonntag, im Stuttgarter Raum, konkret in Ostfildern, weilte und mit  Werner in den Schwarzwald fuhr, um dort am 3. Internationalen Schluchseelauf über 18 km teilzunehmen. Vor allem ist mir davon in Erinnerung, daß wir am 3.Mai in der Nähe des Feldbergs noch Schnee vorfanden.

Meine Medaille vom Schluchseelauf:

Werner Sonntag Schluchseelauf

Ein Jahr später nutzte ich erneut die Gunst der Stunde, eher die Gunst des Verwandtseins. Mein Onkel Karl, der in Eßlingen bei Stuttgart wohnte, hatte im Mai Geburtstag (er wurde 89 Jahre),  und das war eine dringende Familienangelegenheit, lt. DDR-Terminus. So durfte ich wieder  zwei Wochen in den Westen reisen. Am 28. April kam ich in Stuttgart an, nach einem Stadtbummel bin ich am Nachmittag nach Ostfildern gefahren, wo Werner Sonntag schon damals wohnte. Ab 17 Uhr, so meine Aufzeichnungen, lief ich mit Werner 11 km auf seiner Hausstrecke. Anschließend folgte ein leckeres Abendessen bei ihm und seiner Frau. Danach fuhr ich wieder zu meinem Onkel, feierte am 2. Mai dessen Geburtstag. Am 6. Mai hatte ich mich dann mit Werner Sonntag am Stuttgarter Hauptbahnhof verabredet, um mit ihm nach München zu fahren, wo wir dann beide am 8. Mai den München-Marathon liefen. Ich war mit meinen 3:32:19 h glücklich, Werner mit seinen 3:45 h. Am Nachmittag ging es dann per Auto mit Werner Sonntag zurück nach Stuttgart.

Meine Medaille vom München-Marathon:

Werner Sonntag München-München-Marathon

Das nächste Treffen mit Werner Sonntag folgte ein Jahr später, 1989. Wieder liefen wir gemeinsam auf seiner Hausstrecke, trafen uns beim Abendessen. Gemeinsam mit ihm fuhr ich dann nach Zürich, ich lief den Halbmarathon und er den Marathon.

Dann fiel die Mauer, ich konnte nun ohne besondere Gründe in den Westen fahren. Und weil ich dann als Anlaufpunkt meine Tante Gerda in Stuttgart-Feuerbach hatte, traf ich mich noch einige Male mit Werner Sonntag.

In Berlin begegneten wir uns am Rande eines Berlin-Marathons. Werner lief damals mit, ich verletzungsbedingt nicht:

Werner Sonntag Begegnung beim Berlin-Marathon

Ansonsten blieb uns der briefliche Kontakt. Er verfolgte meine Aktivitäten in der Zeitschrift „Leichtathletik“, ich seine in diversen Zeitschriften und seit langem auch im Internetdienst „LaufReport“, wo Werner Sonntag eine wöchentliche Kolumne hat.

Und in diesem „LaufReport“ las ich auch eine lange, sehr inhaltsreiche Geschichte, die Wolfgang W. Schüler über Werner Sonntag aus Anlaß dessen 90.  Geburtstags geschrieben hat.

Lesen Sie diese Geschichte  unter:  http://www.laufreport.de/impressum/team/sonntag/sonntag.htm

Am 22. Juni 2017 wurde Werner Sonntag 91 Jahre. Ich wünsche ihm vor allem viel Gesundheit und weiter eine flotte Feder. Es sind nur noch 9 Jahre bis zur 100!

Peter Grau

Auf Laufspuren – Wo ich früher in Berlin trainierte

Je mehr die Welt durch schlimme Nachrichten erschüttert wird und der Sport im Dopingsumpf versinkt, versuche ich, durch eigenes Sporttreiben dagegenzuhalten. Nur so, glaube ich, kann ich mein persönliches Gleichgewicht halten bzw. finden.

Und in diesem Zusammenhang ist es hilfreich, wenn ich mich an Vergangenes erinnere, um daraus Kraft zu schöpfen.

Am Sonntag (17. Juli) weilte ich wieder mal in Berlin und begab mich alsdann auf die Spuren des Lauftrainings. 1974 hatte ich mit dem Laufen begonnen, und die ersten Runden drehte ich auf dem Zachertsportplatz in Berlin-Lichtenberg. (lese dazu auch unter „Geschichten aus meinem Läuferleben“)

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Dort sieht es jetzt ganz anders aus als früher. Die damalige Aschenbahn ist schon seit längerem einer Tartanbahn gewichen.

Der Schaukasten unserer Laufgruppe aber existiert noch. Einige Läufer auf dem Foto erkenne ich noch.

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Aber der zweite Schaukasten ist gerade zerstört worden:

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Hier also trafen wir uns, d.h. die Laufgruppe von Borussia Friedrichsfelde.

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klein Rennsteig 1987

Laufgruppe von Borussia Friedrichsfelde vor dem Start beim Rennsteiglauf

 

Wer gehörte damals zu unserer Laufgruppe?

Jürgen Stark, Horst Prill, Bernd Dehnke, Siggi Büttner, Peter Grau, Gunther Hildebrandt, Michael Täuber (Köln), Klaus Hennig, Werner Pohl, Günther Peschel, Manfred und Gabi Naumann, Michael Kujath. Erst später hinzu kamen dann Klaus Hopf und seine Frau Birgit.

Ebenfalls auf diesem Trainingskurs liefen Udo Bauermeister und Rainer Lehmann, aber sie liefen separat, weil sie zu schnell für uns waren.  Gudrun Strohbach wohnte direkt am Zachertsportplatz, war schon in jungen Jahren Langstrecklerin und im DDR-Marathonlauf an der Spitze. Sie war sicherlich auch viel zu schnell für unsere „langsame“ Trainingsgruppe, aber zumindest auf dem Sportplatz sind wir oft gemeinsam mit ihr gelaufen.  Und auch heute läuft  Gudrun, seit langem mit Gerhard Brettschneider verheiratet, regelmäßig und nimmt an Wettkämpfen im Orientierungslauf teil.

Gudrun Porträt

Gudrun Brettschneider im Jahre 2015

 

Ehe ich mich auf die Laufstrecke begebe, schaue ich noch in die Lincolnstraße, in der ich auch einige Zeit eine Wohnung hatte.

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In einem der Häuser rechts habe ich gewohnt:

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Sie machen einen schmucken Eindruck und die ganze Straße ebenfalls.

In der anderen Richtung sind linkerhand eine ganze Reihe neuer Häuser hinzugekommen. Dort gab es früher einen Kindergarten.

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Doch nun zurück zum Ausgangspunkt des Trainings. Manchmal war ich gleich am Anfang mit dabei, manchmal stieß ich auch erst später, nach zehn Minuten hinzu, denn ich wohnte an unserer normalen Trainingsstrecke Richtung Wuhlheide.

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Los ging es also vom Sportplatz, nach links auf einem schmalen Weg. Damals gab es aber noch nicht soviel sattes Grün wie heute:

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Vorbei an einer Schule, dann die Rummelsburger Straße überquert und durch das Wohnviertel gelaufen. Wieder überrascht mich heute das viele Grün, sogar einige Kiefern sind hinzugekommen:

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Weiter führte uns damals der Weg die Hans-Loch-Straße entlang und vorbei an der Mellenseestraße.

