Archiv für den Tag: 11. Februar 2016

1987: Bei den 5. Senioren-Europameisterschaften in Karlovy Vary

1987 war ein recht erfolgreiches Laufjahr für mich. An meinem Geburtstag lief ich den Plänterwald-Marathon in Berlin. Die äußeren Bedingungen waren bei 5 Grad recht frisch. Die Nacht zuvor hatte es geschneit. Deshalb war der Boden teilweise weich und schwammig, und das war besonders auf einem Parkstück und dann unten am Spreeufer recht schwierig. Nur ein Teil der Runde war eben asphaltiert. Am Start bekam ich von Klaus Wanders (EBT) Blumen überreicht, und das und die vielen Glückwünsche animierten mich zu einem flotten Anfangstempo. Die ersten 5 km waren mit 21:35 schnell, auch weil ich anfangs gegen Jürgen kämpfte. 10 km 43:15, 20 km 1:29, 25 km 1:54 h, es pegelte sich dann ein. Allerdings wurden die letzten 10 km dann noch schwieriger. Am Ende war ich mit 3:27:15 h unter 137 Teilnehmern mit dem 66. Platz im gesunden Mittelfeld. Nach meinen Aufzeichnungen von damals nahm ich während des Rennens fünfmal Isostar und zweimal Tee zu mir.

Weitere Läufe folgten u.a. im Berliner Birkenwäldchen (20 km in 1:28:10), bei Quer durch Weißensee (25 km in 1:51 h), beim Hamburg-Marathon (3:21:26), beim Rennsteiglauf (45 km Bestzeit in 4:01:27), beim KMU-Marathon in Leipzig (3:33 h) und beim Schweriner Fünfseenlauf (15 km 1:04:25).

Im August folgte dann die Reise in die Tschechoslowakei nach Karlovy Vary, wo die 5. Europameisterschaften der Senioren stattfanden.
Wie es mir auf dieser Reise erging, habe ich anschließend in einem Brief meiner Mutter geschildert:

Reise nach Karlovy Vary

Am Freitag, dem 21. August 1987, ging es 6 Uhr früh los. Zunächst stieg am nahen U-Bahnhof noch Klaus Goldammer in unser Auto ein. Dann zur Autobahn, an Dresden und Karl-Marx-Stadt vorbei und dann nach Schwarzenberg. Dort werden nicht nur Kühlschränke produziert. Ich habe dort auch meine Fahrschule absolviert.(damals nahm ich drei Wochen Urlaub, und wir übten tagtäglich Theorie und Praxis und alle bestanden die Prüfung. Gefahren wurde mit einem sowjetischen Moskwitsch).
Ein bißchen verfuhren wir uns noch, aber gegen 11 Uhr waren wir kurz hinter Oberwiesenthal an der Grenze. Dort erwartete uns eine lange Auto-Schlange. Rd. 1 ½ Stunden dauerte es, bis wir an der eigentlichen Grenze waren. Dann reibungslose Fahrt bis Karlovy Vary. Dort fanden wir auch schnell das Organisationsbüro, waren glücklich, daß unsere Anmeldung angekommen und im Rechner registriert war und bezahlten das Startgeld von 35 Mark. Ich bekam eine Tüte mit der Startnummer, der sehr schönen Medaille, der Teilnahme-Urkunde und diversen Prospekten. Wir sahen einige Bekannte im Org.büro, so die Winklers, Steinbergs, Kahms und Folker Lorenz.

