Für die hochgewachsene Cindy Roleder (SC DHfK Leipzig) war die sportliche Welt am 7. Juli 2016 in Ordnung . An diesem Tag setzte sie sich im Finale der Europameisterschaften in Amsterdam über die 100 m Hürden in 12,62 s durch. Und damit waren auch die Aussichten für ein erfolgreiches Auftreten bei Olympia bestens.
Nachdem sie in Rio das Halbfinale in 12,69 s glatt überstanden hatte, erhoffte sie sich im Finale eine kleine Steigerung.
Cindy Roleder (ganz oben) im olympischen Endlauf von Rio 2016 (Foto: Olaf Brockmann)
Doch die kam nicht mehr, in 12,74 s wurde sie Fünfte. Das war allerdings die beste Plazierung einer deutschen Hürdensprinterin bei Olympia seit 1988 in Seoul. Doch danach war sie, im Unterschied zu manch anderen Athleten in ähnlicher Situation, ehrlich zu sich und zu den Medien. Sie zeigte sich nicht vollauf zufrieden, sondern konnte die Gedanken an eine mögliche Medaille nicht verdrängen. „ Heute waren die drei US-Mädels besser – Brian Rollins (12,48 s) gewann vor Nia Ali (12,59 s) und Kristi Castlin (12,61)- , aber leider war es auch kein runder Lauf von mir, war ich beispielsweise zu dicht an der ersten Hürde.“
Aber sie blickte auch gleich zurück: „ Vor drei Jahren, bevor ich zu Wolfgang Kühne nach Halle/Saale ins Mehrkampfteam wechselte, hätte ich niemals damit gerechnet, daß ich mal ein olympisches Finale erreichen würde.“
Dieser Wechsel zum Mehrkampf brachte ihr den erhofften Sprung nach vorn. Sie trainierte nun auch andere Disziplinen, „ es tut gut, nicht immer nur Hürden zu laufen. Und ich fühle mich wohl in der Trainingsgruppe mit Rico Freimuth und Michael Schrader. Ich habe auch ein neues Selbstbewußtsein bekommen.“ Und das zahlte sich schon 2015 aus, als sie bei der WM in Peking mit 12,59 s Zweite wurde.
Beharrlich ist sie auf alle Fälle, weiß ihren Kopf durchzusetzen. So wundert es nicht, als sie in einem Interview mit leichtathletik.de auf die Frage, wie sie zu Dieter Bohlen und Daniela Katzenberger und deren TV-Quotenhascherei stehe, antwortete: „Auch wenn viele ihr Tun mehr als skeptisch beurteilen, finde ich es stark, daß die beiden sich nie beirren lassen, ihren Kopf durchsetzen und sich deshalb auch behauptet haben.“
Ihr sportliches Tun hatte beim Turnen begonnen. Doch dafür war sie bald zu groß. „ Aber vom Körpergefühl her profitiere ich immer noch davon“. Über den Wettbewerb „ Jugend trainiert für Olympia“ kam sie dann zur Leichtathletik, trainierte in Chemnitz viele Disziplinen. „Doch weil es in Sachsen keinen Mehrkampftrainer gab, wurde ich dann Hürdensprinterin, denn dafür hatte ich das meiste Talent.“
Ob sie auf ewig Hürdensprinterin bleiben wird, steht auf einem anderen Blatt. „ Ich trainiere auch im nächsten Jahr in der Mehrkampfgruppe, auch weil sich das bewährt hat. Und ich werde sicherlich auch wieder einen Mehrkampf bestreiten“.
Peter Grau
Noch vor der EM 2016 in Amsterdam veröffentlichte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ unter der Überschrift „Hürdensprinterin Cindy Roleder: Weniger ist manchmal mehr“ einen Beitrag von Anne Armbrecht, Leipzig.
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Cindy Roleder
100 m Hürden I Frauen
Alter: 27 Jahre
Land: Deutschland
Bestleistung: 12,59 s
Erfolge: Europameisterin 2016, Fünfte Olympia 2016, Vizeweltmeisterin 2015, Bronze EM 2014, Deutsche Meisterin 2016?, 2015, 2011