Dort wohnte ich lange Zeit in einem Neubau, im 10. Stock, links oben:

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Gegenüber lag damals wie heute eine Schule, meine jüngste Tochter ging in diese Schule:

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So sieht es heute hinter dem Haus Mellenseestr. 60 aus, die Bäume sind fast in den Himmel gewachsen:

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Nach dem Abstecher aber weiter auf dem Laufweg, entweder direkt geradeaus:

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oder aber die langgeschwungene Kurve der Hans-Loch-Straße entlang:

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Vorbei an einer Autowaschanlage, die es damals auch noch nicht gab:

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Und dann ein markanter Punkt: Unter den S- und Eisenbahngleisen hindurch:

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Gleich wird es wieder grün:

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Links ab geht es durch eine Gartenanlage:

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Kurz auf die blühenden Gärten geschaut und weiter durch das nächste Wohngebiet an der Ilsestraße. Und bei Ilse fällt mir einmal meine Tante Ilse ein, die immerhin 100 Jahre alt wurde und von 1912 bis 2012 in Erfurt lebte. Zweitens erinnere ich mich an folgenden Spruch: „Ilse Bilse, niemand willse. Kam der Koch, nahm sie doch, steckte sie ins Ofenloch. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, wo ist denn mein Schatz geblieben?

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Blick zurück in die Ilsestraße:

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Dann geht bzw. läuft es weiter nach links, ein wenig steigt der Weg an:

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Ich erkenne die Häuser auf der rechten Seite wieder:

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Und dann belebt sich die Straße. Ein Gruppe von gefühlt 50 Radfahrern zieht an mir vorbei:

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Auch sie drängen über die schmale Fußgängerbrücke.

Bevor ich aber auf der Brücke bin, schaue ich nochmal nach links, in die Dönhoffstraße:

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Nun also über die Brücke, die wegen der vielen Schmierereien ziemlich unansehnlich wirkt:

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Dann traben wir durch den Traberweg:

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Wieder mache ich einen kleinen Abstecher zu einem Haus in der Treskowallee. Dort, direkt an der viel befahrenen Straße und gegenüber der Karlshorster Trabrennbahn, habe ich ebenfalls einige Jahre gewohnt:

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Das war mein Balkon:

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Im Jahr 2005 habe ich diese Wohnung dann gekündigt und bin nach Neuruppin gezogen. Für einige Zeit zog mein Journalisten-Freund Christian Klaue in diese kleine 2-Zimmer-Wohnung. Er arbeitete damals beim Sportinformationsdienst (sid) in Berlin, wechselte 2009 als Leiter der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit zum Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und ist seit dem 1. September 2015 direkt am Gipfel der sportlichen Macht, beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC), angekommen. Dort ist er für die Kommunikations- und Medienarbeit für die deutschsprachigen Länder zuständig. An ihn muß ich beim Niederschreiben dieses Textes denken, denn er erlebt gerade eine sehr aufregende Zeit, mitten im Geschehen rund um das Doping in Rußland.

Wir liefen damals ungedopt, und es machte uns fast immer riesigen Spaß, gleich, ob wir nun eine, zwei oder drei Stunden unterwegs waren.

Der Trainingsweg führte ganz dicht an dieser meiner Wohnung vorbei, vom Traberweg zur Treskowallee:

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Aus dieser Richtung kamen wir:

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Irgendwann mußten wir auf die andere Straßenseite. Meistens wählten wir dazu diese Straßenbahnhaltestelle:

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Dabei bekamen wir damals noch mit, daß sich auf der rechten Seite ein großer Krankenhauskomplex der Sowjetarmee befand. Der ist nun fast vollkommen abgerissen, nur zwei verfallene Gebäude sind noch zu sehen:

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Auf dem Großteil des Geländes aber ist ein neuer Bau des Diakoniewerkes Simeon entstanden:

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Das Schild an der Straßenbahnhaltestelle zeigt uns, wo wir sind:

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Aber ich weiß auch so, daß es nun nach links hinein ins Grüne geht:

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Es kommt mir alles aber sehr schmal vor. Ich werde also unsicher, ob es hundertprozentig der richtige Weg von damals ist.

Links erblicke ich den Eingang zum Bad, das es auch damals schon gab und das sich heute Sommerbad nennt:

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Dann sehe ich zur Orientierung diese große Schautafel:

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Und dann erblicke ich den breiten Weg, der hin zum Pionierpark führte.

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Der Weg ist zwar nicht mehr so breit wie früher, es sind auch viele neue Bäume am Rand gepflanzt worden.

Aber ich fühle mich trotzdem irgendwie heimisch. Und genieße die Natur:

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Doch dann ist für heute Schluß. Die Trainingsstrecke von damals rennt mir ja nicht weg. Beim nächsten Mal werde ich den anderen, größeren Teil unseres Trainingsreviers erkunden.

(Fortsetzung folgt demnächst)

Die 25 km in Berlin

Am Pfingstsonntag ( 15. Mai 2016) findet der 25-km-Lauf in Berlin zum 36. Mal statt, nunmehr unter der Bezeichnung BIG 25 Berlin. Das hat sporthistorische Bedeutung, so ist in der diesjährigen Pressemittteilung des Veranstalters zu lesen.

Als am 3. Mai 1981 die „25 km de Berlin“ ihre Premiere hatten, war dies auch ein Start für die Laufbewegung. Während in den USA und Großbritannien sowie einigen anderen Ländern das Laufen viel populärer war und bereits große Cityrennen stattgefunden hatten, steckte die Laufbewegung in der Bundesrepublik noch in den Kinderschuhen.

Die Straßen der großen Städte waren bis zu jenem 3. Mai 1981 nicht für die Läufer da. Es gab zwar schon vorher, bei den Marathonveranstaltern in Berlin und Frankfurt, Bestrebungen, es den Amerikanern nachzumachen. Doch durchsetzen konnten diese Pläne zuerst die französischen Alliierten in Berlin. Sie organisierten die „25 km de Berlin“, die somit zu einem Wegbereiter deutscher Cityläufe wurden. Heute heißt das Rennen BIG 25 Berlin und wird organisiert von BERLIN LÄUFT.

Der französische Major Bride hatte einst die Idee für einen 25-km-Lauf quer durch Berlin. Vorbild war für ihn das 20-km-Rennen von Paris nach Versailles. Da das alliierte Recht in Berlin Vorrang hatte, konnte die Polizei nichts unternehmen, um den Lauf mitten durch die Stadt zu stoppen. Nicht nur für Major Bride und die ihm bei der Organisation zur Seite stehenden Institutionen, der Landessportbund (LSB) und der Berliner Leichtathletik-Verband (BLV), bedeutete das einen Großeinsatz, auch für die Polizei. Doch die „25 km de Berlin“ wurden zu einem viel beachteten Erfolg – ein Durchbruch! Noch im selben Jahr verlief auch die Strecke des Berlin-Marathons durch die Innenstadt.

3.250 Läufer starteten bei der Premiere 1981. Die Soldaten der westlichen Alliierten bildeten während der ersten zehn Jahre einen nicht unerheblichen Anteil am immer größer werdenden Teilnehmerfeld.

Den Höhepunkt erlebten die „ 25 km de Berlin“ im Jahre 1990.

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Start auf dem Olympiaplatz, Foto: Bock

Rund ein halbes Jahr nach dem Fall der Mauer rannten 14.300 Läufer aus aller Welt durch die Stadt. Und der Autor war glücklich, einer von ihnen zu sein.

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 Meine  Startnummer 1990

Nach nunmehr 26 Jahren kann ich mich nicht mehr an jede Einzelheit des Laufes erinnern. Ich weiß aber, daß ich jeden Meter genoß, auch, weil ich ja diese Strecke noch nie gelaufen war und besonders der Lauf durch Ost- und Westberlin etwas Spektakuläres für mich war, an das ich vor einem Jahr noch nicht gedacht hatte. Damals, 1989, war ich glücklich, daß ich auf einer „Westreise wegen dringender Familienangelegenheiten“ in Zürich den Halbmarathon laufen konnte. Und -, langsam kommen die Erinnerungen doch wieder hervor-, ich hatte 1989 bereits die Startnummer für die „ 25 km von Berlin“. Ich wollte auf der Rückfahrt aus Westdeutschland einfach in Westberlin aussteigen und den 25-km-Lauf absolvieren. Doch weil die 14 Tage Westaufenthalt zu strapaziös gewesen waren, verzichtete ich letztendlich auf den Start auf dem Olympiaplatz.

