Archiv für den Tag: 9. März 2016

Dietmar Koszewski: Vom Hürdenwald zur Tauchbasis

Dietmar Koszewski  allein

Der Berliner Dietmar Koszewski gehörte in den 90er Jahren zu den führenden deutschen Hürdenkurzsprintern. Regelmäßig lieferte er sich u.a. mit Florian Schwarthoff packende Kämpfe über den Hürden.
Seine größten Erfolge waren der siebente Platz bei der WM 1993 in Stuttgart, der Studentenweltmeistertitel 1993 in Buffalo und der dritte Platz bei der Europameisterschaft 1990 in Split.
Dietmar Koszewski ist Diplomphysiker, Diplomingenieur für Luft-und Raumfahrttechnik und außerdem Diplomsportwissenschaftler. Seit 2002 arbeitet er dort, wo andere Urlaub machen: in Port Safaga in Ägypten. Dort ist er Miteigentümer einer Tauchbasis.

Dietmar  klein Tauchanzug

Anfangs der blaue Judo-Gürtel

Wie aber ist Dietmar Koszewski überhaupt zur Leichtathletik gekommen? Wie viele Jungs spielte er in seiner Kindheit Fußball, fand aber nur wenig Gefallen daran. Schon mehr Spaß machte es ihm beim Judo, wo er es bis zum blauen Gürtel brachte. Nur braun und schwarz fehlten ihm dort. Er probierte Vollkontakt-Karate, schnupperte ins Turnen hinein und kam dann zur Leichtathletik, zum SC Charlottenburg. Dort fühlte er sich beim Mehrkampf in einer großen Gruppe unter Trainer „Robbi“ >Kruse sehr wohl, gewann auch seinen ersten deutschen Jugendmeistertitel. Weniger Glück hatte er 1986 bei den Juniorenweltmeisterschaften, als er wegen eines Muskelrisses im Weitsprung aufgeben musste. Die Verletzungen häuften sich und außerdem hatte er große Schwächen in den Würfen.

Der Wechsel zum Hürdensprint

So wechselte er schließlich zu seiner Schokoladendisziplin, dem Hürdensprint . „Hürdenlauf ist technisch sehr anspruchsvoll, verlangt nicht nur Maximalkraft und Schnelligkeit, sondern auch koordinative Fähigkeiten, Technik und ein allgemeines Bewegungsverständnis,“ sagte er 1994 in einem Interview in der Zeitschrift „Leichtathletik“.
Dietmar Koszewski wechselte damals nicht nur die Disziplin, sondern auch den Trainer. Von nun an betreute ihn in Berlin Frank Hensel, der heutige Generalsekretär des DLV.
1988 wurde Dietmar Koszewski Zweiter bei der DM, erreichte mehrmals die Norm für die Olympischen Spiele. Warum er nicht nach Seoul mitgenommen wurde, weiß er bis heute nicht. Es war für ihn eine große Enttäuschung, aber trotzdem dachte er nicht ans Aufhören. Und bald ging es im neu gegründeten LAC Halensee Berlin wieder voran.

Erster deutscher Meistertitel

1989 holte er sich den ersten Titel bei den Männern, bezwang dabei erstmals Florian Schwarthoff. „ Ich war vorher immer Zweiter, hatte mich zeitweise schon damit abgefunden. Aber jeder möchte gewinnen. Doch trotz unserer Konkurrenz verstanden wir beide uns sehr gut, haben viel miteinander erlebt, und diese Freundschaft hat sich bis in die heutige Zeit erhalten.“
Auch international ging es voran. 1990 ließ er in der Bestzeit von 13,41 s mit der unerwarteten Bronzemedaille bei den Europameisterschaften in >Split aufhorchen.
Doch 1991 folgte bei der WM in Tokio ein Rückschlag, als er schon im Vorlauf ausschied. Und bei den Olympischen Spielen von Barcelona kam im Halbfinale das Aus. Doch auch aus diesen Tiefs kämpfte er sich wieder heraus.

Im WM-Finale von Stuttgart

Das Jahr 1993 konnte sich sehen lassen. Zunächst holte er sich den Hallenmeistertitel in Sindelfingen, bei Zeitgleichheit mit Florian Schwarthoff. Und auch der Titelgewinn bei der DM im Freien in Duisburg war Koszewski nicht zu nehmen.
Der Erfolg bei der Universiade in Buffalo stärkte sein Selbstvertrauen weiter. Bei der WM in Stuttgart war er schon im Vorlauf in 13,52 s so schnell wie noch nie in einem internationalen Wettkampf. Im Endlauf blieb er dann nicht fehlerfrei, aber für seinen siebten Rang konnte er sich gemeinsam mit Schwarthoff, der Fünfter wurde, vom begeisterten Publikum auf einer Ehrenrunde feiern lassen.

