Katharina Molitor ist eine sehr freundliche, kommunikative Frau, die weiß, wovon sie spricht. Aber in den vergangenen Jahren durfte sie nie soviel über sich reden, stand meistens im Schatten solcher Speerwurfgrößen wie Christina Obergföll, Linda Stahl und Steffi Nerius. Das ist nun seit dem WM-Sonntag im August 2015 ganz anders. So spannend war es selten. Katharina Molitor hielt bis zum fünften Durchgang Bronze in der Hand und dann: Der Speer flog und flog, hinaus auf die Goldweite von 67,69 Metern. Gold, Gold, Gold.
Und da sie als Letzte dran war, konnte niemand mehr kontern.
Vor zwei Jahren, im Juni 2013, hatte sie mir im Gespräch am Rande der Halleschen Werfertage angedeutet, dass sie sich noch nicht am Ende ihres Speerwurflateins sehe.
Lesen Sie, was dazu in der „ Leichtathletik“ stand:
Im Schatten der Großen
Speerwerferin Katharina Molitor ist in ihrer Karriere schon 49-mal gegen Christina Obergföll angetreten. Gewonnen hat die Leverkusenerin nur dreimal. Gegen ihre Vereinskameradin Linda Stahl sieht die Bilanz mit 26:33 deutlich freundlicher aus. Trotzdem steht die 29-Jährige klar im Schatten ihrer Trainingspartnerin. Beim Nerius-Cup am heutigen Freitag auf heimischer Anlage will Katharina Molitor (TSV Bayer 04 Leverkusen) endlich mal wieder vor ihrer Trainingspartnerin Linda Stahl landen.
Es wäre das erste Mal in diesem Jahr 2013. Sieht man vom Diamond League-Finale 2012 in Brüssel ab, als die Olympia-Dritte mit 56,77 Metern einen schlechten Tag erwischte, lag Katharina Molitor nämlich letztmals beim Nerius-Cup 2012 vor Linda Stahl.
Bei den Werfertagen in Halle/Saale wäre der 29-Jährigen dieses Kunststück schon fast gelungen. Im sechsten Versuch landete ihr Speer bei 63,55 Metern, und es sah ganz nach einem Erfolg aus, aber Linda Stahl konterte noch mit bemerkenswerten 65,76 Metern.
WM-Norm bereits übertroffen
Katharina Molitor war zwar der Sieg noch entglitten, aber immerhin hat sie die WM-Norm in der Tasche. Und in Moskau will sie dann besser als bei Olympia 2012 abschneiden. Zwar hatte sich das Jahr 2012 mit einem dritten Platz bei der DM mit einer Weite von 63,20 Metern gut angelassen, „doch leider war das auch der weiteste Versuch des Jahres“, blickt sie etwas enttäuscht zurück.
„In London brauchte ich in der Quali drei Versuche, um weiterzukommen, im Finale habe ich im ersten Durchgang 62,89 Meter geworfen, aber weiter ging es nicht mehr, aus welchen Gründen auch immer.“ Es blieb zwar immerhin ein sechster Platz, aber es war mehr drin gewesen. In Zukunft möchte sie nicht weiter wie oft in der Vergangenheit im Schatten der beiden „Großen“, Christina Obergföll und Linda Stahl, stehen. Genug Ehrgeiz hat sie, und locker lassen will sie auch nicht.
Der Sport spielte schon immer eine große Rolle im Leben der gebürtigen Bedburgerin. „Ich habe schon immer viel Sport gemacht, vom Schwimmen, über Tennis bis hin zur Leichtathletik.“ Mit 13 Jahren fing sie auch mit Volleyball an, aber ihre Hauptsportart blieb das Speerwerfen.
Zweite Leidenschaft Volleyball
Allerdings kam diese Vorliebe ein wenig ins Wanken, als sie nach dem Abitur 2004 ein Angebot aus Hamburg aus der 1. Volleyball-Bundesliga bekam. „Aber dann hätte ich die Leichtathletik aufgeben müssen, und das wollte ich nicht. Außerdem hätte ich dann keinen Studienplatz bekommen“, erinnert sie sich. Es galt abzuwägen, denn eine Garantie für eine erfolgreiche Volleyballkarriere konnte ihr niemand geben. Also blieb sie in Leverkusen, warf weiter vorrangig den Speer und spielte außerdem in der Leverkusener Volleyball-Mannschaft, zeitweise in der 1. Liga, nun in der 2. Liga.
So ist es auch heute noch, doch Katharina Molitor lässt keine Zweifel: „Das Speerwerfen geht vor. Wenn wir ins Trainingslager fahren, dann bin ich nicht für die Volleyballer da, und das akzeptieren sie auch.“
Und was meint Speerwurftrainer Helge Zöllkau? „Am Anfang hätte er es sicher lieber gesehen, dass ich mit dem Volleyball aufhöre. Mittlerweile akzeptiert er es. Er weiß, dass Volleyball für mich auch eine Herzensangelegenheit ist und mir Abwechslung bringt.“ Das Argument, ohne Volleyball würde sie weiter werfen, lässt sie nicht gelten: „Das kann ja niemand mit Sicherheit sagen.“
Pläne für die Zeit nach dem Sport
Aber nicht nur der Sport dominiert ihr Leben. Seit 2004 studiert sie auf Lehramt (Sport und Geografie) in Wuppertal. Zeit gelassen hat sie sich damit, weil der Sport Vorrang hat. „Doch bevor ich meine Speerwurfkarriere beende, will ich mit dem Studium fertig sein, damit ich dann direkt ins Referendariat gehen kann“, setzt sie sich ein Ziel. Wenn der Körper mitmacht, will sie noch bis 2016 werfen und in Rio ihre dritten Olympischen Spiele erleben.
(erschienen in der „Leichtathletik“ Nr. 23 vom 5. Juni 2013)
Zweite in der Sportlerwahl 2015
Durch den WM-Erfolg in Peking ist Katharina Molitor zwar bekannter geworden. Doch immer noch nicht so, daß jeder sie kennt. Doch nun sollten sie wieder mehr kennen. Fast wäre sie sogar Sportlerin des Jahres 2015 geworden. Nur vier Punkte lag sie hinter ihrer Wurfkollegin Christina Schwanitz. Aber auch als Zweitplazierte machte Katharina Molitor auf der Bühne des Kurhauses von Baden-Baden eine gute Figur.