Ein Jahr später bekam ich so ganz normal, – so schien es-, meine Startnummer, wobei mir mein Lauffreund Jürgen Roscher, mit dem ich schon mal vorher im Berliner Plänterwald einen Teammarathon bestritten hatte, beim Beschaffen der Startunterlagen behilflich war.

Nicht mehr in Erinnerung ist mir, daß an diesem Sonntag Temperaturen bis zu 28 Grad im Schatten herrschten und es eine Hitzeschlacht wurde. In seinem Bericht für die Zeitschrift „ Leichtathletik“ hatte Eberhard Bock das hervorgehoben, und betont, daß es trotzdem ein großes Volksfest wurde, welches Spitzen- und Volkssport zusammenführte.

Schon damals waren die afrikanischen Läufer tonangebend. Alfredo Shahanga aus Tansania gewann nach 1:15:09 h vor dem Kenianer Douglas Wakiihuri in 1:15:34 und dem Tschechen Uvizl. Aber auf dem vierten Rang kam als bester Deutscher Michael Heilmann in 1:17:08 h an, den ich zuvor schon bei vielen Straßenläufen in der DDR kennengelernt hatte. Michael Heilmann, der ganz dicht an Grenze zu Westberlin in Kleinmachnow lebte und heute noch lebt, empfand diese Veranstaltung ebenfalls als sehr spektakulär.

Jedenfalls liefen wir beide wie die 14.300 anderen Läufer und Läuferinnen ins Olympiastadion ein und genossen diesen einmaligen Moment.

Zwar war meine Zeit von  2:06:06 h  weitab  von meiner Bestzeit von 1:46:34 h, die ich 1983 in Berlin-Weißensee gelaufen war. Doch erklärlich war es vor allem wegen der Hitze und meinem viel geringeren Trainingspensum.

Berlin 1990 Urkunde

Aber es konnte mir natürlich nicht die Freude an der Medaille verderben.

Berlin 25 km 1990 Medaille

Und acht Jahre später, im Jahre 1998,  lief ich nochmals diese 25 km an gleicher Stelle.

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Meine Startnummer 1998

Während des Laufes konnte ich dann auf dem Kurfürstendamm sogar noch dem Fotografen zulächeln.

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Und mich im Ziel im Olympiastadion über diese Urkunde freuen:

Berlin 25 km 1998

Peter Grau / Pressemitteilung

 

Marathon in Zürich: 2016 bei Kälte, 1989 im Sonnenschein

 

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Die Europameisterschaften in Zürich im Jahre 2014 waren zumindest in  Leichtathletik-Kreisen in aller Munde. Damals gab es beim Marathon keine spektakulären Aufgaben, aber das war im August auch nicht zu erwarten. Das Wetter war okay,  die meisten Läufer und Läuferinnen kamen gut durch.

Anders war das nun am letzten Wochenende, am 24. April 2016.

Katharina Heinig, Tochter von Katrin Dörre – Heinig und Wolfgang Heinig, wollte beim Marathon in Zürich unter der Olympianorm von 2:30:30 Stunden bleiben, und nach den Trainingswerten schien das machbar.   Doch dann kam der Wettergott und setzte mit Kälte und Regen den meisten Profi-Athleten ein Halt.

Auf ihrer Facebookseite hat Katharina Heinig das alles emotional und überzeugend beschrieben.  Zwar wird immer noch diskutiert, ob sie nun falsch angezogen gewesen sei und welche Fehler sie ansonsten gemacht habe, aber wegdiskutieren kann man den Einfluß des Wetters nicht.

Ich selbst habe zwar nie einen Marathon aufgegeben, obwohl ich das bei manchem Hitzemarathon gern getan hätte. Aber ich stand auch nie unter dem Zwang, eine Norm zu laufen.

Zürich kenne ich aus eigenem Erleben.

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1989 stand dort der 6. Züri-Marathon auf dem Plan, aber ich kam nicht bis ins Marathon-Ziel. Ein Widerspruch? Nein.  Ich hatte mich von vorherein nur für den Halbmarathon angemeldet. Und den absolvierte ich dann bei Sonnenschein in 1:35:59 Stunden fast problemlos, wenn man von einem ungeplanten Zwischenstop absieht.

Der Onkel half

Damals, im Jahr 1989, war es für mich schon ein Sieg, überhaupt in Zürich starten zu dürfen. Die Mauer stand noch, und normalerweise hätte ich keine Chance gehabt, als Ostberliner in der Schweiz zu sein und Marathon zu laufen. Doch normal waren die Zeiten damals nicht, und dank eines Westonkels, der auch noch zum richtigen Zeitpunkt  Geburtstag hatte, konnte ich „wegen dringender Familienangelegenheiten“ -, so hieß damals der DDR-Terminus-, in den Westen reisen.

1987 war ich „dank meines Onkels“ beim Hamburg-Marathon gestartet, 1988 beim München-Marathon. Und eine kleine Randnotiz zum Jahr 1987: Damals startete ich nicht nur in Hamburg, sondern danach auch noch beim 3. Schluchseelauf über 18 km. Und dort lag am 3. Mai am höchstem Punkt der Strecke, unterhalb des Feldbergs, Schnee.

Schluchseelauf klein 1987

Die Schluchsee-Medaille von 1987

Der Wettergott kann also immer und überall zuschlagen.

Zurück zum Jahr 1989. Da meine Erinnerungen leicht verblassen – immerhin sind  27 Jahre seitdem vergangen-, lasse ich wieder einen Brief sprechen, den ich nach dem Lauf an meine Mutter schrieb und der auch das ganze Drumherum ein wenig beleuchtet:

„ Die Hinfahrt ab Berlin-Friedrichstraße war unkompliziert. Ich hatte 1. Klasse genommen, da es nur dort noch Platzkarten gab. Schlief oder ruhte und kam einigermaßen frisch in Stuttgart an. War zweimal bei Onkel Karl in Esslingen. Am ersten Tag hatte ich mich zum Laufen mit Werner Sonntag in Ostfildern verabredet, blieb aber zu lange bei Onkel Karl, so daß ich erst zum Abendessen nach Ostfildern fuhr.

Zwei Tage weilte ich in Konstanz. Dort kam ich mit einem  Triathleten ins Gespräch, meine Schwägerin hatte ihn auf meine Ankunft vorbereitet. Mit ihm und zwei anderen Läufern fuhr ich am Sonntag früh nach Zürich, um dort zu laufen. Es war gut, daß ich nur für den Halbmarathon und nicht für den Marathon gemeldet hatte. Ich fühlte mich nicht in Form.

Zunächst starteten die Marathonläufer, unser Start war 9.30 Uhr.

Die Strecke führte immer am Zürichsee entlang und fast immer durch saubere Ortschaften. Aber von Beginn an rumorte mein Magen, so daß ich ab 8 km nach einer Toilette Ausschau hielt. In der Schweiz darf man nämlich nicht so einfach in die Büsche gehen. Bei km 12 fand ich dann endlich eine Toilette.

Jan Fitschen hat solch einen Zwischenstop beim Berlin-Marathon praktiziert, vor laufenden Fernsehkameras.

Bei mir waren keine Kameras dabei, warum sollten sie auch. Jedenfalls lief es nach dem Notstop bestens. Das Ziel lag in einem Stadion und mit meiner Zeit von 1:35:59 Stunden und dem 881. Platz  war ich zufrieden. Zudem, wenn man eine Minute für die Startverzögerung und 2 Minuten für die Toilette abzieht.

Meine Kumpels einschließlich Werner Sonntag liefen Marathon. Mit Werner fuhr ich später zurück. In Donaueschingen legten wir eine Kaffeepause ein, abends war ich wieder in Stuttgart.

