Archiv für den Tag: 18. Juli 2016

Dunkle Wolken schweben über dem Sport

Ich muß zugeben, daß ich im Moment sehr verunsichert bin. Zwar habe ich hier in Neuruppin eine „Insel der Glückseligen“ gefunden, was Familie, Stadt, Kultur und Natur betrifft. Aber ich kann ja der Informationsflut nicht entgehen, die sich über uns alle ergießt. Ob nun der Anschlag in Nizza, der Militärputsch in der Türkei, ob beunruhigende Nachrichten im Vorfeld der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro, es scheint kein Ende zu geben.

Und doch soll es heute, am Montag, dem 18. Juli 2016, ein vorläufiges Ende geben. Für wen? Für die russischen Sportler. Sie sollen von Olympia ausgeschlossen werden, wenn sich im sogenannten McLaren-Report die Vorwürfe über Staatsdoping bewahrheiten sollten. Speziell wird Aufklärung über manipulierte Dopingproben bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi erwartet.  Und eine Allianz unter Führung der Anti-Doping-Agenturen in den USA und in Kanada  hat bereits, so berichtet die Nachrichtenagentur dpa, einen Brief an das IOC entworfen, mit der  klaren Forderung nach einem Komplettausschluß Rußlands bei den Olympischen Spielen, falls sich die Vorwürfe bewahrheiten.

Das IOC hat zwar bisher einen Komplettausschluß Rußlands abgelehnt, aber es wird schwer werden, die richtige Bilanz zwischen kollektiver Verantwortung und individueller Gerechtigkeit zu finden.

Boykotts von Olympia, das kenne ich aus der Vergangenheit. Leidtragende waren dabei immer vor allem die aktiven Sportler. Und nun vielleicht ein angeordneter Ausschluß durch das IOC.  Wer werden die Verlierer sein? Nicht diejenigen, die schon wegen Dopings bestraft wurden und sowieso Pause machen müssen. Nein, die aktiven Sportler, die von Geburt an Russen sind,  sind dann die Verlierer. Ich versuche mich in diejenigen hineinzuversetzen, die nie etwas mit Doping zu tun hatten (die wird es garantiert auch in Rußland geben) und die nun in Sippenhaft genommen werden.

Gewinner wird es keine geben, denn solch ein Ausschluß würde den Sport insgesamt treffen, auch wenn die hehren Ziele der Dopingbekämpfung natürlich auch berücksichtigt werden müssen. Und sind die die Gewinner, denen nun starke Konkurrenten abhanden gekommen sind ? Sind sie die Gewinner, weil Medaillen nun leichter erreichbar sind?

Ich muß all das, was mir in den Medien vorgesetzt wird, einfach so hinnehmen, ohne mit eigener Sachkenntnis urteilen zu können. Und mit meiner DDR-Vergangenheit kann ich auch nicht mitreden, weil ich damals als Außenstehender, als normaler Zuschauer, nicht in die Geheimnisse des Staatsdopings eingeweiht war.

Was soll ich also tun? Mich vom Sport abwenden? Das will ich nicht. Alles so hinnehmen, wie es kommt? Das muß ich wohl, aber Gedanken werde ich mir weiter machen.

Nun aber bin ich gespannt, wie sich das IOC entscheidet.  Totalausschluß Rußlands von den Olympischen Spielen 2016 oder  Ausschluß „nur“ für einzelne Sportarten ( die Leichtathleten haben sowieso keine Chance mehr)?

Die dunklen Wolken über dem Sport werden sich so schnell nicht verziehen.

Peter Grau