Physik, Raumfahrt und Sport

Von da an aber setzte er andere Schwerpunkte, gab der beruflichen Ausbildung mehr Raum. 1985 hatte er an der Technischen >Universität Berlin das Studium begonnen. Da er vielseitig interessiert war, wählte er gleich drei Fächer: Mathematik, Physik sowie Luft-und Raumfahrttechnik. Er hatte in der Schule bereits Leistungskurse für Mathematik und Physik belegt und alles, was mit Fliegen zusammenhängt, faszinierte ihn. Zwei Fächer schloss er ab, durfte sich nun Diplomphysiker und Diplomingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik nennen. Gern wäre er auch auf diesem Gebiet beruflich eingestiegen, aber es fehlten die entsprechenden Angebote. So kam ihm der Gedanke, seine Physik-Kenntnisse weiter zu nutzen und ein Lehramt Sport /Physik anzustreben. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sollte sein, in Köln ab 1996 Sport zu studieren. Gleichzeitig versuchte er sich für die Olympischen Spiele 1996 zu qualifizieren. Im entscheidenden Wettkampf bei den Deutschen Meisterschaften im Müngersdorfer Stadion von Köln wurde er aber hinter Florian Schwarthoff, Claude Edorh und Eric Kaiser nur Vierter. Der Zug nach Olympia war damit abgefahren. Und langsam ließ er seine sportliche Laufbahn ausklingen. 1999 hörte er mit dem Hochleistungssport auf.
Sein Sportstudium schloss er ab, war nun auch noch Diplomsportwissenschaftler.

Die Leichtigkeit des Seins beim Tauchen

Und dann vollzog er 2002 einen rigorosen Schnitt in seinem Leben.
„ Ich folgte meiner Passion, dem Tauchen, ging nach Ägypten, um dort unter Wasser meine Ruhe zu finden, Spaß zu haben und anderen das Tauchen beizubringen.“

Tauchen war schon lange sein Hobby. 1988 fing er damit an, und wie es der Zufall wollte, lernte er das Tauchen im ägyptischen Safaga am Roten Meer, dort, wo er nun seine Tauchbasis betreibt. Doch bis dahin sollten noch einige Tauch-Jahre ins Land gehen. „Ich war zum Tauchen in den USA, in Indonesien, Thailand, Malaysia, auf den Philippinen u.s.w.“

Dietmar klein Tauchanzug zwei

Und die Anfangsfreude erlosch nicht. „Ich genoss nicht nur die Ruhe, sondern auch das Schweben und das Gefühl von Wasser auf der Haut“, drückt er es aus. „ Über Wasser sind wir an den Luftdruck, an den Wind u.s.w. gewöhnt. Unter Wasser ist das etwas anderes: Ich atme durch meine Lunge ein, erzeuge Auftrieb und empfinde dann eine Leichtigkeit. Gleich wie schwer man ist, unter Wasser bekommt man ein Gefühl der Schwerelosigkeit. Und das begeistert mich.“

Viele bunte Fische

Begeistert ist Dietmar Koszewski natürlich auch von dem, was er unter Wasser sieht. Seine Kurzformel: vbF und svF. Das bedeutet: Viele bunte Fische und sehr viele bunte Fische. „ Und wenn die Fische, egal ob groß oder klein, Dich sehen wollen, dann siehst Du sie auch“, schwärmt er. „Mich fasziniert die extreme Vielfalt hier im Roten Meer. Und die Leichtigkeit des Seins und die Ruhe und die Entspanntheit, die
man dort haben kann.“

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Dietmar klein Fisch acht

Eine eigene Tauchbasis

Nach Safaga kam er also 2002 wieder, und zwar zunächst als Angestellter. Heutzutage hat er gemeinsam mit den drei Ägyptern Moumen, Ahmed und Essa eine eigene Tauchbasis mit dem klingenden Namen Freedom Divers –Diving Center ( übersetzt in etwa: Die Freiheit des Tauchens – Tauch-Zentrum).

Dietmar Koszewski  klein  mit Partnern
Von links: Dietmar Koszewski, Moumen Nabata und Ahmed Nabata.

Das Konzept umreißt er so: „ Wir geleiten Touristen durch die Unterwasserwelt und bringen sie sicher wieder zurück. Und wir zerstören die Umwelt nicht. Ich empfinde das als eine sehr wertbringende Tätigkeit. Seit mittlerweile 14 Jahren bewege ich mich also im Bereich der Erwachsenenbildung oder Weiterbildung, und es macht mir immer noch sehr viel Spaß.“ Er ist damit gewissermaßen doch noch ein „Lehrer“ geworden, wenn auch anders als damals in Köln angedacht.

Dietmar Koszweski klein  mit 2 Gästen

Dietmar Koszewski klein mit einem Gast  GZSZ

Dietmar Koszewski, der über das Internet einen intensiven Draht zur Welt und speziell zu Deutschland hat, ist natürlich über die Sorgen informiert, die seine Kunden plagen. Sorgen, ob Ägypten ein sicheres Reiseland sei. „ Ich hatte in den letzten sieben Jahren kein schlechtes Gefühl, meinen Gästen zu sagen: kommt jetzt hierher. Ich würde mir nur dann Gedanken machen, wenn die „Deutsche Lufthansa“ keine Linienflüge mehr nach Kairo anbieten würde. Aber das ist sogar in den turbulenten letzten fünf Jahren des „Arabischen Frühlings“ nicht der Fall gewesen. Sie ist immer nach Kairo geflogen. Erst wenn das nicht mehr so ist, überlege ich, wie ich schnell aus diesem Land herauskomme.“
Auch diesmal, im Jahre 2016 im Februar, hatte er ein sicheres Gefühl, als er geschäftlich nach Deutschland flog, um die Bootsmesse in Düsseldorf zu besuchen. Und man konnte wieder mit ihm plaudern, über die alten Zeiten im Hürdenwald und die neue Zeit unter Wasser.

Peter Grau

Dietmar klein auf dem Gipfel

Bei einem Abstecher in Nepal auf einer Höhe von 6.473 Metern