Der 90. Geburtstag wurde in Coburg gefeiert

Dann hieß es Kofferpacken, und am 1. Mai fuhr ich per Bahn nach Coburg, mit Umsteigen in Nürnberg und Lichtenfeld. Sechs Stunden war ich  unterwegs. Am Bahnhof nahm ich ein Taxi und fuhr zum Gasthof Söhnert in Coburg-Scheuerfeld, bekam den Zimmerschlüssel, sprach mit Onkel Karl und  dann warteten wir auf den Abend. Cousine Ute und Manfred aus Oberweißbach waren schon einen Tag eher mit der Bahn angereist und mit Onkel Karl aus Esslingen nach Coburg gekommen. Abends fand also die Veranstaltung mit ca. 50 Leuten statt.  Ansprachen, kaltes Büffet, Singen von Liedern, Trinken, Gespräche, vor allem mit zwei Mitgliedern der Burschenschaft von Onkel Karl. Das war ja etwas völlig Neues für mich, diese Studenten-Burschenschaften. Die hatten wir an der Berliner Humboldt-Universität leider nicht. Die Zeit verging jedenfalls schnell. Um Mitternacht dann die Gratulation zum 90. Geburtstag meines Onkels (mein Reisegrund!).  Überreichen der Geschenke, noch ein bißchen plaudern und dann ab ins Bett. Am anderen Morgen  zum Bahnhof gefahren, und zufälligerweise kam der nächste Zug schon nach fünf Minuten. Schnell die Fahrkarte gekauft, die freundliche Dame am Informationsschalter reichte mir noch die Umsteigezeiten und ab ging die Post, sprich der Zug. Ein bißchen schnell alles, aber irgendwie hatte mich das Reisefieber gepackt. Nachmittags war ich in Stuttgart, am nächsten Morgen (3. Mai) holte ich in Esslingen meinen Paß wieder ab, und am Abend ging es zurück nach Berlin.

Eigentlich hatte ich geplant, am 7. Mai noch den 25-km-Lauf in Berlin zu bestreiten. Eine Startnummer hatte ich auch schon dafür. Und aus dem Zug aussteigen hätte ich in Westberlin ohne Probleme gekonnt ( das hat ja mein Lauffreund Roland später zum Berlin-Marathon praktiziert). Aber dann habe ich doch darauf verzichtet.“

Soweit die Briefauszüge und soweit das „Abenteuer“ Zürich, das für mich zumindest kein Laufabenteuer wurde.

Peter Grau

 

 

 

1987 in Hamburg: Mein erster Marathon im Westen

 

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Diese Medaille bekam ich am 26. April 1987 im Ziel des Hamburger Marathons überreicht.  3:21:26  Stunden hatte ich für die 42,195 km  gebraucht. Doch es ist nicht allein diese Zahl, die mir in Erinnerung geblieben sind.

 

Ein Traum wurde wahr

Viele Läufe hatte ich bis dahin bestritten, darunter 26  Marathons.  Aber es blieben, wie bei vielen DDR-Läufern, auch Träume. Einmal wenigstens wollte man in New York, Boston oder London, in Westberlin oder Hamburg laufen. Doch, so schien es, mußte man dazu eben erst Rentner sein. Dann hätte man die Chance gehabt, die unüberwindlich erscheinende Mauer zu überwinden.

Träume werden aber auch manchmal schneller wahr. Das politische Klima zwischen Ost und West veränderte sich langsam, ausgehend von den Vereinbarungen der Schlußakte von Helsinki 1975. Speziell im Korb 3 waren dort Themen wie Menschenrechte und Freizügigkeit auf die Tagesordnung gesetzt und später in Folgekonferenzen präzisiert wurden. Gleichzeitig wurde der Drang der DDR-Bürger immer größer,  das Land für kurz oder für immer zu verlassen. Deshalb versuchten die DDR-Machthaber, einige Ventile zu öffnen. Nicht nur Rentnern wurden nun Westreisen genehmigt, sondern auch jüngere Menschen durften bei dringenden Familienangelegenheiten Reiseanträge stellen.

Fieberhaft wurde überall nach Verwandten „gegraben“, glücklich, wer solche im Westen besaß. Ich musste nicht viel „graben“. Einer der Brüder meines Vaters, Onkel Karl, lebte in Esslingen bei Stuttgart, hatte im Mai 1987 seinen 88. Geburtstag und sprach gern eine Einladung aus.

Die nächste Hürde stand noch bevor, denn es wurden ja nicht alle Anträge genehmigt.  Aber bei mir waren die DDR-Behörden wohl einigermaßen sicher, daß ich wieder zurückkommen würde. Schließlich ließ ich ja drei „Pfänder“ da, meine Frau und meine beiden Töchter. Eine Republikflucht war also nicht zu erwarten. Auch, weil außerdem vorher das familiäre Klima erkundet und für gut befunden wurde. So konnte ich erstmals seit dem Mauerbau vom 13. August 1961 wieder meinen Fuß auf westlichen Boden setzen.

Onkel Karl in Esslingen, Tante Gerda in Stuttgart-Feuerbach und Ilse  in Konstanz hießen die offiziellen Reiseziele. Inoffiziell, weil nicht unbedingt von den DDR-Behörden gern gesehen, aber war ein Start beim Hamburg-Marathon. Aber verboten war ein solcher Start auf keinen Fall. Doch ich erzählte vorher nur Familienmitgliedern und einigen wenigen guten Bekannten von meinem Vorhaben.

Mit dem ICE zum Marathon

Erinnern kann ich mich noch gut an meine erste Fahrt mit einem ICE. Von Stuttgart aus ging es in einem solchen ICE direkt nach Hamburg, eine Fahrt voller Vorfreude.

Nicht schwer zu finden waren die Messehallen, wo die Startunterlagen ausgeben wurden.  Aus Vorsicht lief ich unter dem Pseudonym Walter Becker und mit einer Stuttgarter Meldeadresse. Ich wollte ja auch im nächsten Jahr wieder in den Westen fahren.

Hamburg 2 klein Startnummer

Genug Zeit blieb auch noch zu einem Stadtbummel, doch die große Stadtbesichtigung aus der Perspektive des Läufers  stand ja noch bevor.

Die Nacht vor dem Marathon  verbrachte ich in einer Jugendherberge dicht über den Landungsbrücken. Dort, wo ich am nächsten Tag bei km 10 vorbeilaufen würde.

Hamburg klein klein Landungsbrücken

Auch andere Läufer schliefen dort. So der Däne Steen Aagaard aus Odense,  mit dem ich mich lange unterhielt, später auch korrespondierte. Natürlich hatte ich einen unruhigen Schlaf, aber das ist vor einem Marathon normal, mindert in der Regel nicht die Leistung.

Mit 7000 Läufern am Start

Erst zum zweiten Mal fand dieser Hamburg-Marathon statt, der damals hanse-Marathon hieß. Und 7193 Läuferinnen und Läufer holten ihre Startunterlagen ab. Halb soviel wie in diesem Jahr 2016, aber für mich war das trotzdem damals eine Riesenzahl.

In drei Startblöcken versammelten wir uns. Ich war dem Block C 1   zugeteilt. Rein zufällig traf ich, der Ostberliner, dort einen Westberliner, Volker Schröder. Wir hielten auch nach dem Marathon Verbindung. Wenige Monate später besuchte uns Volker  mit Hilfe eines Passierscheines in unserer Wohnung im Ostberliner Bezirk Lichtenberg. Passierscheine gab es damals für Westberliner Bürger für Eintages-Besuche in  Ostberlin. Lange her, aber unvergessen. Wie normal ist dagegen heute alles geworden.

Normal aber war dieser Marathon auf keinen Fall für mich. Das begann schon mit dem Start. Einen solchen Start hatte ich bisher noch nie erlebt. In drei Wellen setzte sich die Läuferschar in Bewegung und kurz vor der Reeperbahn vereinigte sich alles. Reeperbahn: Dieses Wort hatte für mich  einen besonderen, geheimnisvollen Klang. Aber davon war dann an diesem frühen Morgen wenig zu spüren. Laufen war Trumpf, die Damen des horizontalen Gewerbes hatte ihre Schicht noch lange nicht begonnen.