kleinKarlovy Vary Medaille

Auch unsere Quartierbestellung war angekommen, sodaß wir nicht auf unser Zelt zurückgreifen mußten. Wir buchten für uns drei zuerst für zwei Nächte, dann verlängerten wir noch. Kostenpunkt pro Person und Nacht: 91 Kronen gleich 30 Mark. Dafür war alles bestens in einem Dreibettzimmer in einem sehr guten Studenteninternat, mit drei Schreibtischen, Stühlen, Waschbecken, Spiegel, Schränken, alles sehr sauber, Bettwäsche, vorzügliche Toiletten und Duschräume. Alles für uns im 9. Stock mit Aussicht auf die Stadt.
Das Wetter war von Freitag bis Sonntag bestens mit viel Sonne. Allerdings war es fürs Laufen zu warm. Das Auto stellten wir vor dem Haus ab. Gegen 14 Uhr fuhren wir dann in die Stadt, ca. 7 min dauerte die Fahrt. Einen Parkplatz fanden wir schnell, schauten dann in die Geschäfte, kauften aber nichts besonderes. Der Ort ist sehr überlaufen. Schöne Glaswaren sahen wir weniger als damals in Kosice. Abends 22 Uhr waren wir wieder im Internat, tranken dort noch Bier. Da bekamen wir überraschend Besuch von Horst Prill, Marlis und Jürgen Stark, alle von Motor Lichtenberg, die auch für die EM angereist waren.

Gemeldet hatte ich für die 25 km am Sonntag, am Sonnabend standen für die anderen schon die 10 km auf dem Plan. Am Sonnabend trainierte ich leicht eine halbe Stunde, Elke und Ulrike gingen allein zum Einkaufen. Wir trafen uns dann in der Stadt und begegneten dort vielen anderen Läufern aus der DDR. Gegen 12 Uhr waren wir vor dem Grandhotel Moskau, wo sich Roland Winkler mit dem Münchner Heiko treffen wollte. Und der kam auch bald mit seinem weißen Mercedes auf den Parkplatz gefahren. Wir kannten ihn ja schon vom Rennsteig. Heiko hatte eine Sportgruppenreise gebucht.
15 Uhr war schon der Start über 10 km. Den Startschuß gab, wie auch bei uns am Sonntag, Emil Zatopek ab. Wie es sich für Europameisterschaften gehört, beteiligten sich Läufer aus vielen Ländern, so aus der DDR und der CSSR, aber auch aus der Bundesrepublik, der Schweiz, Belgien, Rumänien und Frankreich. Roland wurde am Ende guter Fünfter, kam bei diesen sehr warmen Temperaturen wie immer gut zurecht. Karen Jahns aus Wernigerode, mit der wir kürzlich in Glowe an der Ostsee gezeltet hatten, wurde in ihrer Altersklasse Erste und damit Europameisterin. Nach dem Lauf lud uns Roland für den Abend in die Slowakischen Weinstuben im Moskau-Hotel ein. Bis Mitternacht hielten wir aus. Das war wohl nicht so die richtige Vorbereitung auf meinen 25-km-Lauf.
Sonntag früh hatte ich wider Erwarten keine Kopfschmerzen. Nach dem Start mitten im Ort ließ ich es langsam angehen, und nahm mir vor, es nicht so verbissen zu sehen. Vor allem rechnete ich auch mit großer Hitze, und das mag ich ja nicht. Die Hitze hielt sich aber am frühen Morgen noch zurück. Außerdem gab es genügend Wasserschwämme. Auf dem Hinweg ging es leicht bergauf, rückwärts dann abwärts. Nach 1:53:01 Stunden war ich im Ziel, konnte in der Zielgasse noch glücklich den Zuschauern zuwinken und war auch danach nicht sehr kaputt. Das Auto hatten wir schon am Vortag in der Nähe des Zieles abgestellt. So konnten wir nach dem Lauf schnell zum Duschen ins Internat fahren. Dann ging es zurück zur Siegerehrung, die in einem schönen, alten Saal im Moskau-Hotel stattfanden. Die Sieger wurden geehrt, ich war erwartungsgemäß nicht dabei. Aber Wolfgang Kahms und zwei DDR-Damen wurden mit schönen Gläsern ausgezeichnet. Für uns gab es Saft und vier Schnitten. Am Schluß besorgte mir Elke von Emil Zatopek noch ein Autogramm auf meiner Startnummer.

