Wir stammten beide aus Thüringen, waren vom gleichen Jahrgang. Er, Edgar Most, begann 1954 als Lehrling bei der Deutschen Notenbank, ich studierte zunächst Wirtschaftswissenschaft und arbeitete dann ab 1966 als Hauptreferent bei der Deutschen Investitionsbank in Ostberlin. Dort standen für mich auch zahlreiche Dienstreisen in die Bezirke auf dem Programm. Eine solche führte mich nach Schwedt /Oder, wo ich Edgar Most erstmals persönlich kennenlernte. Er war dort seit 1962 tätig und ab 1967 der Leiter. „ Ich war der einzige Filialleiter in Europa, der in Filzstiefeln und Wattejacke arbeitete“, erinnerte er sich später, denn zu Beginn war seine Bank eine unbeheizte Holzbaracke inmitten einer riesigen Baustelle (siehe „Die Zeit 13/1990, S. 30). Neben seiner Arbeit hatte er an der Berliner Humboldt-Uni studiert und den Titel eines Diplom-Ökonomen erworben. Wie auch ich.
Ich hatte schon damals einen positiven Eindruck von ihm, konnte aber nicht ahnen, daß wir uns bald in Berlin wiedersehen würden. Er als Sektorenleiter in der Zentrale der Staatbank und ich als Hauptreferent.
Auch dort kamen wir gut miteinander aus. Edgar Most war immer ein umgänglicher Typ, der auch Probleme klar ansprach.
Und obwohl er stets kritisch war und kein Leisetreter, schaffte er dann sogar den reibungslosen Übergang vom sozialistischen in das kapitalistische Bankensystem. Noch in den turbulenten Wendetagen, im Februar 1990, berief man ihn zum Vizepräsidenten der Staatsbank, und wenig später gründete er die Deutsche Kreditbank AG. Später wurde er Direktor der Deutschen Bank (bis 2004).
„ Obwohl er den Umtauschkurs bei der Einführung der D-Mark für tödlich für die Ost-Wirtschaft hielt und die Arbeit der Treuhandanstalt stark kritisierte, half er als Direktor der Deutschen Bank mit, einige große Betriebe wie etwa das Stahlwerk in Eisenhüttenstadt zu erhalten. Und er äußerte immer die Meinung, daß die Wirtschaftspolitik der DDR unter Erich Honecker die DDR in den Ruin führte (aus Märkische Oderzeitung- Ruppiner Anzeiger, 22.12.2015, S.19).
Ich war seit 1973 nicht mehr im Bankwesen tätig, landete später endgültig im Sportjournalismus. Von Edgar Most hörte ich seitdem wenig. Nur in Talkshows oder aber in Büchern traf ich auf ihn, ohne ihn zu sprechen. Das hätte ich vor einigen Monaten fast gekonnt, als er im nahen Kyritz zu einem Vortrag kam. Doch ich war verhindert, und habe das im Nachhinein bedauert. Um so mehr, als ich nun las, daß Edgar Most im Dezember im Alter von 75 Jahren in Berlin gestorben ist. So wird es nichts mehr mit einem Wiedersehen. Erst im Himmel können wir wieder miteinander plaudern.