Groß dann der Gegensatz, als die Villengegend an der Elbchaussee passiert wurde.

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Heutige Reihenvillen an der Elbchaussee

 

Erstaunlich, was einem beim konzentrierten Erinnern einfällt, ohne daß man den Streckenplan in die Hand nimmt. Leider habe ich den bisher nicht gefunden.

Irgendwann liefen wir zurück Richtung Innenstadt. Rechts von uns lag das Wasser, konnten wir die Schiffe auf der Elbe sehen. In dieser Zeit hatten wir alle noch genügend Kraft, um uns die Gegend zu betrachten.

Stimmung an den Landungsbrücken

Und dann, kurz vor dem 10-km-Punkt, führte die Straße bergab, das Tempo konnte gesteigert werden. Da waren wir dann an den Landungsbrücken angekommen, dicht unterhalb meiner nächtlichen Schlafstätte. Und über der Straße spannte sich eine Brücke, auf der viele Zuschauer uns zujubelten.  Es folgte bald der Elbtunnel, auch etwas völlig Ungewöhnliches für mich. Noch nie war ich bei meinen Laufveranstaltungen durch einen Tunnel gelaufen. Recht laut konnten wir dort unsere eigenen Schritte hören und noch lauter wurde es, als unser Rufe als Echo zurückkamen. Was man doch während eines Marathons so alles treiben kann.

Irgendwann tauchten wir aus dem Tunnel wieder auf, aus dem Dunkeln in nun gleißendes Sonnenlicht. Es wurde wärmer und wärmer, doch der Beifall der Zuschauer ließ uns manche Anstrengung leichter ertragen. Insgesamt 700.000 Zuschauer wurden geschätzt, und auch das war vollkommen neu für mich.

Als ich einigen Zeit  gemeinsam mit zwei attraktiven Frauen lief, wurde der Beifall besonders stark. Der galt zwar nicht mir, aber ein wenig bekam ich schon davon ab.

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Erinnern kann ich mich, daß ich am Schluß doch das Ziel herbeisehnte, zumal sich die letzte Straße am Dammtorbahnhof leicht ansteigend  ewig hinzog. Dafür war dann nach der letzten Linkswendung schon das erste Glücksmoment erreicht und das wurde  auf der leicht abschüssigen Zielgeraden noch gesteigert. Das Ziel vor Augen, den Beifall der Zuschauer genießend, das entschädigte für die Strapazen vorher, die allerdings durch mein vorhergehendes gutes Training zu ertragen waren.

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Erschöpft sah ich im Ziel  zwar aus, aber das war auch nicht der perfekte Moment für ein Zielfoto. Der wäre fünf Meter vorher gewesen, als ich schon jubelnd die Arme hob.  Warum  meine Endzeit von „nur“ 3:21:26 Stunden 13 Minuten über meiner bisherigen Bestzeit von 3:08:57 Stunden lag, ist leicht zu erklären. Es war mir einfach zu warm geworden. Waren es anfangs am Start 12 Grad gewesen, zeigte das Thermometer im Ziel 21 Grad. Einfach zuviel, denn ein Hitzeläufer war ich nie. Aber trotzdem war ich sehr glücklich.

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Ergebnisheft des hanse-Marathons 1987

Die erste Belohnung kam in Form einer  geschmackvollen Medaille, die zweite dann mit der Teilnahmeurkunde. Die Urkunde war vom Begründer und langjährigen Chef des Hamburger Marathons, Wolfgang Kucklick, unterzeichnet. Und wie es der Zufall so will, hatte ich bald noch die Gelegenheit, mit ihm in den Messehallen ein kurzes Gespräch zu führen.

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Und auch die Siegerehrung für  die Frauensiegerin  Charlotte Teske (2:31:49) und den Männersieger Karel Lismont (Belgien / 2:13:46) erlebte ich im Kreise vieler anderer Läufer mit.

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Charlotte Teske

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Karel Lismont

Das einmalige Erlebnis des Hamburg-Marathons  behielt ich in meinem Herzen. Nur meiner  Familie, Freunden und wenigen ausgewählten Lauffreunden berichtete ich von meinem ersten West-Marathon. Wie gern hätte ich aller Welt davon erzählt, wie gern hätte ich in der Zeitschrift  „Leichtathlet“, in der ich sonst so viel über Laufveranstaltungen berichtete, darüber geschrieben. Doch damals war die Zeit noch nicht reif. Die war es erst, als die Mauer fiel und ich dann darüber berichten durfte, wie ich gemeinsam mit 25.000 Läuferinnen und Läufer jubelnd durchs Brandenburger Tor lief, beim ersten Gesamtberliner Marathon im Jahre 1990.

Peter Grau

Rund um den München-Marathon im Jahr 1988

München Marathon 1988

Nachdem ich im April 1987 den Hamburg-Marathon, meinen ersten Marathon im Westen, gelaufen war, freute ich mich schon auf den nächsten „Schlag“ im Jahre 1988. Und wieder war ich meinem Onkel Karl dankbar, daß er im Mai Geburtstag hatte. Einmal war ich dankbar, daß er schon so alt war und damit in das Kapitel „ Reisen bei dringenden Familienangelegenheiten“ fiel. Nur so war es für mich, der ich ja mit 48 Jahren noch weit vom Rentenalter entfernt war, möglich, den legalen Schritt über die Grenze zu tun und in die Bundesrepublik zu reisen. Dankbar war ich auch, daß mein Onkel seinen Geburtstag in der marathonfreundlichen Zeit Anfang Mai feierte.

Kleine Hürden vor der Westreise

Wie immer mußte ich vorher für die Genehmigung einer Westreise einige Befürworter haben, so im Betrieb oder im Haus. Aber da ich mich nie renitent benahm, bekam ich auch von überall nur „gute Zensuren“. Erinnern kann ich mich noch, daß ich dann meinen Antrag für eine Besuchsreise in der Meldestelle der Volkspolizei in der heutigen Möllendorff-Straße in Berlin-Lichtenberg „verteidigen“ mußte. Als ich nebenbei erwähnte, daß ich mit einer Erbschaft eines anderen Onkels rechnen würde und auch deshalb „rüberfahren“ müßte, sprang man darauf an. Ich hatte einen weiteren Pluspunkt gesammelt.
Und dann der Tag des Glücks: Ich erhielt meine Reiseerlaubnis. Es konnte losgehen.

Sicherlich sind meine Erinnerungen etwas vage, aber da kann ich ja wieder einen Brief ins Spiel bringen, den ich hinterher meiner Mutter geschrieben habe und den ich wörtlich wiedergebe:

Liebe Mutti! Berlin, d. 22.5.88
Ein kurzer Bericht über meine zweite Reise quer durch die Bundesrepublik. Am Montag (25.4.) bekam ich die Genehmigung, am Mittwoch (27.4.) abends 21 Uhr war Abfahrt des Zuges von Berlin-Friedrichsstraße. Ich hatte wieder, wie im Vorjahr, die Fahrkarten nach Konstanz gelöst. Im Zug bekam ich die Liegewagenplätze für unser Ost-Geld (30.-), das zahlte sich später mit einer ruhigen Nacht aus. Am Bahnhof Zoologischer Garten kamen ein Westberliner und ein Marokkaner in mein Abteil und wir unterhielten uns lange. Der Westberliner macht seit drei Jahren Urlaub in Marokko. Nun wollte er nach Stuttgart, um sich dort einen gebrauchten Mercedes zu kaufen. Im Zug habe ich erstmals in meinem Leben gut und lange geschlafen, mit einer Schlaftablette und Oropax in den Ohren zur Lärmdämmung. Kam ausgeruht in Stuttgart an. Am 28.4. Stadtbummel, dann nachmittags nach Ostfildern gefahren, um dort ab 17 Uhr mit meinem Lauffreund Werner Sonntag 11 km auf seiner Hausstrecke zu laufen. Anschließend Abendessen bei ihm.