kleinKarlovy Vary Startnummer mit Zatopek

Anschließend zogen rund 15 DDR-Leute in ein nahes Cafe.Dann bummelten wir durch das alte Karlovy Vary, nippten am gesunden Wasser, was aber fürchterlich schmeckte. 19.30 Uhr gingen wir dann alle in die Weinstube, wir hatten insgesamt 30 Plätze bestellt. Eine ganze Menge Westler stieß hinzu, es folgte essen, trinken, reden und etwas tanzen. Das Unterhalten aber war das Wichtigste. Heiko war aber leider schon am Sonntag gleich nach dem Lauf abgefahren, mußte am Montag arbeiten. Bis Mitternacht blieben wir drei. Am nächsten Morgen fuhren wir dann zurück, zunächst nach Oberweißbach (Thüringer Wald), dort, wo in der Nähe in Neuhaus am Rennweg immer der Rennsteiglauf gestartet wird. Mittags kamen wir an, plauschten lange mit Onkel Karl, Manfred und Ute, und gegen 18 Uhr ging es zurück nach Berlin. 21 Uhr fand dort unsere ereignisreiche und schöne Reise ein glückliches Ende.

KleinKarlovy Vary Diplom

kleinKarlovy Vary Informationen

Wie geht man mit dem Fakt Doping um?

An Dopingmeldungen aus der Leichtathletik hatte man sich fast gewöhnt, doch die Praktiken der IAAF um den Präsidenten Diack sind für viele unfaßbar gewesen. Und irgendwie weiß man kaum mehr, wie man damit umgehen soll, vor allem, wie die aktiven Leichtathleten noch ihren Sport unbeschwert ausüben können. Kritisches dazu hat kürzlich Robert Harting in seinem Interview mit dem „Bonner Generalanzeiger“ geäußert (siehe Treffs mit Leichtathleten: Über Wiederbeginn, Doping-Frust und Machtlosigkeit).

Langsam verliert man auch die Übersicht, wer wann und wie lange wegen Dopings gesperrt war. So ging es mir auch, als ich die Geschichte über die Plätzers in Norwegen schrieb. Hinterher monierte ein Leser, daß ich nicht extra angemerkt habe, daß Erik Tysse schon mal zwei Jahre wegen Dopings gesperrt war. Ich konnte mich daran einfach nicht mehr erinnern, auch weil ich damals nicht mehr über die Geher schrieb. Ich googelte daraufhin und versuchte, mich durch diesen Fall durchzukämpfen, scheiterte allerdings am Ende an der Fülle des Materials. Mir wurde nur klar, daß es kein normaler Fall war (was aber ist da schon normal?). Der monierende Leser bestätigte das auch: „Ja, ich weiß, dass der Fall Tysse kein einfacher war. Trotzdem ist er gesperrt geblieben. Ob zu Recht oder zu Unrecht, können wir beide nicht beurteilen.“

Wie soll man nun damit in Zukunft umgehen? Wenn ich von einer Dopingsperre weiß, werde ich bei Interviews immer danach fragen, zumindestens aber den Fakt anmerken. Schwieriger wird es, wenn der Interviewpartner nie positiv getestet wurde. Eigentlich gilt dann die Unschuldsvermutung, doch das ist beispielsweise bei DDR-Athleten anders, weil sie unter Generalverdacht stehen. Aus eigenem journalistischem Erleben habe ich keine Erfahrungen damit, weil ich damals nur selten über den Hochleistungssport schreiben durfte und auch nur einmal hellhörig wurde. Das war bei einem Abschlußsportfest vor einem internationalen Großereignis im Berliner Dynamo-Sportforum, als Diskuswerferin Ilke Wyludda sehr weit warf und wir hinterher angehalten wurden, nicht darüber zu berichten. Ein wenig machten wir uns Gedanken, doch diskutiert wurde später nicht mehr darüber.
Das aber ist in der heutigen Zeit ganz anders. Heute darf jeder seine Meinung sagen, und das ist auch gut so. Leichter wird es aber auf keinen Fall, sich eine Meinung zu bilden, denn man ist leider nur auf Informationen von außen angewiesen. Und leichter wird es auch nicht für die Leichtathletik.