Archiv für den Tag: 10. Januar 2016

Ost-West-Treffen 1991 in der Berliner Wuhlheide

An einem lauen Sommertag im Jahre 1991 lief ich mit meiner Laufgruppe von unserem Wohnviertel hinaus in die Berliner Wuhlheide. Rund zehn Leute waren wir immer, doch diesmal tauchte ein neues Gesicht auf. Wie während unserer Trainingsläufe üblich kamen wir ins Gespräch. Als ich ihm, Michael Täuber, erzählte, daß ich nicht nur in Berlin lebe, sondern auch in Neuruppin und dort eine Ruth kennen würde, da schrie Michael fast: „ Ich habe eine Cousine, sie heißt Ruth und wohnt in Neuruppin. Ich kenne aber nicht ihren Nachnamen und persönlich haben wir uns bisher nie gesehen. Meinen wir die gleiche Person?“ Wir meinten sie! Und fortan waren wir beide über sieben Ecken verwandt. Und besonders freuten sich auch zwei Mütter, die sich länger nicht gesehen, sich aus den Augen verloren hatten: Die Mutter von Michael, die in Köln lebte, und die Mutter von Ruth, die in Würzburg und später in Kiel gelebt hatte und nun nach Neuruppin gezogen war.

Michael und Gisela Täuber

Michael Täuber (1714) und seine Frau Gisela vor dem Start zum 25-km-Lauf in Berlin auf dem Olympischen Platz vor dem Olympiastadion

Michael kam fortan öfter auch mal nach Neuruppin oder zuletzt im Mai 2015 zum großen Familientreffen nach Berlin.
Doch wie war er, der Kölner, damals überhaupt nach Berlin gekommen?
Michael Täuber erinnert sich: „Von heute auf morgen wurde ich 1991 durch das Bundesministerium der Verteidigung in Bonn, – ich war damals als Pionieroffizier im Bereich der Infrastruktur tätig-, zum Bundesministerium des Innern abkommandiert und zwar zur Außenstelle des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Joachim Gauck, in die Berliner Glinkastraße.
„Sie werden sich um den stark sanierungsbedürftigen Zustand des ehemaligen Ministeriums des Inneren, der Stasizentrale Ruschestraße, und der Stasizentralen in den ehemaligen Bezirkshauptstädten der DDR kümmern. Alles Nähere werden Sie vom Leiter der Behörde Herrn Joachim Gauck erfahren.“

Ich hatte die Welt gesehen und mich überall schnell zurecht gefunden. Aber diesmal überzeugte mich anfangs nur das Versprechen: „Herr Täuber, machen Sie mal ein halbes Jahr, danach können wir über Ihren Antrag auf vorzeitige Pensionierung reden.“ Gesagt, getan, „ich fuhr also nach Ostberlin, holte den Schlüssel, zog in die Wohnung ein. Aber nicht nur die Arbeit sollte mich beschäftigen. Ich wollte als Marathonläufer meinen Sport ausüben und gleichzeitig auch persönlichen Anschluß finden. Recht schnell machte ich im Stadtplan einen nahe gelegenen Sportplatz aus, den Zachertsportplatz. Der dort residierende Verein hatte sich gerade wieder seinen alten Namen „SC Borussia 1920 Friedrichsfelde e.V.“ zugelegt. Der Anschluß an die dortige Laufgruppe gestaltete sich sehr einfach. Läufer verstehen sich überall sehr schnell. Für mich war das der Beginn von zwei wunderschönen Jahren, in denen ich viele neue Freunde gewann und tief in die Seele der Ostberliner eindringen konnte.“ In Erinnerung ist ihm ein Schild geblieben, das er von Herrn Gauck bei seiner Begrüßung erhielt.

Michael Feie Fahrt klein

Gauck

Dankesschreiben von Joachim Gauck zum Abschied.