Mit Werner nach dem Marathon
Treff mit Werner Sonntag (rechts) viele Jahre später nach einem Berlin-Marathon (den nur Werner lief)

Am Samstag (30.4.) erlebte ich auf einem 10.-DM-Stehplatz im Neckarstadion das Fußballspiel VfB Stuttgart-HSV, das Stuttgart 5:1 gewann.
(Damals konnte ich nicht ahnen, daß ich fünf Jahre später an gleicher Stelle als Journalist bei der Leichtathletik-WM 1993 dabei sein würde!).

Am 2. Mai früh nach Esslingen gefahren, dort das Begrüßungsgeld in Höhe von 130.- DM abgeholt. Anschließend Jeans (29.-) gekauft, durch den Ort gebummelt, beim Bäcker für 2,20 DM einen Kaffee plus Erdbeerschnitte verkonsumiert. Mittags wieder nach Stuttgart zurückgefahren, dann wieder nach Esslingen. Kaffee bei Onkel Karl (mit Frau Geißer), dann mit deren Auto mitgefahren nach Berkheim. Dorthin kamen auch Franz, Lisbeth, Wolfgang und diverse Verwandte, um Onkel Karls Geburtstag zu feiern.

Am 3. Mai gegen 14 Uhr nach Konstanz weitergereist. Dort eine Stunde in der Stadt gebummelt, dann von Gerhard abgeholt. Abends lange unterhalten. Am 4. Mai vormittags am Bodensee gelaufen, mit Blick auf die schneebedeckten Gipfel der Alpen. Herrlich! Dann wieder Stadtbummel mit Gerhard, mittags zusammen mit Sohn Ullrich griechisch essen gewesen. Abends fuhren wir per Bus zurück. Ich ging dann auf die Fähre, fuhr über den Bodensee und sah mir Mersburg an.

Am 5. Mai fuhr ich zurück nach Stuttgart. Am 6.5. hatte ich mich für 9 Uhr mit Werner Sonntag am Hauptbahnhof verabredet, gegen 11.30 Uhr waren wir in München. Dort bummelte ich allein durch die Stadt bis zum Marienplatz und fuhr per S-Bahn Richtung Olympiagelände. Dort holte ich meine Startnummer ab.

München Marathon 1988 (4)

Ich lief unter dem Pseudonym Walter Becker, weil ich nicht extra die DDR-Behörden darauf aufmerksam machen wollte, daß ich in München gelaufen bin, obwohl es ja nicht verboten war. Aber da hatte ich die Rechnung ohne die Stasi gemacht, die mich schon seit dem Hamburg-Marathon im Visier hatte.

Ich sah mir jedenfalls alles an (nur das Stadion noch nicht), spazierte später zurück zum Bahnhof. Dann rief ich Heiko, den Münchner, an. Der holte mich dort ab, und dann fuhren wir zu seiner Wohnung und noch in eine Gaststätte. Ich hatte ein kleines Zimmer für mich und fühlte mich wohl. Am 7. Mai machten wir einen gemeinsamen Einkaufsbummel, fuhren nochmals zum Olympiagelände, abends in eine wienerische Gaststätte.

Dann kam der 8. Mai, der Tag des München-Marathons. Früh fuhren wir zum Olympiagelände. Vor dem Parkgelände gab es einen Stau, sodaß ich aussteigen mußte und Heiko wieder nach Hause fuhr. Er konnte den Marathon leider nicht mitlaufen, weil er verletzt war. Ich bewegte mich in ruhigem Tempo, weil ich noch genügend Zeit bis zum Start hatte, zur Olympiaschwimmhalle, zog mich dort um und gab meinen Kleider-Beutel ab. Um 9 Uhr war der Start, immer in 1000-er Gruppen. Es war wieder ein sehr berührendes Gefühl, bei solch einem Riesenlauf mit 8000 Teilnehmern dabei sein zu dürfen. Und ich war sehr traurig, daß nicht alle meine Berliner Lauffreunde das erleben durften.

Die Strecke führte quer durch München, an vielen bekannten Bauwerken vorbei. Besonders schön war es am Marienplatz, denn zum einen kannte ich diesen Platz schon und zum anderen bildeten die Zuschauer ein dichtes Spalier und spendeten viel Beifall. Später wurde es nach 30 km schwerer für mich, kein Wunder bei den vergangenen aufregenden zehn Tagen. Heiko kam laufenderweise auch mal im Englischen Garten an die Strecke. Ich war froh, als ich wieder den Olympiaturm sah. Das Ziel war also nicht mehr weit. Bei 40 km feuerten uns die Zuschauer nochmals gewaltig an, und dann kam der Höhepunkt. Zuerst lief ich im Glücksgefühl durch den Stadiontunnel ins Stadion ein, dann ließ ich dieses herrliche Stadion auf mich wirken. Nur noch 100 m waren es bis zum Ziel, und dann, nach 3:32:19 h war ich im Ziel. Glücklich bekam ich die Medaille und eine Urkunde überreicht.

München klein MedailleMünchen-Marathon 1988

München Marathon 1988 (2)

Später zog ich mich in der Schwimmhalle um. Geschwommen bin ich nicht, weil ich meine Badehose vergessen hatte. Mit Heiko traf ich mich später, auch Werner Sonntag stieß zu uns. Er brauchte 3:45 h, war aber auch glücklich. Ab 16 Uhr ging es per Auto mit Werner Sonntag zurück nach Stuttgart. Er brachte mich bis zu meiner Tante Gerda nach Stuttgart-Feuerbach. Am 9. Mai machte ich die letzten Einkäufe, nachmittags verabschiedete ich mich von der Stuttgarter Königsstraße. Am 10. Mai frühmorgens 7.06 Uhr fuhr ich dann zurück, wurde in Berlin von beiden Töchtern und einem Laufkumpel per Auto abgeholt.
Nun setze ich auf den 90. Geburtstag von Onkel Karl im Jahr 1989. Marathon kann sehr schön sein!

Soweit der Brief an meine Mutter.

Und er beweist ein wenig, wie wir wenigen Glücklichen, die damals schon legal solche Reisen unternehmen durften, das genossen und viel erlebt haben. Wie einfach ist das alles heutzutage.

1987: Bei den 5. Senioren-Europameisterschaften in Karlovy Vary

1987 war ein recht erfolgreiches Laufjahr für mich. An meinem Geburtstag lief ich den Plänterwald-Marathon in Berlin. Die äußeren Bedingungen waren bei 5 Grad recht frisch. Die Nacht zuvor hatte es geschneit. Deshalb war der Boden teilweise weich und schwammig, und das war besonders auf einem Parkstück und dann unten am Spreeufer recht schwierig. Nur ein Teil der Runde war eben asphaltiert. Am Start bekam ich von Klaus Wanders (EBT) Blumen überreicht, und das und die vielen Glückwünsche animierten mich zu einem flotten Anfangstempo. Die ersten 5 km waren mit 21:35 schnell, auch weil ich anfangs gegen Jürgen kämpfte. 10 km 43:15, 20 km 1:29, 25 km 1:54 h, es pegelte sich dann ein. Allerdings wurden die letzten 10 km dann noch schwieriger. Am Ende war ich mit 3:27:15 h unter 137 Teilnehmern mit dem 66. Platz im gesunden Mittelfeld. Nach meinen Aufzeichnungen von damals nahm ich während des Rennens fünfmal Isostar und zweimal Tee zu mir.

Weitere Läufe folgten u.a. im Berliner Birkenwäldchen (20 km in 1:28:10), bei Quer durch Weißensee (25 km in 1:51 h), beim Hamburg-Marathon (3:21:26), beim Rennsteiglauf (45 km Bestzeit in 4:01:27), beim KMU-Marathon in Leipzig (3:33 h) und beim Schweriner Fünfseenlauf (15 km 1:04:25).

Im August folgte dann die Reise in die Tschechoslowakei nach Karlovy Vary, wo die 5. Europameisterschaften der Senioren stattfanden.
Wie es mir auf dieser Reise erging, habe ich anschließend in einem Brief meiner Mutter geschildert:

Reise nach Karlovy Vary

Am Freitag, dem 21. August 1987, ging es 6 Uhr früh los. Zunächst stieg am nahen U-Bahnhof noch Klaus Goldammer in unser Auto ein. Dann zur Autobahn, an Dresden und Karl-Marx-Stadt vorbei und dann nach Schwarzenberg. Dort werden nicht nur Kühlschränke produziert. Ich habe dort auch meine Fahrschule absolviert.(damals nahm ich drei Wochen Urlaub, und wir übten tagtäglich Theorie und Praxis und alle bestanden die Prüfung. Gefahren wurde mit einem sowjetischen Moskwitsch).
Ein bißchen verfuhren wir uns noch, aber gegen 11 Uhr waren wir kurz hinter Oberwiesenthal an der Grenze. Dort erwartete uns eine lange Auto-Schlange. Rd. 1 ½ Stunden dauerte es, bis wir an der eigentlichen Grenze waren. Dann reibungslose Fahrt bis Karlovy Vary. Dort fanden wir auch schnell das Organisationsbüro, waren glücklich, daß unsere Anmeldung angekommen und im Rechner registriert war und bezahlten das Startgeld von 35 Mark. Ich bekam eine Tüte mit der Startnummer, der sehr schönen Medaille, der Teilnahme-Urkunde und diversen Prospekten. Wir sahen einige Bekannte im Org.büro, so die Winklers, Steinbergs, Kahms und Folker Lorenz.

kleinKarlovy Vary Medaille

Auch unsere Quartierbestellung war angekommen, sodaß wir nicht auf unser Zelt zurückgreifen mußten. Wir buchten für uns drei zuerst für zwei Nächte, dann verlängerten wir noch. Kostenpunkt pro Person und Nacht: 91 Kronen gleich 30 Mark. Dafür war alles bestens in einem Dreibettzimmer in einem sehr guten Studenteninternat, mit drei Schreibtischen, Stühlen, Waschbecken, Spiegel, Schränken, alles sehr sauber, Bettwäsche, vorzügliche Toiletten und Duschräume. Alles für uns im 9. Stock mit Aussicht auf die Stadt.
Das Wetter war von Freitag bis Sonntag bestens mit viel Sonne. Allerdings war es fürs Laufen zu warm. Das Auto stellten wir vor dem Haus ab. Gegen 14 Uhr fuhren wir dann in die Stadt, ca. 7 min dauerte die Fahrt. Einen Parkplatz fanden wir schnell, schauten dann in die Geschäfte, kauften aber nichts besonderes. Der Ort ist sehr überlaufen. Schöne Glaswaren sahen wir weniger als damals in Kosice. Abends 22 Uhr waren wir wieder im Internat, tranken dort noch Bier. Da bekamen wir überraschend Besuch von Horst Prill, Marlis und Jürgen Stark, alle von Motor Lichtenberg, die auch für die EM angereist waren.

Gemeldet hatte ich für die 25 km am Sonntag, am Sonnabend standen für die anderen schon die 10 km auf dem Plan. Am Sonnabend trainierte ich leicht eine halbe Stunde, Elke und Ulrike gingen allein zum Einkaufen. Wir trafen uns dann in der Stadt und begegneten dort vielen anderen Läufern aus der DDR. Gegen 12 Uhr waren wir vor dem Grandhotel Moskau, wo sich Roland Winkler mit dem Münchner Heiko treffen wollte. Und der kam auch bald mit seinem weißen Mercedes auf den Parkplatz gefahren. Wir kannten ihn ja schon vom Rennsteig. Heiko hatte eine Sportgruppenreise gebucht.
15 Uhr war schon der Start über 10 km. Den Startschuß gab, wie auch bei uns am Sonntag, Emil Zatopek ab. Wie es sich für Europameisterschaften gehört, beteiligten sich Läufer aus vielen Ländern, so aus der DDR und der CSSR, aber auch aus der Bundesrepublik, der Schweiz, Belgien, Rumänien und Frankreich. Roland wurde am Ende guter Fünfter, kam bei diesen sehr warmen Temperaturen wie immer gut zurecht. Karen Jahns aus Wernigerode, mit der wir kürzlich in Glowe an der Ostsee gezeltet hatten, wurde in ihrer Altersklasse Erste und damit Europameisterin. Nach dem Lauf lud uns Roland für den Abend in die Slowakischen Weinstuben im Moskau-Hotel ein. Bis Mitternacht hielten wir aus. Das war wohl nicht so die richtige Vorbereitung auf meinen 25-km-Lauf.
Sonntag früh hatte ich wider Erwarten keine Kopfschmerzen. Nach dem Start mitten im Ort ließ ich es langsam angehen, und nahm mir vor, es nicht so verbissen zu sehen. Vor allem rechnete ich auch mit großer Hitze, und das mag ich ja nicht. Die Hitze hielt sich aber am frühen Morgen noch zurück. Außerdem gab es genügend Wasserschwämme. Auf dem Hinweg ging es leicht bergauf, rückwärts dann abwärts. Nach 1:53:01 Stunden war ich im Ziel, konnte in der Zielgasse noch glücklich den Zuschauern zuwinken und war auch danach nicht sehr kaputt. Das Auto hatten wir schon am Vortag in der Nähe des Zieles abgestellt. So konnten wir nach dem Lauf schnell zum Duschen ins Internat fahren. Dann ging es zurück zur Siegerehrung, die in einem schönen, alten Saal im Moskau-Hotel stattfanden. Die Sieger wurden geehrt, ich war erwartungsgemäß nicht dabei. Aber Wolfgang Kahms und zwei DDR-Damen wurden mit schönen Gläsern ausgezeichnet. Für uns gab es Saft und vier Schnitten. Am Schluß besorgte mir Elke von Emil Zatopek noch ein Autogramm auf meiner Startnummer.

kleinKarlovy Vary Startnummer mit Zatopek

Anschließend zogen rund 15 DDR-Leute in ein nahes Cafe.Dann bummelten wir durch das alte Karlovy Vary, nippten am gesunden Wasser, was aber fürchterlich schmeckte. 19.30 Uhr gingen wir dann alle in die Weinstube, wir hatten insgesamt 30 Plätze bestellt. Eine ganze Menge Westler stieß hinzu, es folgte essen, trinken, reden und etwas tanzen. Das Unterhalten aber war das Wichtigste. Heiko war aber leider schon am Sonntag gleich nach dem Lauf abgefahren, mußte am Montag arbeiten. Bis Mitternacht blieben wir drei. Am nächsten Morgen fuhren wir dann zurück, zunächst nach Oberweißbach (Thüringer Wald), dort, wo in der Nähe in Neuhaus am Rennweg immer der Rennsteiglauf gestartet wird. Mittags kamen wir an, plauschten lange mit Onkel Karl, Manfred und Ute, und gegen 18 Uhr ging es zurück nach Berlin. 21 Uhr fand dort unsere ereignisreiche und schöne Reise ein glückliches Ende.

KleinKarlovy Vary Diplom

kleinKarlovy Vary Informationen

1986 – ein Rennsteiglauf im Dauerregen und Schlamm

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So sieht es jedes Jahr am Start beim Rennsteiglauf aus (hier 1989)

Es hat so viele Lauferlebnisse gegeben, daß es nicht einfach ist, sich an die einzelnen Begebenheiten zu erinnern. Da danke ich mir dann selbst, daß ich damals so schreibfreudig war und meine Mutter an meinen Läufen teilhaben ließ.
Im folgenden ein Brief, den ich ihr am 30. Mai 1986 schrieb:
Der Rennsteiglauf-Bericht: Von Erfurt aus fuhren wir über Stadtilm, aber verfuhren uns dort, weil wir kein Schild nach Rottenbach sahen. Deshalb fuhren wir Richtung Rudolstadt, über Vahwinden, Großliebringen, vorbei an Paulinzella, später vorbei an Schwarzburg (das Schloß sieht ja fürchterlich aus), Sitzendorf, Oberweißbach. Dort ca. 1 Stunde Pause, Gespräch mit dem Apotheker der Fröbel-Apotheke Manfred Heyder, später mit seiner Frau Ute (meiner Cousine). Sie wollen uns anrufen, wenn Heini (mein Onkel aus Schottland) kommt. Dann weiter nach Neuhaus am Rennweg, dort verfuhren wir uns nochmals, aber letztlich kamen wir an, am Ferienheim des LTA (Lufttechnische Anlagen) Berlin. Es liegt gleich am Skilift, von dort aus waren es 20 min Fußweg zum Start. Die Zimmer sind komfortabel, mit Toilette, Balkon. Im Haus Klubräume, Essenssaal, viel Holz, Veranda, Sauna, Solarium. Wir unternahmen bald einen Spaziergang durch den Ort Neuhaus, abends gab es im Heim Brote.

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Vor dem Lauf können noch alle lachen (Autor Zweiter von links)

Am Samstag, dem Lauftag, herrschte Dauerregen, deshalb ging ich erst später zum Start. 8 Minuten vor dem Start stand ich im Startgarten. Es wurde geschunkelt und der Schneewalzer gesungen. Dann ging es los, aber schon nach 50 m mußten wir gehen. Diesem Gehen folgten solche Staus noch öfter, bis Masserberg. Vor allem im Wald gab es wenig Platz, oft nur zwei schmale Pfade, ein Überholen war nur selten möglich. Dazu unbeschreiblicher Schlamm, ich rutschte pausenlos. Über die Berge aber kam ich gut, nur einen Berg nach Neustadt mußte ich gehen. In Limbach (nach 45 min) hatte ich Tee genommen, dann nochmals Tee in Masserberg, Neustadt und Dreiherrenstein.

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Die Läuferschlange

Am Ziel war ich nach 4:24 Stunden (für die rund 45 km). Elke stand im Zieleinlauf , hatte meine Sachen. Es war kühl, wir fuhren bald mit unserem Auto zurück. Es ging es über Ilmenau, weil die Laufstrecke ab Allzunah noch gesperrt war. Also über Ilmenau, Katzhütte, nach Neuhaus. Zuerst dann dort duschen und 10 min Sauna. Abends gemütliches Beisammensein mit 25 Personen. Habe mich nicht sehr kaputt gefühlt, auch mein Magen war in Ordnung. Abends tranken wir Bier und Sekt, etwa 1 Uhr waren wir im Bett. Hennigs waren auch dabei, Klaus fuhr die 45 km mit dem Fahrrad ab. Jedenfalls fahren wir 1987 wieder hin zum Rennsteiglauf.

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Von 1982 bis 2006: Marathon in der Berliner Wuhlheide

Dieser Marathon ist mir im Laufe der Jahre sehr ans Herz gewachsen. Zum einen, weil es quasi mein Heimmarathon wurde und ich von zuhause mit dem Auto nur 10 Minuten zu fahren hatte. Zum anderen aber, weil dort immer eine besondere familiäre Atmosphäre herrschte. Und hinzu kam, daß der Lauf durch einen schönen Park führte, den Pionierpark „Ernst Thälmann“. Dessen Mittelpunkt war der Pionierpalast, der 1979 errichtet worden war und schnell zu einem Treffpunkt für Ostberliner Kinder und Jugendliche wurde. Viel geboten wurde dort im Palast. Beispielsweise ein Raketenzentrum, in dem man Kosmonaut spielen konnte, eine Theaterbühne, Wasserspiele, ein Schwimmbad und vielfältige Betätigungsmöglichkeiten in diversen Arbeitsgemeinschaften. Ganz in der Nähe fuhr eine Parkeisenbahn, es gab einen Kleintierzoo und eben auch ein Stadion.

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Dieses Stadion war der zentrale Punkt für einen Marathon, der in den Jahren 1982 bis 2006 stattfand. Der Marathon trug lange Zeit den Namen „Veteranenmarathon“, aber dieser Namen täuschte ein wenig, denn natürlich durften auch junge Läufer daran teilnehmen.
Am 28.November 1982 war die Premiere dieses Marathons, dessen „Vater“ und gleichzeitig langjähriger Veranstaltungsleiter (bis 1990) der Köpenicker Udo Frey war. Er scharte ein engagiertes Organisationsteam um sich, das alle Probleme löste und im Stadiongebäude Umkleideräume und Sanitäranlagen, anbot. Sogar ein Fön wurde bereitgestellt, damit man zur Siegerehrung auch schmuck aussah. Und die fand dann meistens im Pionierpalast statt.

Bei der Premiere war ich laufenderweise dabei. Und mein Bericht darüber, den ich meiner Mutter schrieb, liest sich in der Originalfassung so:
„ Wir haben mit unserem Marathonlauf am Sonntag Glück gehabt. Es regnete nicht, und zu kühl war es auch nicht. Ich hatte die Wochen zuvor nicht so viel trainiert, erwartete deshalb auch keine gute Zeit. Aber dann lief es doch erfreulicherweise, ähnlich wie vier Wochen zuvor beim Hubertuslauf in Neuruppin (25 km in 1:50:06 Stunden).
Die Strecke auf einer 5-km-Runde im Pionierpark gefiel mir gut. In jeder Runde kamen wir einmal durch ein Stadion, dort bekam ich ab km 20 immer einen Schluck Tee, den ich selbst gekocht hatte. Ich machte dabei nur wenige Gehschritte, um nicht zuviel Zeit zu verlieren. Anfangs lief ich in einer Gruppe mit, die ein flottes Tempo hatte. Aber dann bei 25 km fiel die Gruppe auseinander diese Gruppe auseinander, und von da an lief ich allein. Erstaunlich aber, daß ich trotzdem nicht 25 km allzuviel langsamer wurde. Elke kam nach zwei Stunden ins Stadion, sah mich noch zweimal durchs Stadion „rasen“. Sie kennt ja viele Leute und konnte sich die Zeit gut vertreiben. Ich sah dann immer öfter auf meine Uhr, denn eine neue Bestzeit lag im Bereich der Möglichkeiten. Im Stadion legte ich dann auch noch einen für meine Verhältnisse schnellen Zielspurt hin und blieb mit 3:21:36 Stunden um 16 sec unter meiner Bestzeit, die ich im Juni in Leipzig gelaufen war. Hinterher hatte ich keine Probleme, auch nicht mit dem Magen. 15 Uhr war dann die Siegerehrung im Pionierpalast, wo ich eine Urkunde und eine Medaille bekam. Nebenbei führte ich Interviews und telefonierte meinen Kurzbericht an die Berliner Zeitung durch. Das Fazit: Es war ein gelungener Tag!
P.S.: Nächsten Sonnabend werde ich mit Elke zur Abschlußfeier von EBT, meiner Sportgemeinschaft, gehen, Kegeln und Tanz stehen auf dem Programm.

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Meine Medaillen von den Läufen 1982 und 1983

Soweit mein Premierenlauf in der Wuhlheide. Es folgten dort noch weitere fünf Marathonläufe: 1983 3:14:25; 1985 3:21:08; 1987 3:16:32; 1988 3:13:09; 1989: 3:21:45.

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Auch nach 1990 fanden in der Wuhlheide weitere Marathonläufe statt, der Letzte am 5. November 2006 mit dem nunmehr 25. Wuhlheidemarathon.

Gelaufen wird auch heute noch viel im Park, aber nicht mehr wettkampfmäßig. Und der Palast steht auch noch. Er heißt zwar nicht mehr Pionierpalast, sondern FEZ Berlin, aber der Andrang ist mindestens so groß wie damals. (mehr dazu auf der Internetseite des FEZ).